Oft bemerken zuerst die Angehörigen, dass etwas nicht mehr stimmt. Der Vater verwechselt Gewürze, obwohl er seit Jahrzehnten gerne kocht. Die wortgewandte Ehefrau verliert im Gespräch neuerdings den Faden. Erkrankt jemand jung an Demenz, fallen Veränderungen vor allem Arbeitskollegen auf. Dabei kann es sein, dass der Betroffene sich selbst als gesund wahrnimmt. Wenn sich die Symptome häufen, ist es Zeit, das Thema beim Hausarzt anzusprechen.
- Wie funktioniert die Demenzabklärung?
- Schritt 1: Besuch beim Hausarzt
- Schritt 2: Abklärung durch die Spezialisten
- Was passiert nach den Untersuchungen?
- Es ist nicht immer einfach …
- Arbeitsblätter, Checklisten & Co.
- Videos zum Thema
- Wichtige Artikel zur Demenzdiagnose
- Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Demenzdiagnose
- Bücher, Links & Podcasts zur Demenzdiagnose
- So geht es weiter
Unsere Hauptdarstellerin Petra Hollenstein
Petra Hollenstein (76) war früher Hauswirtschaftslehrerin. Sie hält die Wohnung penibel in Ordnung und liest News im Internet. Zum Arzt geht sie selten, denn das kostet nur und sie will anderen nicht zur Last fallen. Seit einigen Monaten aber wirkt Petra auf ihren Mann Karl schusselig. Sie kauft das Falsche ein und schimpft über ihr Handy, mit dem sie immer gut klargekommen ist. Trotzdem will sie alles selbst machen. Immer öfter kommt es zum Streit.
Wie funktioniert die Demenzabklärung?
Häufen sich die Ausfälle, ist eine Abklärung sinnvoll – besonders dann, wenn wie bei Petra die Beziehung darunter leidet und alltägliche Aufgaben wie Kochen, Rechnungen zahlen oder einkaufen immer schwerer fallen.
💡 Hinter Vergesslichkeit & Co. muss keine Demenz stecken. Eine Abklärung hilft, behandelbare Ursachen wie Wasser- oder Vitaminmangel zu beheben oder andere Leiden wie eine Depression zu erkennen.
Abklären solltet ihr die Symptome auch, weil ihr dann Klarheit habt. Es gibt eine Erklärung für zuvor unverständliches Verhalten. Außerdem habt ihr mit der Diagnose Zugang zu Versorgungs- und Beratungsangeboten und könnt Wege finden, mit der Erkrankung umzugehen. Die Kosten für die Abklärung übernimmt die Krankenkasse.
Diese fünf Fragen helfen, Warnzeichen für Demenz zu erkennen:
- Kann sich die Person immer schlechter an kurz Zurückliegendes erinnern?
- Fällt ihr die Orientierung in gewohnter Umgebung zunehmend schwer?
- Hat sie Probleme, Wörter zu finden?
- Verhält sie sich anders als sonst?
- Hat sie Stimmungsschwankungen ohne erkennbaren Grund?
Schritt 1: Besuch beim Hausarzt
Die erste Anlaufstelle ist der Hausarzt. Dieser Schritt ist für Betroffene schwierig. Sie schämen sich, weil sie über Fehlleistungen sprechen müssen, und fürchten sich vor der Diagnose. Häufig wehren sie sich deshalb gegen einen Arztbesuch oder nehmen sich nicht als krank wahr. So auch Petra, die nie zum Arzt geht.
💡 Fehlende Krankheitseinsicht ist oft Teil der Erkrankung. Sie kann aus der Angst vor einer möglichen Diagnose rühren oder daher, dass bestimmte Hirnareale beschädigt sind.
Der Hausarzt, von Karl vorinformiert, spricht mit Petra. So bekommt er einen Überblick über ihren Gesamtzustand und die Beschwerden im Alltag. Die medizinische und familiäre Vorgeschichte kennt er schon. Danach folgt eine körperliche Untersuchung. Der Hausarzt testet die Organfunktionen, das Seh- und Hörvermögen und nimmt Blut ab. So kann er andere Mängel und Krankheiten ausschließen, zum Beispiel eine Schilddrüsenunterfunktion, einen Vitamin B12-Mangel oder Diabetes.
Anschließend führt der Hausarzt ein paar Tests durch. Damit prüft er verschiedene kognitive Bereiche. Wichtig ist, dass Petra dabei ungestört ist und alle nötigen Hilfsmittel wie Brille oder Hörgerät bei sich hat.
