Der Übergang von der leichten zur mittleren Demenz bedeutet einen großen Einschnitt. Die Einschränkungen werden nun so groß, dass die Person mit Demenz den Alltag nicht mehr allein bewältigen kann und Unterstützung braucht. Weil in den meisten Fällen auch das Lesen eine Hürde darstellt, sprechen wir im Navi ab dieser Phase die betreuenden Angehörigen an. Der Verständlichkeit halber nennen wir die betroffene Person Angelika.
- Was bedeutet mittelschwere Demenz?
- Wie du den Alltag meistern kannst
- Wie du angepasst kommunizieren kannst
- Wie du Unterstützung findest bei der Betreuung und Finanzierung
- Wie du für dich selbst sorgen kannst
- Wie du schwierige Situationen meistern kannst
- Arbeitsblätter, Checklisten & Co.
- Videos zum Thema
- Wichtige Artikel zur Demenzbetreuung
- Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Demenzbetreuung
- Bücher, Links & Podcasts zur Demenzbetreuung
- So geht es weiter
Unsere Hauptdarstellerin Angelika Huber
Angelika Huber (75) war Kauffrau und Touristenführerin. Sie hat drei Kinder. Bis zu ihrer Erkrankung war sie eine sportliche, fröhliche und ausgeglichene Frau. Sie ging oft in die Natur und kochte sehr gut. Mit ihrem Felix, den sie seit der Schule kennt, führte sie eine glückliche Beziehung mit klassischer Rollenverteilung. Angelikas zunehmenden Defizite und Persönlichkeitsveränderungen überfordern Felix. Die Kinder können kaum unterstützen, weil sie weit entfernt wohnen.
Was bedeutet mittelschwere Demenz?
So einzigartig jeder Mensch ist, so einzigartig entwickeln sich die Symptome, Verläufe und Phasen einer Demenz. Auch die Demenzform spielt eine Rolle. Wie lange Angelika Einschränkungen kompensieren kann, ist zudem abhängig von ihrem Alter, ihrer körperlichen und psychischen Fitness. Doch obwohl der Übergang von der leichten zur mittleren Demenz fließend verläuft: Er markiert eine Wende. Denn jetzt ist Angelika so eingeschränkt, dass sie ständige Unterstützung braucht.
💡 Eine mittlere Demenz ist mit Einschränkungen verbunden, die sich im Alltag bemerkbar machen. Angelika kann ihre Defizite nicht mehr verbergen und braucht Hilfe.
Diese Symptome können bei mittelschwerer Demenz auftreten:
Angelikas Kurzzeitgedächtnis ist stark beeinträchtigt
Angelikas Vergesslichkeit nimmt zu. Sie weiß nicht mehr, was du ihr vor zwei Minuten gesagt hast. Sie stellt in kurzen Abständen die gleichen Fragen, obwohl du sie schon mehrmals beantwortet hast. Sie reagiert erstaunt, wenn Besucher vor der Tür stehen, mit denen ihr abgemacht habt. Sie will immer wieder wissen, wo der Schlüssel ist oder ob jemand ihr Bargeld mitgenommen hat.
Angelika kann sich schlechter orientieren
Angelika hat Probleme mit der Orientierung. Sie findet den Weg zu vorher vertrauten Orten nicht mehr (örtliche Desorientierung). Sie weiß nicht mehr, welcher Tag heute ist, oder schlägt für ein Treffen ein vergangenes Datum vor. Vielleicht hält sie dich für ihren Vater oder ihre Mutter (zeitliche Desorientierung). Angelika geht im Winter leicht bekleidet aus dem Haus, reinigt mit der Zahnbürste das Geschirr und weiß nicht mehr, warum sie an einem bestimmten Ort ist. Sie missachtet gesellschaftliche Regeln (situative Desorientierung).
Angelika hat Sprachprobleme
Angelika legt beim Sprechen Pausen ein, weil ihr die Wörter nicht einfallen. Sie verschluckt Silben und Buchstaben, verwechselt Wörter, und ihr Sprachschatz wird kleiner. Sie beteiligt sich kaum mehr an Gesprächen. Möglicherweise geht sie Sozialkontakten aus dem Weg, weil es ihr peinlich ist, dass sie Gesprächen nicht mehr folgen kann. Diese Sprachprobleme werden Aphasie genannt.
Angelika kann Handlungen nicht zielgerichtet ausführen
Angelika war eine gute Sportlerin und Handwerkerin. Sie unternahm anspruchsvolle Bergtouren, restaurierte Möbel und kochte mehrgängige Menüs. Das alles bereitet ihr jetzt große Mühe. Die Planung einer Wanderung geht nicht mehr, und die Schritte sind nicht mehr so sicher wie früher. Beim Treppensteigen knickt ein Bein ein, der Reis brennt an und nach dem Einkaufen fehlen etliche Zutaten. Angelika hat eine durch die Demenz verursachte Apraxie.
Angelika ist nicht mehr wie früher
Angelikas Persönlichkeit hat sich verändert. Früher war sie ausgeglichen, fröhlich und unternehmungslustig. Jetzt hat sie große Stimmungsschwankungen. Sie ist reizbar geworden, reagiert in ihrer Überforderung auch mal aggressiv. An anderen Tagen wirkt sie traurig und depressiv.
Angelika hat kein Interesse an ihren Freunden und Hobbys
Zusammen mit Freunden kochen oder auf eine Bergwanderung gehen. Allein oder mit dir eine mehrtätige Tour auf dem Fahrrad unternehmen. Freunde besuchen oder mit dem Hund des Nachbarn einen Spaziergang machen: Auf das, was ihr früher große Freude bereitet hat, scheint Angelika keine Lust mehr zu haben.
Angelika kann keine angemessenen Entscheidungen treffen
Angelika hat Probleme mit ihrem Urteilsvermögen. Eben hat sie neue Pfannen gekauft, weil sie im Sonderangebot sind – dabei besitzt sie bereits ein Pfannen-Set in bestem Zustand. Mehr Sorgen als solche Fehleinkäufe bereitet dir ihr Umgang mit Risiken: Angelika schätzt Gefahren falsch ein. Sie lehnt sich über Geländer, will in einem reißenden Fluss schwimmen und schätzt die Distanzen herannahender Fahrzeuge falsch ein.
Wie du den Alltag meistern kannst
Wenn du einen Menschen mit Demenz begleitest, musst du auf einiges achten. Zu Beginn einige Ideen, wie du Lebensqualität für euch beide herstellen kannst.
