Ärztin: «Wie geht es Ihnen?»
Patient: «Ich bin im Durcheinandertal.»
Ärztin: «Wie poetisch Sie das ausdrücken.»
Patient: «Wissen Sie, was ich anspreche?»
Ärztin: «Sie meinen den Roman ‹Durcheinandertal›
von Friedrich Dürrenmatt.»
Patient: «Schön, dass Sie den kennen. Sie sehen,
ich bin weder dürr noch matt.»
Menschen mit Demenz sind oft zufrieden, auch humorvoll und glücklich. Sie erleben gute Momente wie andere auch. Sie erleben aber auch schwere Zeiten, weil die Erkrankung existenziell verunsichert und Angst auslöst bis hin zum Todeswunsch.
Inhalt
> Gefühlschaos zwischen Schwere und Leichtigkeit
> Unterschiedliche Reaktionen auf die Diagnose
> Verschwindet die Person durch die Demenz?
> Durch die richtige Hilfe Überforderung vermeiden
> Demenzerkrankte und Trauma
> «Das Herz wird nicht dement»: Gefühle und Bedürfnisse
> Die Sprache der Demenzerkrankten
Gefühlschaos zwischen Schwere und Leichtigkeit
Das subjektive Empfinden ist individuell sehr verschieden: Es gibt Betroffene, die während des ganzen Krankheitsverlaufes stark leiden, weil ihnen bis zu einem späten Stadium bewusst ist, was sie alles verlieren und verloren haben. Viele tauchen aber ein in das «Land des Vergessens», und mit Fortschreiten der Erkrankung wird der subjektive Leidensdruck kleiner. Immer wieder verblüffen sie ihre Umgebung mit luziden Momenten, so wie dieser Patient, der sich trotz mittelschwerer Demenz sprachlich bestens ausdrücken kann und über ein kreatives, assoziatives Denken verfügt.
Die Nachrichten, die sie vermitteln, kommen von irgendwoher, werden angeschwemmt wie eine Flaschenpost.
Der Sendende hat die Hoffnung, dass die Strömung die Botschaft an einem anderen Ort an Land spült. Die Botschaften stammen oft aus einer weit zurückliegenden Vergangenheit, und die Sendenden sind umso glücklicher, wenn ihre Mitteilungen auf Menschen treffen, die sich für deren Inhalt interessieren.
«Ich sehe keinen Nachteil, zeitweilig ist es auch schön zu vergessen. Ich kann alles abladen. Ich bin froh, dass ich nicht mehr muss, das überlasse ich anderen. Manchmal ist weniger mehr.»
– Herr K.
Oft nehmen die Betroffenen das Vergessen nicht in vollem Umfang wahr. Könnte somit das Vergessen des Vergessens möglicherweise ein Glücksfall sein? Diese Frage kann nicht so einfach beantwortet werden, auch wenn mir kürzlich ein Patient sagte, dass das Vergessen auch etwas Gutes habe und man sich so auf das Wesentliche konzentrieren könne.
–– Hier geht’s zu einem TV-Interview mit Irene Bopp (auf Schweizerdeutsch)
Doch das ist nur die eine Seite des Vergessens, wie die folgende Aussage eines Patienten zeigt: «Es ist nichts Willkommenes, doch es geht mir gut. Andererseits stört das Vergessen zutiefst: Was kann ich vorbereiten, bevor ich ganz absacke?»