Was tun, wenn sich mein Angehöriger weigert?
Petra will nicht zum Arzt. Sie wird wütend, sobald Karl das Thema aufbringt, und beschuldigt ihn, sie durcheinander zu bringen. Insgeheim ahnt sie, dass etwas nicht stimmt. Eines Morgens beim Frühstück erwähnt Karl einen Zeitungsbericht, der vor Vitamin B12-Mangel warnt: Die Folgen könnten Erschöpfung und Vergesslichkeit sein. Da horcht Petra auf und willigt in einen Check-Up ein.
Uhrentest
Der Uhrentest ist der bekannteste Demenztest. Petra soll das Ziffernblatt einer Uhr zeichnen und eine Uhrzeit eintragen. Damit prüft der Hausarzt die Gedächtnisleistung und die Raumwahrnehmung. Abweichungen in der Darstellung der Uhr können auf eine Hirnfunktionsstörung hinweisen.
Auswertung: Je nach Abweichung werden Punkte von 1 bis 6 vergeben. 3 und mehr Punkte können auf Demenz hindeuten.
Mini-Mental-Status-Test (MMST)
Der MMST ist ein Schnelltest mit 30 Fragen und Aufgaben. Er dauert 30 Minuten und prüft Orientierung, Merkfähigkeit, Aufmerksamkeit, Erinnerungsfähigkeit und Sprache:
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Orientierung: Der Arzt fragt Petra unter anderem nach Datum, Jahreszeit, Wochentag und dem Ort, an dem sie sich befindet.
Merkfähigkeit: Petra nennt drei Begriffe und wiederholt sie.
Aufmerksamkeit: Petra beginnt bei 100 und zieht fünfmal in Folge 7 ab.
Erinnerungsfähigkeit: Petra wiederholt die drei Begriffe aus der Aufgabe zur Merkfähigkeit.
Sprache: Petra benennt Gegenstände, spricht Sätze nach, befolgt mündliche und schriftliche Kommandos und zeichnet Fünfecke nach.
📋 Auswertung:
30 – 27 Punkte: keine Demenz
26 – 20 Punkte: leichte Demenz
19 – 10 Punkte: mittelschwere Demenz
0 – 10 Punkte: schwere Demenz
Hier kannst du den MMST herunterladen. Der Test ersetzt keine ärztliche Diagnose!
Ist das Ergebnis unauffällig, gibt der Hausarzt Entwarnung oder lässt die Diagnose vorläufig offen. Dann wird er später erneut Tests und Gespräche durchführen und so den Verlauf beobachten. Bei Petra aber besteht Demenzverdacht. Deshalb überweist der Hausarzt sie an die Memory Clinic für weitere Abklärungen.
Bereitet den Arztbesuch vor. So vergesst ihr keine Unterlagen und Themen, über die ihr sprechen wollt.
📋 Checkliste für den Arztbesuch
Schritt 2: Abklärung durch die Spezialisten
Sind die Testergebnisse uneindeutig oder besteht Demenzverdacht, überweist euch der Hausarzt an einen Spezialisten. Das kann die Abteilung einer Klinik (Memory Clinic, Gedächtnissprechstunde) sein oder eine spezialisierte Praxis. Doch wer kann euch besser helfen: die Klinik oder die Praxis?
Mit wem ihr jetzt im Diagnoseprozess weiterarbeiten wollt, hängt von verschiedenen Faktoren und natürlich eurer individuellen Situation ab. Wir schlüsseln euch die beiden Optionen mit ihren Vorteilen auf:
Memory Clinic / Gedächtnissprechstunde / Gedächtnisambulanz
Einige Krankenhäuser verfügen über eine spezialisierte Abteilung für Demenzdiagnostik. Hier arbeitet ein interdisziplinäres Team aus Neurologen, Psychiatern, Psychologen und anderen Spezialisten zusammen. Wichtige Diagnosegeräte wie MRT und CT stehen zur Verfügung, ebenso Wissen und Erfahrung in der Behandlung von komplexen Fällen. Die Untersuchung erfolgt ambulant und dauert zwei bis drei Tage.
Neurologische oder psychiatrische Praxis
Der Vorteil einer spezialisierten Praxis liegt in der individuellen Betreuung. Die Praxis ist kleiner als eine Klinik und der Patient hat seine Termine oft bei demselben Arzt. Das ermöglich eine kontinuierliche Beziehung und ein tiefes Verständnis für die individuelle Situation. Außerdem ist eine Praxis häufig flexibler in der Terminvergabe.