Angelikas Defizite sollen euch weder einschränken noch eure Lebensfreude verderben. Angelika versteht vieles nicht mehr von dem, was um sie herum geschieht. Trotzdem unterscheiden sich Angelikas Wünsche nicht so sehr von den Wünschen gesunder Menschen. Teilhabe, Sinnhaftigkeit, Sinnlichkeit und schöne Erlebnisse werden euch beiden guttun. Die Frage ist: Was braucht es dafür?
Erleichtere Angelika die Orientierung, nutze Ressourcen und vermeide Überforderung
Bei Demenz richten wir unseren Blick allzu rasch auf das, was nicht mehr möglich ist. Dabei haben Menschen mit Demenz viele Ressourcen! Kann Angelika diese Ressourcen nutzen, gibt ihr das ein Gefühl von Selbstwirksamkeit. Kritisch werden Aktivitäten dann, wenn sie zu Überforderung führen.
Schaffe Tagesstrukturen
Routinen und Rituale geben Angelika Halt. Lege fixe Zeiten für Mahlzeiten, Pausen, Aktivitäten und Schlaf fest. Das hilft Angelika, sich im Tag zurechtzufinden. Lass Angelika diese Zeitfenster mitgestalten, indem sie Aufgaben übernimmt, die sie gern macht – zum Beispiel den Tisch decken oder Blumen gießen. Damit stärkst du ihr Gefühl von Selbstwirksamkeit und gibst Fixpunkte im Tagesablauf. Große Uhren, Kalender oder Tagespläne mit Bildern können helfen, dass Angelika die Struktur des Tages besser versteht.
Richte die Wohnung demenzfreundlich ein
Ein vollgestellter Raum birgt nicht nur ein Sturzrisiko, sondern verwirrt durch die Fülle an Eindrücken. Schaffe Klarheit:
- Reduziere Gegenstände: Wenn du mehr Platz schaffst, wird sich Angelika besser zurechtfinden. Achte darauf, welche Möbel und Gegenstände Angelika als »Anker« braucht – zum Beispiel die Kommode im Flur, an der sie sich immer festhält.
- Sorge für Sicherheit: Entferne Stolperfallen. Lege rutschfeste Teppiche vor die Spüle in der Küche, vor das Lavabo und die Dusche. In die Dusche und die Badewanne kannst du eine rutschfeste Matte legen.
- Mache Inhalte sichtbar: Schreibe die Türen an oder lass sie offen. Mach ein Foto vom Schrankinhalt und klebe es an die Schranktüren. So weiß Angelika, wo sie Teller oder Kleider findet.
- Reduziere Störfaktoren: Gemusterte Teppiche oder Tapeten und spiegelnde Oberflächen verwirren Angelika.
- Verbessere die Beleuchtung: Sorge für mehr Licht, das von Bewegungsmeldern gesteuert wird.
- Biete zeitliche Orientierung: Hilf Angelika mit großen Uhren und Kalendern, sich im Tag zurechtzufinden.
Diese Übersicht gibt dir weitere Tipps, wie ihr euren Wohnraum einrichten könnt:
Fördere Angelikas Ressourcen
Auch wenn Angelika vieles schwerfällt: Sie hat noch immer eine ganze Menge Ressourcen. Und die will sie einsetzen. Versuche, deinen Fokus auf das zu richten, was Angelika kann – und weniger das, was sie nicht mehr kann. Lass sie möglichst viel selbst machen: Es ist ein schmaler Grat zwischen Helfen und Bevormunden. Jeder Mensch möchte etwas beitragen. Binde Angelika deshalb in Aufgaben ein, die sie kann und die ihr Spaß machen – zum Beispiel Gemüse kleinschneiden beim gemeinsamen Kochen.
Bewegungsdrang als Ressource
Viele Menschen mit Demenz haben einen Bewegungsdrang. Auch Angelika, die früher oft wandern war. Dich stresst das, denn Angelika hat sich schon mehrmals verlaufen. Trotzdem solltest du ihr dieses Vergnügen nicht aus Sicherheitsgründen verwehren. GPS-Geräte oder Apps helfen dir, Angelika zu orten, wenn sie zu lange weg war. Frage Nachbarn oder Bekannte, ob sie Angelika begleiten.
Vermeide Reizüberflutung
Es ist wichtig, dass ihr auch mit Demenz am gesellschaftlichen Leben teilnehmt. Eine Schifffahrt, ein Familienfest oder der Besuch des örtlichen Fußballmatchs können Inseln im Alltag sein. Gleichzeitig besteht die Gefahr der Überforderung. Menschen mit Demenz können Reize nicht mehr so gut verarbeitet. Plane Aktivitäten daher so, dass ihr euch falls nötig zurückziehen könnt.
Kniffe für den Alltag, Therapien und Arztbesuche
Was euch im Alltag hilft, hängt stark von eurer Situation ab. Arbeite zunächst mit dem, was du hast: Damit Angelika immer den Weg zur Toilette findet, kannst du zum Beispiel mit gelbem Klebeband einen Pfad auf den Boden kleben. Überlege auch, was euch früher schon geholfen hat: Vielleicht habt ihr früher als Familie eine Pinnwand für Termine genutzt – reaktiviere sie!
Demenz ist nicht heilbar. Sie kann aber behandelt werden. Das Ziel ist eine bessere Lebensqualität und allenfalls Verlangsamung der Krankheit, indem Symptome gelindert und Fähigkeiten trainiert werden. Wägt ab, welche Therapie sinnvoll ist und was überfordert. Überforderung droht auch bei Arzt- und Klinikbesuchen.
Kinästhetik
Je nachdem wie viel Unterstützung Angelika beim Kleiderwechsel, Waschen, Aufstehen usw. braucht, kann das für deinen Körper ganz schön anstrengend werden. Mit Techniken der Kinästhetik unterstützt du Angelika in ihrer Bewegung, ohne dir selbst zu schaden.
Technische Lösungen
Neben einer demenzfreundlichen Einrichtung, GPS und Orientierungshilfen wie Uhren und Kalendern gibt es weitere Hilfsmittel, die euch den Alltag erleichtern. Die Demenzaktivistin Helga Rohra schwört auf ihr iPad. Damit kann sie Fotos anschauen, Videoanrufe machen, Musik hören und wird auf Termine aufmerksam gemacht. Das Buch »Ich helf dir« enthält Tipps, die euch den Alltag erleichtern können.