An der Memory Clinic führt eine Neurologin mit Petra ein Anamnesegespräch. Sie achtet auf Petras Gesamteindruck und prüft, ob Petra Wörter verliert oder verwechselt. Sie klärt, welche Medikamente sie einnimmt und ob Vorerkrankungen vorliegen. Dann spricht sie allein mit Karl, der ihr aus der Sicht des Partners von Petras Wesensveränderungen berichtet. Wie der Hausarzt führt auch die Spezialistin eine körperliche Untersuchung mit Bluttest durch. Neuropsychologische Tests zeigen, ob Petra in einem kognitiven Bereich Einschränkungen hat. Neben dem Uhrentest und dem MMST können folgende Tests eingesetzt werden:
Demenz-Detektion (DemTect)
- Der DemTect dient der Früherkennung von Demenz und ist sensibler als der MMST. Er testet kognitive Funktionen wie Lernen, Wahrnehmung, Erinnerungs– und Denkvermögen. Er dauert 10 Minuten und besteht aus fünf Teilen:
- Die Ärztin liest zehn Wörter vor, die Petra wiederholen soll.
- Petra wandelt Zahlen um, zuerst von der Ziffer in das entsprechende Wort, dann umgekehrt.
- Petra nennt möglichst viele Dinge, die man in einem Supermarkt kaufen kann.
- Petra liest zwei-, drei-, vier-, fünf- und sechsstellige Zahlenreihen vor. Petra spricht sie rückwärts nach. Gezählt wird die längste richtig rückwärts wiederholte Zahlenfolge.
- Die Wortliste aus Teil 1 wird wiederholt.
Auswertung
13 – 18 Punkte
normaler Altersdurchschnitt
9 – 12 Punkte
leichte kognitive Beeinträchtigung
0 – 8 Punkte
Demenzverdacht
ADL-Skala
ADL steht für »Activities of Daily Living« (Alltagsaktivitäten). Hier fragt die Ärztin Petra in 10 Minuten ab, wo und in welchem Umfang im Alltag Probleme auftauchen.
CERAD
Mit dieser Sammlung verschiedener Tests kann der Schweregrad einer Demenz beurteilt werden. Der Test dauert etwa 40 Minuten.
Die Testergebnisse werden spezifisch auf Geschlecht, Alter, Ausbildung und weitere Kriterien ausgewertet. Auch der Gesamteindruck aus dem Anamnesegespräch fließt in die Beurteilung mit ein.
Das Gespräch und die Tests verstärken den Verdacht, dass Petra eine Demenz hat. Jetzt bespricht die Neurologin mit ihr und Karl die nächsten Schritte. Gemeinsam wird geprüft, welche weitere Abklärung nötig und sinnvoll ist. Diese Möglichkeiten gibt es:
Bildgebung durch CT, MRT & Co.
Computer-Tomografie (CT) oder Magnetresonanz-Tomografie (MRT) erzeugen Schichtaufnahmen des Gehirns und machen dessen Struktur sichtbar. Dadurch können andere Ursachen wie Tumoren ausgeschlossen, eine Veränderung der Hirnareale gemessen oder zwischen den einzelnen Demenzformen unterschieden werden. Spuren von Schlaganfällen oder Durchblutungsstörungen können auf eine vaskuläre Demenz hindeuten, während ein geschrumpfter Hippocampus Anzeichen für Alzheimer ist.
Allerdings können CT und MRT zu Beginn unauffällig sein. Im Frühstadium und in unklaren Fällen helfen Positronen-Emissions-Tomografie (PET) und Single Photon Emission Computed Tomography (SPECT). Im PET zeigen sich die für Alzheimer typischen Amyloid-Ablagerungen oder ein verminderter Zuckerstoffwechsel im Gehirn.
Lumbalpunktion
Bei der Lumbalpunktion (Liquordiagnostik) wird im Nervenwasser nach Eiweißen gesucht, die typisch für Alzheimer sind. Das sind die beiden Proteine Amyloid und Tau. Dazu wird über eine Kanüle Nervenwasser aus der Lendenwirbelsäule entnommen. Angewandt wird das Verfahren bei uneindeutigen Symptomen zur genaueren Klärung der Ursache. Werden Amyloid und Tau im Nervenwasser (Liquor) nachgewiesen, spricht das mit 90-prozentiger Wahrscheinlichkeit für eine Alzheimererkrankung – auch wenn die Symptome untypisch sind.