Umgang mit Scham und Ekel
Durch die Demenz hat Angelika sich selbst weniger unter Kontrolle. Sie ist inkontinent und isst mit den Fingern, weil es mit Besteck nicht mehr geht. Du kannst manchmal gar nicht hinschauen, denn es ekelt dich. Doch nicht Angelika als Mensch erregt Ekel, sondern ein Auslöser wie zum Beispiel der Körpergeruch oder Essverhalten. Es hilft, wenn du dir der Ursache bewusst bist und dich auf die Interaktion mit Angelika konzentrierst. Den Ekelreflex zu überwinden und auf den Menschen zugehen statt zurückschrecken – das erfordert Bewusstsein, Geduld und Mut. Mach dir bewusst, dass Angelika nichts davon absichtlich tut. Vermeide unbedingt Reaktionen, die Angelika beschämen oder bloßstellen. Wenn du mit einer Situation nicht zurechtkommst (zum Beispiel Körperpflege), lagere sie an einen ambulanten Dienst aus.
Behandlungen und Therapiebesuche
Neben Medikamenten gibt es nicht-medikamentöse Therapien wie Ergo- und Physiotherapie, Musik- und Kunsttherapie, Logopädie, Gedächtnistrainings und mehr. Welche Behandlung ihr wählt, hängt von Angelikas aktuellen Bedürfnissen, Zustand und Fähigkeiten ab.
💡 Die Therapie soll Angelika guttun und sie nicht überfordern.
Tausche dich mit den Therapeuten und Angelika regelmäßig über die Wirkung der Therapie aus. Achte auch auf deine eigene Kraft, denn Therapiebesuche wollen organisiert sein. Doch vielleicht macht die Ergotherapeutin Hausbesuche und euer pensionierter Nachbar kann Angelika zur Physiotherapie bringen?
Arzt- und Klinikbesuche
Arztbesuche sind für Menschen mit Demenz oft purer Stress. Sie verstehen womöglich nicht, wo sie sind und was der Arzt von ihnen möchte. Unter Umständen wehren sie sich dagegen. Wäge deshalb ab, welche Untersuchung wirklich nötig ist. So kannst du den Arztbesuch vorbereiten:
- Zeige Verständnis für Angelikas Gefühle, teile ihr aber auch deine Sorgen über ihre Gesundheit mit.
- Plane genug Zeit ein und mach keinen Druck.
- Binde Vertrauensmenschen von Angelika ein.
- Informiere alle involvierten Personen, dass Angelika Demenz hat.
- Schreibe deine Fragen an den Arzt und nützliche Beobachtungen vorgängig auf. Das verkürzt die Zeit beim Arzt.
- Führe allenfalls ein telefonisches Vorgespräch.
- Vermeide Wartezeiten beim Arzt und nimm etwas zur Beschäftigung mit.
Viele Kliniken sind leider kaum auf Menschen mit Demenz vorbereitet. Du kannst Angelika den Klinikaufenthalt erleichtern, indem du da bist und alle über ihre Demenz informierst. Manche Kliniken bieten Übernachtungsmöglichkeiten für Angehörige an.
💡 Falls ihr es noch nicht getan habt, wird es jetzt höchste Zeit, eine Vorsorgevollmacht aufzusetzen. Wenn Angelika in gewissen Bereichen und Fragen nicht mehr urteilsfähig ist, ist es zu spät, was große Probleme auslösen kann.
Auch eine Patientenverfügung und ein Testament solltet ihr jetzt verfassen. Nutze die Gelegenheit und verfasse auch für dich gleich eine Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung.
Wie du angepasst kommunizieren kannst
Gut möglich, dass dich Angelika durch ihre immer gleichen Fragen auf die Palme bringt. Oder dass sie dich verletzt, weil sie dir Dinge vorwirft. Doch egal, was Angelika anstellt: Ihr Verhalten ist eine Folge der Krankheit und hat nichts mit dir zu tun. Wie zeigen dir, wie du mit ihr in Kontakt bleiben kannst.
Versetze dich in Angelikas Lage
Empathie ist die Basis im Umgang mit Menschen mit Demenz. Sei dir bewusst, wie schwer es Angelika fällt, mit den Veränderungen umzugehen. Sie braucht Wertschätzung, Empathie und Unterstützung. Sie darf nie bestraft oder belogen werden und soll in Würde leben können. Wie jeder Mensch will auch Angelika weiterhin Sinnhaftigkeit erfahren und Teil einer Gemeinschaft sein. Damit das gelingt, solltest du Folgendes beachten:
- Sprich Angelika als vollwertige Person an und nicht wie ein Kind.
- Wähle zum Einkaufen, für Restaurantbesuche oder Ausflüge ruhige Zeiten. Zu viele Reize überfordern Angelika.
- Plane Ausflüge mit Ausweichmöglichkeiten. So kannst du auf Angelikas Bedürfnisse reagieren – zum Beispiel, wenn sie nicht lange im Zug oder in einem Konzert sitzen will.
- Wenn Angelika sich nach eigenen Regeln verhält, wähle Anlässe mit Menschen, die damit umgehen können.
- Nutze Angebote, die ausgerichtet sind auf Menschen mit Demenz (spezifische Reisen, Tanznachmittage, Sing- und Wandergruppen usw.)
- Hilf deinem Umfeld dabei, auf Angelikas ungewohntes Verhalten zu reagieren. Erzähle und lebe vor, wie du damit umgehst.
- Überbrücke peinliche Situationen mit einem freundlichen Satz oder einer entspannenden Geste. Lache mit Angelika, aber nie über sie.
- Redet über die Veränderungen in eurer Beziehung: Als Partner, Ehemann, Tochter oder Sohn haben sich eure Beziehungsmuster über Jahrzehnte entwickelt. Nun kann Angelika nicht mehr deine dich beschützende Mutter oder eine fürsorgliche Ehefrau sein. Trotzdem möchte Angelika ein wirksamer Teil eurer Gemeinschaft sein. Sprich darüber, frage sie nach ihrer Meinung und ihren Wünschen.
Mit diesen Maßnahmen kannst du Angelikas Teilhabe unterstützen:
Passe deine Kommunikation an
Angelika kann nicht mehr so sprechen und hat Verständnisprobleme. Darauf sollst du Rücksicht nehmen. So kannst du mit Angelika kommunizieren:
- Sprich Angelika von vorne an und nimm Blickkontakt auf.
- Reduziere Ablenkungen: Schalte die Musik aus und schließe das Fenster, wenn es draußen laut ist.
- Sprich positiv und einfühlsam.
- Achte auf deine und Angelikas Körpersprache und Mimik.
- Sprich langsam und deutlich. Lass Angelika genug Zeit zum Verstehen und Antworten.
- Bilde einfache und kurze Sätze. Vermeide Sätze wie »Ist heute nicht ein schöner Tag? Wollen wir nicht nach draußen gehen?«. So versteht dich Angelika besser: »Heute scheint die Sonne. Machen wir einen Spaziergang!«
- Stelle offene Fragen (die man mit mehr als ja oder nein beantworten kann).
- Wenn Angelika immer wieder die gleichen Fragen stellt, beantwortest du sie geduldig wieder. Sag nie: »Das habe ich dir schon fünfmal gesagt«.
Außerdem hat Angelika eine andere Wahrnehmung als du. Geh empathisch auf ihre Sicht ein und hol Angelika da ab, wo sie ist, anstatt sie zu korrigieren. Diese Technik nennt man Validation. Zwei Beispiele:
- Wenn Angelika sagt, dass die Wiese rot ist, dann ist sie für sie rot. Dann kannst du mit ihr über die Farbe Rot sprechen.
- Belüge Angelika nicht, konfrontiere sie aber auch nicht ständig mit der Realität. Wenn sie auf ihre längst verstorbene Mutter wartet, sprichst du mit ihr über ihre Mutter und die Gefühle beim Warten.
Wie du Unterstützung findest bei der Betreuung und Finanzierung
»Es braucht ein Dorf«: Das gilt auch für die Betreuung eines Menschen mit Demenz. Es gibt viele Wege, wie du Unterstützung bekommst – personell und finanziell.
Bestimmt spekulieren eure Verwandten, Freunde und Nachbarn längst über Angelikas verändertes Verhalten. Womöglich ist sich auch Angelika dessen bewusst und schämt sich. Vielleicht schämst auch du dich für sie und meidest deshalb die Öffentlichkeit. Diesen Teufelskreis, der zu Rückzug, Stigmatisierung und einem schnelleren Abbau führt, müsst ihr durchbrechen.
💡 Sprich mit Angelika darüber, wie ihr euer Umfeld informieren wollt und wie es euch unterstützen kann.
Nutze Angebote zur Unterstützung
In den meisten Regionen gibt es eine breite Palette von Angeboten. Informiere dich bei den Alzheimer-Organisationen oder Behörden über solche Angebote und nutze sie auch. Zögere nicht, Unterstützung anzunehmen, denn die Betreuung und Pflege von Menschen mit Demenz kann so anspruchsvoll sein, dass es ohne nicht geht.
✏️ Schreibe auf, welche Situationen dich und Angelika besonders belasten. Notiere, welche Art von Unterstützung diese Probleme lindern könnte. Vergleiche deine Liste mit den Angeboten, die es in deiner Region gibt, und entscheide, welche du ausprobieren willst.
Hier einige Ideen, wen du in dein Helfer-Team aufnehmen könntest:
Familie und Freunde
Frage in eurem Netzwerk nach, wer Zeit mit Angelika verbringen möchte. Enkel, Freunde oder Kolleginnen von Angelikas früherem Arbeitsplatz sind vielleicht gerne bereit, etwas mit ihr zu unternehmen. Stelle gleich eine Liste mit Vorschlägen zusammen – manchmal ist das Umfeld unsicher, wie es beitragen kann.
Mahlzeitendienste
Wenn die Küchenarbeit zur Belastung wird, abonniere einen Mahlzeitendienst. Der bringt dir an den gewünschten Tagen und Zeiten das Essen an die Haustür. Auch private Kurierdienste können dich entlasten.
Selbsthilfe- und Angehörigengruppen
In Selbsthilfegruppen trefft ihr Menschen, die ein ähnliches Schicksal haben. Ihr könnt euch in einem geschützten Rahmen austauschen. Du bekommst Tipps und merkst, dass du nicht allein bist. Im demenzforum auf Facebook kommst du mit anderen Angehörigen und Fachpersonen ins Gespräch. An den Demenz Meets triffst du dich vor Ort zu einem inspirierenden Tag, der dir guttut und Ideen gibt.
Begleit- und Betreuungsdienste
Manche Organisationen und Kirchgemeinden bieten Begleit- und Betreuungsdienste durch Freiwillige an. Sie begleiten Angelika auf einen Spaziergang, spielen mit ihr »Eile mit Weile« oder unterhalten sich mit ihr.
Freizeit- und Urlaubsangebote
Alzheimer- und Altersorganisationen, auch manche gemeinnützigen Organisationen und Sportvereine haben Angebote für Menschen mit Demenz. Zur Auswahl stehen zum Beispiel Wanderungen, Spaziergänge, Ausflüge, Spiele und Turniere. Auch begleitete Reisen können Spaß machen und Entlastung bieten.
Fahrdienste
In vielen Regionen gibt es spezielle Taxis und Fahrdienste für Senioren und Menschen mit Einschränkungen. Der ÖPNV gewährt oft ermäßigte oder freie Tarife für die Begleitpersonen von Menschen mit Einschränkungen. Auch Familienmitglieder oder Freunde können euch von A nach B fahren.
Ambulante Pflegedienste
Informiere dich über ambulante Dienste in deiner Gegend, zum Beispiel Spitex oder Malteser. Tägliche Unterstützung durch Profis kann eine große Entlastung sein. Denn innerhalb einer Familie sind Pflegehandlungen oft mit Scham verbunden.
Tagesstätten, Tag- und Nachtstationen und mehrtägige Heimaufenthalte
In größeren Städten und Kommunen gibt es solche Stätten, wo Angelika für ein paar Stunden tagsüber oder für mehrere Tage/Nächte betreut wird. Da solche Angebote sehr gesucht sind, solltest du frühzeitig buchen und dafür sorgen, dass du diese Tage auch richtig genießen kannst.
24h-Dienste
Eine 24h-Pflegekraft wohnt bei euch und unterstützt bei der Grundpflege (Ankleiden, Körperhygiene etc.), im Haushalt und bei Aktivitäten. Medizinisches wie Blutdruckmessen oder Medikamentengabe gehört nicht dazu. Sie arbeitet nicht 24 Stunden (das wäre illegal), sondern maximal 60 Stunden pro Woche. Nachts ist sie auf Rufbereitschaft. Die Betreuung eines Menschen mit Demenz bleibt auch hier eine Team-Aufgabe.