Gentest
Bei früh auftretenden, erblich bedingten Demenzformen kann ein Gentest durchgeführt werden. Empfohlen wird das wegen der fehlenden Therapiemöglichkeiten nicht. Entscheidet man sich trotzdem dafür, gehört eine ethische und genetische Beratung zwingend dazu.
⚠️ Keine Untersuchung stellt für sich eine verlässliche Diagnosemethode dar. Erst in der Kombination kann der Arzt eine Diagnose stellen.
Was passiert nach den Untersuchungen?
Nach den Untersuchungen werden die Befunde verglichen. Auf dieser Basis kann eine differenzierte Diagnose gestellt werden. Sie umfasst die Demenzform und das Krankheitsstadium. Darauf bauen die Behandlung und Maßnahmen wie Betreuung, finanzielle oder rechtliche Schritte auf. In einem Diagnosegespräch informiert die Ärztin Petra und Karl über alle Erkenntnisse und wie es nun weitergeht.
Wann spricht man von einer Demenz?
Gemäß DSM-5 (Diagnostisches und statistisches Manual mentaler Störungen) liegt eine Demenz dann vor, wenn die Hirnleistung in mindestens einem dieser Bereiche merklich abgenommen hat:
- Lernen und Gedächtnis
- Exekutivfunktionen wie Planen und logisches Denken
- Wahrnehmung und Bewegung
- Sprache
- Konzentration auf mehrere Dinge gleichzeitig (komplexe Aufmerksamkeit)
- Verhaltensregulation und Einfühlungsvermögen (soziale Kognition)
Wie läuft das Diagnosegespräch ab?
Das Diagnosegespräch legt das Fundament dafür, wie Betroffene und Angehörige mit der Diagnose umgehen. Die Neurologin nimmt sich Zeit, um Petra klar und ruhig die Diagnose zu übermitteln. Petra hat eingewilligt, dass auch Karl zuhört. Ihm fallen dann tatsächlich Fragen ein, die Petra in der Aufregung nicht stellen kann.
In der Realität werden leider viele Betroffene und Angehörige schnell und ohne Informationen aus dem Sprechzimmer entlassen. Lasst euch deshalb nicht abspeisen:
- Fragt nach, wenn ihr etwas nicht verstanden habt.
- Verlangt Infomaterial und konkrete Anlaufstellen.
- Fragt nach den nächsten Schritten, die ihr nun unternehmen müsst.
💡 Manche Angehörige oder Ärzte fürchten, dass eine klar ausgesprochene Diagnose den Betroffenen zu sehr belasten würde. Doch Studien zeigen, dass die ungeschönte Wahrheit Angst und Depressivität sogar reduziert.
Begleitung nach der Diagnose
Auch nach der Diagnose ist eine ärztliche Begleitung wichtig. Meistens übernimmt diese Aufgabe der Hausarzt oder die Spezialistin aus der Memory Clinic. Sie prüft, welche Anpassungen im Alltag notwendig sind, informiert über Angebote, klärt die finanzielle und versicherungstechnische Situation und berät bezüglich Kommunikation, Beziehung und Therapien. Durch Gespräche und Tests kann sie den Verlauf und die Wirkung der Behandlung im Blick behalten. Auch diese Arzttermine werden von der Krankenkasse übernommen. Mehr dazu erfährst du in den nachfolgenden Navis.
Es ist nicht immer einfach …
Demenz ist eine Ausschlussdiagnose. Die Abklärung ist komplex. Gewisse Symptome können zwar auf eine Demenz hinweisen, passen aber auch zu anderen Krankheiten – zum Beispiel zu Multipler Sklerose, zu Parkinson oder Depression. Auch Tumoren, eine Unterfunktion der Schilddrüse, Vitaminmangel oder Alkoholmissbrauch können Symptome einer Demenz verursachen. Diese Ursachen auszuschließen, braucht Zeit und Nerven.
Manchmal kommt es zu einer regelrechten »Ärzte-Odyssee«. Eine Frontotemporale Demenz wird selbst von Fachleuten mitunter für ein Burnout oder eine Depression gehalten, weil die Symptome ähnlich sind. Umgekehrt wird bei depressiven Menschen manchmal fälschlicherweise eine Demenz diagnostiziert (Pseudodemenz). Es ist nicht selten, dass Menschen mit Demenz im Verlauf depressive Verstimmungen entwickeln.