Seriöse 24h-Angebote erkennst du so:
- A1 Bescheinigung vorhanden (Sozialabgaben und Steuern werden gezahlt)
- Preis ab 2000 €
- Vertrag der Vermittleragentur mit Rahmenbedingungen
- Ansprechpartner bei der Agentur, schaut eventuell sogar vorbei
Die Kosten werden nicht von der Krankenkasse übernommen. Du kannst aber das Pflegegeld und je nachdem auch das Verhinderungspflegegeld, Kurzzeitpflegegeld sowie Entlastungsbetrag einsetzen. Hier erfährst du mehr.
Nun hast du Ideen, wo du Unterstützung findest. Diese Arbeitsblätter helfen dir, Menschen in deinem Umfeld als Verbündete zu gewinnen:
📋 Stelle dir dein Team zusammen!
📋 Wie kann dein Team dich unterstützen?
Finanzielle Unterstützung
Du hast ein Anrecht auf finanzielle Entlastung, wenn du einen Menschen mit Demenz begleitest. Krankenkassen und Sozialversicherungen unterstützen in Deutschland, der Schweiz und Österreich auf verschiedene Weise. Das Grundproblem bei allen ist aber, dass Betreuung im Gegensatz zur Pflege kaum finanziert wird. Wir zeigen dir, aus welchen Töpfe du schöpfen kannst.
🇩🇪 Deutschland
Wenn ihr in Deutschland wohnt, könnt ihr diese Gelder beanspruchen:
- Kurzzeitpflege: Gibst du deinen Angehörigen in eine Einrichtung zur Kurzzeitpflege, stehen dir bis zu 1612 Euro für maximal 8 Wochen pro Jahr zu. Während dieser Zeit wird das Pflegegeld in halber Höhe weitergezahlt.
- Pflegeversicherung: Je nach Pflegegrad deines erkrankten Angehörigen bietet die Pflegeversicherung diverse Leistungen. Zum Beispiel könnt ihr für die Verbesserung des Wohnraums bis zu 4000 Euro pro Maßnahme beantragen.
- Pflegegeld: Ab Pflegegrad 2 hat dein Angehöriger Anspruch auf Pflegegeld. Es wird monatlich ausgezahlt und kann frei eingesetzt werden. Die Höhe variiert je nach Pflegegrad:
- Pflegegrad 2 👉 332 Euro
- Pflegegrad 3 👉 573 Euro
- Pflegegrad 4 👉 765 Euro
- Pflegegrad 5 👉 947 Euro
- Verhinderungspflege (Ersatzpflege): Diese Leistung kannst du für bis zu 6 Wochen im Jahr beanspruchen. Sie erlaubt dir, eine Auszeit zu nehmen, während jemand anders die Betreuung und Pflege übernimmt. Während der Verhinderungspflege wird das Pflegegeld in halber Höhe weitergezahlt.
🇨🇭 Schweiz
Zusätzlich zu den Leistungen der Grundversicherung und eventuell Zusatzversicherung könnt ihr verschiedene Leistungen beanspruchen:
- Hilflosenentschädigung: Je nach Grad der Hilflosigkeit erhält der Betroffene Leistungen aus der Invalidenversicherung (IV). Diese Leistung kannst du unabhängig von Einkommen / Vermögen beantragen.
- Ergänzungsleistungen: Die allfällige Kluft zwischen Einkommen / Vermögen und Lebenskosten kannst du durch Ergänzungsleistungen überbrücken.
- Pflegeentschädigung: Manche Kantone und Gemeinden bezahlen in geringer Höhe Pflegebeiträge, sofern der Betroffene mittelgradig hilflos ist.
- Betreuungsgutschriften und Kurzurlaub: Bist du berufstätig, so steht dir ein Betreuungsurlaub zu (3 Tage pro Ereignis, maximal 10 Tage pro Jahr). Bist du nicht erwerbstätig, weil du dich um deinen kranken Angehörigen kümmerst, erhältst du Betreuungsgutschriften auf dein AHV-Konto, wodurch sich deine Rente verbessert.
🇦🇹 Österreich
In Österreich wird das Pflegegeld monatlich ausbezahlt. Lohnsteuer und Krankenversicherungsbeiträge werden nicht abgezogen. Die Höhe des Pflegegelds hängt vom individuellen Pflegebedarf und ist in sieben Stufen unterteilt:
1️⃣ Stufe 1 👉 65 Stunden Pflegebedarf pro Monat | 192 Euro
2️⃣ Stufe 2 👉 95 Stunden | 354 Euro
3️⃣ Stufe 3 👉 120 Stunden | 551.60 Euro
4️⃣ Stufe 4 👉 160 Stunden | 827.10 Euro
5️⃣ Stufe 5 👉 180 Stunden | 1123.50 Euro
6️⃣ Stufe 6 👉 zeitlich unkoordinierbare Betreuung, auch nachts | 1568.90 Euro
7️⃣ Stufe 7 👉 keine zielgerichtete Bewegung der vier Extremitäten | 2061.80 Euro
Für betreuende Angehörige von Menschen mit Demenz gibt es weitere Unterstützung:
- Erschwerniszuschlag: Der Zuschlag berücksichtigt den Betreuungsaufwand und erhöht in der Berechnung den Pflegeaufwand um zusätzliche 45 Stunden pro Monat. Dadurch erhöht sich das Pflegegeld. Du kannst den Antrag auch rückwirkend einreichen.
- Ersatzpflege: Wenn du fort bist und Ersatz für die Betreuung deines Angehörigen brauchst, kannst du je nach Pflegestufe zwischen 1200 und 2200 Euro pro Jahr beantragen. Als Angehörige eines Menschen mit Demenz erhöht sich der Betrag nochmal um 300 Euro.
- Pflegekarenz und Pflegeteilzeit: Bist du berufstätig, kannst du ab Pflegestufe 1 Pflegekarenz oder -teilzeit beanspruchen.
Wie du für dich selbst sorgen kannst
Wir geben dir ein paar Anregungen, wie du dir etwas Gutes tun kannst. Die Betreuung von Angelika ist anspruchsvoll geworden. Ständig musst du aufpassen, dass sie nicht unbemerkt das Haus verlässt, musst den Haushalt besorgen, Termine wahrnehmen und mit Versicherungen und Behörden abrechnen. Da passiert es leicht, dass du deine Bedürfnisse hintenanstellst. Aber:
⚠️ Nur wenn es dir gut geht, kannst du für andere da sein.
Deshalb ist Selbstfürsorge nicht nur ein Geschenk für dich, sondern auch für Angelika. Doch wie geht Selbstfürsorge? Hier einige Ideen:
Plane Auszeiten und treffe Freunde
Jemanden zu pflegen ist ein Vollzeit-Job. Wie bei jeder Arbeit – auch wenn du sie aus Liebe tust – brauchst du auch hier Pausen und einen Ausgleich. Wie du Unterstützung findest, hast du weiter oben schon erfahren.