Arbeitsblätter, Checklisten & Co.
Dieser Download hilft dir, den Arztbesuch gut vorzubereiten:
📋 Checkliste für den Arztbesuch
Videos zum Thema
Diese Videos zeigen dir, wie andere Menschen mit Demenz umgehen:
Wie du deinen Angehörigen zu einer Abklärung bewegen kannst
Was tun, wenn plötzlich der Verdacht Demenz im Raum steht?
Wichtige Artikel zur Demenzdiagnose
Aus dem Lexikon demenzwiki
Aus dem Magazin demenzjournal
Was ist der Unterschied zwischen Alzheimer und Demenz?
Wörtlich übersetzt bedeutet der Begriff Demenz, lateinisch dementia, »ohne Geist«. Doch das widerspiegelt nicht die Realität. Demenzen können in verschiedensten Formen…
Fehldiagnose Demenz (2)
Im letzten Beitrag schrieb ich über die Familie Lund. Die Grossmutter zeige Anzeichen einer Demenz, hatte mir die Enkelin mitgeteilt….
Wenn Martin keine Demenzabklärung will
Es gibt einen Satz, der mich schon als junger Sanitäter berührt hat und mich auch heute noch in die Pflicht…
Niemand spricht es aus
Fünfundzwanzig Jahre lang hat Dr. Irene Bopp-Kistler Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen begleitet – auf dem Weg zur Diagnose und…
Die Unterschiede zwischen Demenz und Depression
Von Felicitas Witte Fühlt sich ein älterer Mensch antriebslos, kann sich nicht gut konzentrieren und hat immer wieder Schmerzen, kann eine Depression…
Wenn der Verdacht zur Gewissheit wird
Herr G. schiebt die rote Neun zaghaft über den Tisch. Schliesslich steckt er sie unter die rote 13 und bringt…
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Demenzdiagnose
Hier findest du die wichtigsten Fragen zu »Diagnose«. Solltest du einmal nicht fündig werden, schreibe uns. Wir helfen dir gerne weiter 😊
Warum ist eine frühe Diagnose wichtig?
Je früher eine Demenz erkannt wird, desto besser. Zwar kann Demenz aktuell weder gestoppt noch geheilt werden, Therapien können den Verlauf aber mildern oder verlangsamen. Medikamentenhersteller weisen darauf hin, dass ihre Produkte vor allem in der Frühphase der Erkrankung wirksam sind.
Außerdem hilft eine frühe Diagnose, besser mit der Situation umzugehen. Ihr habt Zeit,
- Administratives und Finanzielles zu regeln
- euer Umfeld zu informieren und ein Netzwerk aufzubauen
- eure Wohnsituation anzupassen
- Alltag und Freizeit bedürfnisgerecht zu gestalten
- euch allenfalls mit dem Thema assistierter Suizid zu beschäftigen
- Prioritäten zu überdenken und Lebensträume zu verwirklichen
Wie testet man Demenz?
Manche Tests kannst du zuhause durchführen. Eine Diagnose kann aber nur der Arzt stellen, da er andere Krankheiten ausschließen kann und über Werkzeuge zur Abklärung verfügt. Die Abklärung erfolgt meistens in zwei Schritten. Schritt 1 ist eine erste Abklärung durch den Hausarzt. Schritt 2 die vertiefte Diagnostik durch Spezialisten, zum Beispiel an einer Memory Clinic.
Welche Demenztests gibt es?
Übliche Tests sind der DemTect, der Mini-Mental-Status Test (MMST), der MoCa-Test und der Uhrentest. Sie geben Hinweise auf eine mögliche Demenzerkrankung. Doch erst der Ausschluss anderer Krankheiten durch den Arzt und weitere Untersuchungen – unter anderem Bildgebung – ermöglichen eine sichere Diagnose.
Wer trägt die Kosten für die Abklärung?
Die Kosten für die Abklärung übernimmt die Krankenkasse.
Zu welchem Arzt gehe ich bei Demenzverdacht?
Erste Anlaufstelle ist der Hausarzt. Für eine genauere Abklärung überweist dich der Hausarzt an einen Spezialisten. Da Demenz eine Nervenkrankheit ist, ist das üblicherweise ein Neurologe. In spezialisierten Zentren unterstützen aber auch Psychiater oder Geriater bei der Abklärung.
Wie lange dauert eine Demenzabklärung?