Wenn dir dies gelungen ist, gönne dir bewusst Momente der Entspannung. Ein Bad, ein Spaziergang im Wald oder ein Gespräch mit einer Freundin können Wunder wirken. Viele Angehörige tappen in die Einsamkeits-Falle, indem sie nur noch für den Erkrankten da sind und ihre eigenen Kontakte vernachlässigen. Doch diese Kontakte halten dich gesund. Du bekommst neue Gedanken und dein Körper schüttet das Glückshormon Oxytocin aus.
Führe eine »Zeit für mich«-Liste
Die Angehörige Peggy Elfmann empfiehlt eine »Zeit für mich«-Liste. Darauf beantwortest du die Fragen:
- Was habe ich früher gerne gemacht?
- Was macht mich glücklich und zaubert mir ein Lächeln ins Gesicht?
Sorge dafür, dass du diese Glücklichmacher in deinen Alltag einbaust – indem du sie zum Beispiel konkret in den Wochenplan einträgst oder dir Ziele setzt.
Bewege dich regelmäßig
Bewegung gibt nicht nur deinem Körper neue Kraft, sondern erfüllt auch deine Seele. Ob Spaziergänge, Fahrradtouren oder Yoga: Finde eine Form der Bewegung, die dir Freude bereitet, und baue sie in deinen Alltag ein – am besten mit einem Freund, der dich liebevoll überredet, falls nötig.
Nutze Achtsamkeit zur Entspannung
Als betreuender Angehöriger erlebst du möglicherweise chronischen Stress. Meditation und Achtsamkeit reduzieren nachweislich Anspannung und Angstgefühle. Mache dir diese Techniken zunutze! Meditieren muss übrigens nicht unbedingt Stillsitzen heißen. Du kannst auch bewusst atmen oder gehen oder selbstversunken die Pflanzen auf eurem Balkon pflegen. Wichtig ist nur, dass die Tätigkeit deine Gedanken beruhigt und dich ganz ins Hier und Jetzt führt.
Erkenne und respektiere deine Grenzen
Bei einer scheinbar endlosen To-Do-Liste übersieht man leicht die eigenen Grenzen. Und doch führt kein Weg daran vorbei, Körpersignale wahrzunehmen und Grenzen zu setzen. Denn:
- Deine Kraft ist endlich.
- Du hast es verdient, gesund und glücklich zu sein.
- Nur gesund und glücklich kannst du deinem Angehörigen helfen.
Nimm dir deshalb täglich Zeit, deiner Seele und deinem Körper zuzuhören: Wie geht es dir wirklich? Was brauchst du? Wo brauchst du Unterstützung? Gib auch deinen Bedürfnissen Raum und sage NEIN, wenn nötig.
💡 Bitte deine beste Freundin, dass sie dir regelmäßig Feedback über ihre Wahrnehmung zu deinem Gesundheitszustand gibt.
Wie du schwierige Situationen meistern kannst
Es gibt Situationen, in denen du ratlos bist: Manchmal starrt Angelika apathisch ins Leere. Dann wieder setzt sie sich heftig gegen die ambulante Pflegerin zur Wehr oder irrt rufend durch die Wohnung. Rufen, Umherwandern, das Verweigern von Essen oder Pflege, aggressives oder enthemmendes Verhalten: Das wird in der Fachsprache herausforderndes oder hinweisendes Verhalten genannt. Die Ursachen dafür sind oft schwer herauszufinden. Aggression, nächtliches Umherwandern, veränderte Persönlichkeit: Manchmal bringt dich der Betreuungsalltag an deine Grenzen. Hier erfährst du, wie du damit umgehst.
Umgang mit herausforderndem oder hinweisendem Verhalten
Du kannst davon ausgehen, dass jedes herausfordernde Verhalten einen Grund hat. Deshalb wäre es richtiger, von »hinweisendem« Verhalten zu sprechen. Denn gerade im fortgeschrittenen Stadium einer Demenz kann Angelika ihre Bedürfnisse nicht mehr verbal äußern. Deshalb zeigt sie, wenn etwas nicht stimmt.
Warum kommt es zu Aggression, Unruhe & Co.?
Der Grund für herausforderndes Verhalten kann banal sein. Forschende haben zwar Zusammenhänge gefunden:
- Verbale Verhaltensauffälligkeiten hängen eher mit Unbehagen, Schmerz oder Alleinsein zusammen.
- Aggressives Verhalten tritt eher während der Körperpflege auf, wenn sich der Patient bedrängt fühlt oder die Umgebung als unbehaglich empfindet.
- Agitiertheit (krankhafte Unruhe) entsteht eher bei Fixierungen, ob chemisch durch Medikamente oder körperlich.
Doch welche Ursache spezifisch bei Angelika welches Verhalten auslöst, musst du durch Beobachten und Ausprobieren herausfinden. Das braucht Erfahrung, Zeit und Geduld.
💡 Lass dich nicht entmutigen. Manchmal dauert es, bis eine Lösung wirkt. Hol dir Hilfe, wenn nichts anschlägt.
Finde die Ursache mit der STI-Methode
Mit der Methode »Serial Trial Intervention« (STI) kannst du mögliche Gründe für Angelikas Verhalten und Lösungen finden:
- Schätze körperliche Bedürfnisse ein: Hat Angelika Schmerzen, Hunger, Durst oder gibt es gesundheitliche Probleme? Teste Maßnahmen.
- Beobachte ihre affektiven Bedürfnisse: Hat Angelika Stress, ist sie überreizt (Lärm, Hitze usw.) oder fehlt ihr menschliche Nähe? Teste Maßnahmen.
- Nichts wirkt? Versuch es mit Berührung (z.B. einer Handmassage), Musik, Entspannungstechniken und anderen nicht-medikamentösen Strategien.
- Nichts wirkt? Probiere in Rücksprache mit der Ärztin ein Schmerzmittel aus.
- Nichts wirkt? Probiere in Rücksprache mit dem Arzt ein Psychopharmakon aus.
Dieses Arbeitsblatt hilft dir, auf Angelikas Ängste zu reagieren:
Persönlichkeitsveränderungen
Ändert ein Mensch durch die Demenz sein Wesen, ist das für Angehörige besonders schmerzhaft. Der Mensch, den du vielleicht schon lange kennst, verliert nicht nur seine Fähigkeiten – er wird scheinbar ein anderer. Bei FTD kann verändertes Verhalten wie Ess- und Witzelsucht, Enthemmung oder fehlende Körperhygiene schon früh auftreten. Bei anderen Formen steht erst das Vergessen im Vordergrund.