Sind die Symptome unklar und sieht der Hausarzt noch keinen Grund zur Beunruhigung, macht er üblicherweise eine Verlaufskontrolle. Dabei prüft er über mehrere Monate, ob und wie sich die Situation verändert. Die weitere Abklärung in einem spezialisierten Zentrum wie einer Memory Clinic erfolgt ambulant. Sie besteht aus einer Reihe von Tests und dauert zwei bis drei Tage.
Kann ich einen Demenztest zuhause machen?
Tests wie der MMST oder DemTect kannst du mit deinem Angehörigen auch zuhause machen. Genauer ist er aber, wenn er von einer medizinischen Fachperson durchgeführt wird. Beachte, dass der Test nicht die Abklärung durch die Hausärztin oder den Spezialisten ersetzt: Ein zentrales Element der Abklärung ist das ärztliche Gespräch. Nur ein Arzt kann eine finale Diagnose stellen.
Wie zuverlässig sind Demenztests?
Psychometrische Tests sind gut für eine Erstabklärung, wenn sie von einer Fachperson durchgeführt werden. Eine Diagnose kann aber erst nach einer Reihe von Tests, Gesprächen und Untersuchungen gestellt werden. Auch bildgebende Verfahren wie CT und MRT sind für sich genommen nicht aussagekräftig genug. Nur die Lumbalpunktion gilt als sehr präzise: Werden dort Amyloid- und Tau-Proteine gefunden, deutet dies mit neunzigprozentiger Wahrscheinlichkeit auf eine Alzheimererkrankung hin.
Soll ich als Angehöriger beim Arztgespräch dabei sein?
Ja, sofern dein Partner sein Einverständnis gibt. Die Ärztin spricht nicht nur mit dem Betroffenen, sondern auch mit Angehörigen und/oder Freunden, um sich ein möglichst vollständiges Bild zu machen. Außerdem hilft ein weiteres Paar Ohren: So geht Wichtiges nicht vergessen.
Soll der Betroffene seine Diagnose erfahren?
Es gibt ein Recht auf Wissen – und genauso auf Nichtwissen. Manchmal ist es nicht nötig, das Wort »Demenz« zu sagen, wenn der Betroffene sich davor fürchtet. Der Hausarzt knüpft die verminderte Kognition dann zum Beispiel an die Einnahme von bestimmten Medikamenten. Im Alltag zuhause kann es genügen, zu sagen: »Ich sehe, du hast heute einen schlechten Tag«. Das nimmt Druck raus. Geht es aber um die Sicherheit und Gesundheit des Betroffenen und seines Umfelds, ist Klartext gefragt. Kritische Situationen können zum Beispiel beim Autofahren, Medikamenteneinnahme oder durch Sturzgefahr entstehen.
Was kann ich tun, wenn mein Angehöriger nicht zum Arzt will?
Wenn sich dein Angehöriger einer Abklärung verweigert, kannst du Folgendes tun:
- Lass andere mit ihm sprechen. Manchmal ist es besser, wenn das keine engen Familienangehörige sind, sondern Freunde. Sonst kann es sein, dass ihr in euren Beziehungen und der Vorgeschichte gefangen seid.
- Sprich mit dem Hausarzt über deine Beobachtungen. Der Hausarzt kann eine Routineuntersuchung nutzen, um deinen Angehörigen unauffällig auf Demenz zu prüfen.
- Sprich in Ich-Botschaften (»Ich mache mir Sorgen, wenn du die Orientierung verlierst oder Auto fährst«). Stelle das Medizinische in den Vordergrund und verzichte darauf, Defizite aufzuzählen.
- Vielleicht glaubt dein Angehöriger, bei Demenz könne man eh nichts machen. Sage ihm, dass es viele unterstützende Angebote gibt und dass du als Angehörige Unterstützung brauchst.
- Vereinbare kurzfristig einen Arzttermin, vordergründig für dich selbst. Sage: »Wir gehen heute zum Arzt, du kommst doch mit!«
- Erwähne einen Bericht, der zum Beispiel über Vergesslichkeit als Folge von Vitamin B12-Mangel informiert. Dann geht ihr nicht für den Demenztest zum Arzt, sondern um zu prüfen, ob genug Vitamin B12 da ist.
Bücher, Links & Podcasts zur Demenzdiagnose
So geht es weiter
Der Verdacht hat sich erhärtet, und du oder dein Angehöriger ist bereit für den Besuch bei der Ärztin. Im Navi Abklärung und Diagnose erfährst du, welche Tests und Untersuchungen euch nun bevorstehen.