Grund für Persönlichkeitsveränderungen sind überwiegend Hirnschädigungen. Angst und Aggression können aber auch eine Reaktion auf die verunsichernde »Situation Demenz« sein. Gerade zu Beginn reagieren Betroffene mit heftiger Wut oder Traurigkeit. Im späteren Verlauf können sie sich nicht anders mitteilen.
Nimm deinen Angehörigen deshalb ernst in seinem Wunsch, zu kommunizieren. Er verliert seine Persönlichkeit durch die Demenz nicht, sondern bleibt »er selbst« mit all seinen Eigenheiten. So kannst du mit Persönlichkeitsveränderungen umgehen:
Gestörter Schlafrhythmus
Angelika hat wie die Hälfte aller Demenzbetroffenen einen gestörten Tag-Nacht-Rhythmus: Tagsüber nickt sie ein, nachts wandert sie umher. Dadurch bist auch du permanent übernächtigt. Doch guter Schlaf ist wichtig für die Hirngesundheit. Mit diesen Tipps kannst du Angelikas Biorhythmus positiv beeinflussen:
- Eine Demenz ist anstrengend. Ein Mittagsschlaf (30–60 Minuten) kann helfen, Kraftreserven vor dem Abend aufzufüllen.
- Geht nachmittags raus: Licht, Luft und Bewegung regulieren die »innere Uhr«.
- Reduziere gegen Abend die Sinnesreize und Aktivitäten: Dimme die Beleuchtung und verhalte dich ruhig.
- Abendliche Verabschiedungen bringen Unruhe. Deshalb sollten sich Gäste abends nicht persönlich verabschieden, sondern einfach gehen.
- Mit Ritualen wie Singen, Vorlesen oder einen Tee trinken stimmst du Angelika auf die Nacht ein.
- Ein gemütliches Ambiente mit Kissen und Decke hilft Angelika, zur Ruhe zu kommen.
- Aromen wie Lavendel, Mimose oder Bergamotte entspannen und helfen beim Einschlafen.
- Will Angelika mitten in der Nacht ins Büro gehen, holst du sie mit einem validierenden Gespräch ab. So bekommst du womöglich Anhaltspunkte, was Angelika helfen könnte.
- Wie viel Licht hat Angelika tagsüber? Bei schwacher Beleuchtung sind ältere Menschen anfälliger für psychische Beschwerden und Schlafstörungen.
Wenn es nicht mehr geht: So findest du ein Heim
Angelika schmiert mit Kot und schlägt die Mitarbeiter in der Tagesstätte. Du weißt nicht mehr weiter und kannst wegen Angelikas nächtlichen Wanderungen kaum noch schlafen. Spätestens jetzt ist es Zeit, Angelika in professionelle Obhut zu geben. Auch wenn du dich dabei schlecht fühlst: Die Mitarbeiter eines Heims können Angelika in diesem Fall besser umsorgen. Nachtaktivität, Inkontinenz und Persönlichkeitsveränderungen führen oft dazu, dass Angehörige über ihre Grenzen hinaus belastet werden.
💡 Halte früh nach Heimen Ausschau. Gute Institutionen haben lange Wartelisten, und die notfallmäßige Übersiedelung ist für alle keine schöne Erfahrung.
Der Übertritt in ein Heim ist schwer. Die meisten Menschen möchten zu Hause leben. Wahrscheinlich hat auch Angelika diesen Wunsch geäußert. Vielleicht hast du ihr versprochen, sie nie »abzuschieben«. Berichte über schlimme Zustände verstärken dein schlechtes Gewissen. Doch es gibt gute Institutionen, die Menschen mit Demenz kompetent und einfühlsam begleiten. Um das passende Heim zu finden, solltest du Angelikas Bedürfnisse und deine eigenen Vorstellungen kennen. Diese Checkliste hilft dir, Heime und Angebote zu vergleichen:
📋 Checkliste Auswahl eines Heimes
Weitere Informationen zum Heimeintritt findest du in demenznavi Leben im Heim.
Arbeitsblätter, Checklisten & Co.
Diese Downloads helfen dir, individuelle Lösungen für dein Leben mit Demenz zu finden:
📋 Demenzfreundliches Wohnen | Sorge für Sicherheit und Orientierung beim Wohnen
📋 Stelle dir dein Team zusammen! | Ein Team kann dich im Alltag unterstützen
📋 Wie kann dein Team dich unterstützen? | Verteile Aufgaben
📋 Teilhabe unterstützen | Mit Demenz Teil der Gemeinschaft bleiben
📋 So gelingt das Gespräch | Bleibe in Verbindung, indem du die Kommunikation anpasst
Videos zum Thema
Diese Videos zeigen dir, wie andere Menschen mit der Demenzbetreuung umgehen:
Stefanie Wagner Fuhs | Mutig entscheiden! Über Wohnsituation und Karriere
Astrid Menzel | Abenteuer vor der Haustür: Paddeln mit Oma
Michael Schmieder | Was heißt das: Dem Vergessen zusehen?
Dr. Irene Bopp-Kistler | Beziehung und Demenz
Wichtige Artikel zur Demenzbetreuung
Aus dem Lexikon demenzwiki
Aus dem Magazin demenzjournal
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«Mich interessiert, wie ihr die Gefühle erlebt», sagt Rosa*. «Bei den Männern kommt man nicht so recht an die Gefühle. Mich…
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Demenzbetreuung
Hier findest du die wichtigsten Fragen zu »Betreuung zu Hause«. Solltest du einmal nicht fündig werden, schreibe uns. Wir helfen dir gerne weiter 😊
Was ist eine mittelschwere Demenz?
Bei mittelschwerer Demenz ist der Betroffene in seinen geistigen Fähigkeiten und Alltagskompetenzen deutlich eingeschränkt. Er vergisst kürzliche Ereignisse, hat Probleme mit Orientierung und Sprache und verändert möglicherweise seine Persönlichkeit. Der Übergang von der leichten zur mittleren Phase einer Demenz ist fließend. Dennoch bedeutet er einen großen Einschnitt: Der Mensch mit Demenz ist nun permanent auf Unterstützung angewiesen.
Was sind Symptome einer mittelschweren Demenz?
Die Symptome unterscheiden sich je nach Art der Demenz, der körperlichen und geistigen Verfassung des Betroffenen und der vom Abbau betroffenen Hirnregion. Meistens machen sich aber Probleme mit dem Gedächtnis, der Orientierung, der Kommunikation und Persönlichkeitsveränderungen bemerkbar. Menschen mit mittlerer Demenz vergessen, was du ihnen kurz zuvor gesagt hast, und haben Probleme mit Alltagshandlungen wie Kochen oder Einkaufen. Außerdem können sich Persönlichkeit und Verhalten verändern.
Kann ich meinen Angehörigen mit mittelschwerer Demenz zu Hause betreuen?
Ob ein Mensch mit mittelschwerer Demenz zu Hause leben kann, hängt von vielen Faktoren ab. Wenn die Person nicht allein lebt und die Hauptbetreuungsperson genug entlastet wird, ist es sehr gut möglich, lange zu Hause zu bleiben. Die Hauptgründe, die eine Betreuung zu Hause verunmöglichen, sind herausforderndes Verhalten (Aggression, Enthemmung usw.), Inkontinenz und ein gestörter Tag-Nacht-Rhythmus. In diesen Fällen werden die Angehörigen so stark belastet, dass ihre eigene Gesundheit gefährdet ist. Spätestens dann ist ein Umzug ins Heim für alle die beste Lösung.
Wie überwinde ich Kommunikationsprobleme?
Verwende einfache Sätze und stelle klare Fragen. Sei geduldig und einfühlsam und gib deinem Angehörigen Zeit zu antworten. Achte auch auf die Körpersprache – sie verrät dir oft mehr als Worte. Vermeide Korrekturen, die deinen Angehörigen auf seine Defizite hinweisen. Stattdessen kannst du die Technik Validation nutzen, mit der du ihm Sicherheit und Selbstwert vermittelst. Streit und Frustrationen kannst du vermeiden, indem du die Aufmerksamkeit deines Angehörigen auf etwas anderes lenkst. Auch die Tageszeit und aktuelle Verfassung deines Angehörigen hat einen Einfluss darauf, wie gut es mit der Kommunikation klappt.
Wie gehe ich mit Vergesslichkeit und Orientierungslosigkeit um?
In der mittleren Phase einer Demenz verliert der Betroffene zunehmend die Orientierung. Dazu gehört die räumliche Orientierung (Wo bin ich?), aber auch die zeitliche (Welcher Tag ist heute?), die situative (Was passiert gerade?) und die personelle (Wer bin ich?). Jetzt braucht dein Angehöriger dich als Anker. Zeige Verständnis und wiederhole deine Antwort auch zum dritten Mal. Nutze Erinnerungshilfen wie Kalender oder Fotos, mit denen du den Inhalt zeigst, der sich hinter Schrank- und Zimmertüren verbirgt. Wenn dein Angehöriger die Wohnung verlassen will: Sichere Türen und Fenster, nutze GPS-Geräte und informiere Nachbarn und lokale Stellen (Polizei, Supermarkt usw.) über die Demenz deines Angehörigen. So können alle ein Auge auf ihn haben.
Wie stärke ich die Autonomie und Teilhabe eines Menschen mit mittlerer Demenz?
Die mittlere Demenzphase ist für Betroffene stark verunsichernd. Sie verlieren zunehmend Fähigkeiten, ihre Selbständigkeit schwindet. Deshalb ist es wichtig, dass du die Autonomie deines Angehörigen bestmöglich förderst. Biete sanfte Unterstützung, indem du zum Beispiel einzelne Schritte erklärst und die Privatsphäre respektierst – zum Beispiel bei der Körperpflege, bei der Gartenarbeit oder dem Rüsten von Gemüse. Auch Teilhabe ist wichtig, denn Menschen fühlen sich wohl, wenn sie Teil einer Gemeinschaft sind. Nutze daher Angebote lokaler Stellen und fördere Austausch (auf Spaziergängen, durch Besuche von Freunden, auf Veranstaltungen usw.).
Wie gehe ich mit Wutausbrüchen und Persönlichkeitsveränderung um?
Durch die Hirnschädigung kann sich die Persönlichkeit eines Menschen mit Demenz verändern. Vormals sanftmütige, gesellige Personen sind plötzlich hochaggressiv und menschenscheu. Wut und heftige Traurigkeit können aber auch andere Ursachen haben wie zum Beispiel Angst aufgrund der fehlenden Orientierung, Frustration oder Schmerzen. Die Ursachen für sogenanntes »herausforderndes Verhalten« sind vielfältig. Bleibe in jedem Fall ruhig und lenke die Aufmerksamkeit deines Angehörigen auf etwas anderes (einen Snack, einen Spaziergang usw.). Finde die Ursache für das Verhalten, indem du beobachtest und ausprobierst.
Wie bewältige ich meine eigenen Gefühle und stelle sicher, dass ich nicht ausbrenne?
Jemanden zu betreuen ist ein Vollzeitjob. Pflegende Angehörige laufen Gefahr, dass sie sich dabei selbst vergessen und krank werden. Doch wer krank ist, kann nicht für jemand anderen da sein. Wie stark du gefährdet bist, hängt zum einen von deiner Beziehung zu deinem Angehörigen ab: Pflegst du aus Liebe oder weil andere es erwarten? Zum anderen ist dein Netzwerk ausschlaggebend. Triff deine Freunde, hol dir Unterstützung (durch dein Umfeld, Selbsthilfegruppen, einen Psychologen usw.) und gönne dir Auszeiten. Da man das eigene Burnout oft nur schwer erkennt: Verabrede mit einer Vertrauensperson regelmäßige »Check-in«-Gespräche, in denen du sagst, wie es dir wirklich geht.
Wie finanziere ich Pflege und Betreuung?
Du hast ein Anrecht auf finanzielle Entlastung, wenn du einen Menschen mit Demenz begleitest. Krankenkassen und Sozialversicherungen unterstützen in Deutschland, der Schweiz und Österreich auf verschiedene Weise. Das Grundproblem bei allen ist aber, dass Betreuung im Gegensatz zur Pflege kaum finanziert wird. Im Kern ist die Höhe der Zuwendungen an den Pflegegrad gekoppelt. Daneben existieren je nach Land weitere Geldtöpfe, die wir dir im Kapitel »Unterstützung finden« genau vorstellen.
Bücher, Links & Podcasts zur Demenzbetreuung
So geht es weiter
Spätestens wenn deine Gesundheit leidet, solltest du deinen Angehörigen in professionelle Hände geben. Wie der Heimeintritt gelingt und wie du mit den Pflegenden zusammenarbeitest, erfährst du im nächsten Navi.