Fünf Senioren trainieren Geist und Seele - demenzjournal.com
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Film Golden Seniors

Fünf Senioren trainieren Geist und Seele

Meditation auf einer Bank Film Golden Seniors

Geneviève ist eine der fünf Personen, die im Rahmen der Studie regelmäßig meditieren. Bild PD

Welche Auswirkungen hat ein Achtsamkeitstraining auf das Leben und die Gesundheit von älteren Menschen? Der Film »Golden Seniors« geht dieser Frage nach.

Michèle (70) war nie wirklich glücklich in ihrem Leben. Sie schlug keine Wurzeln, bis heute zieht sie alle ein bis zwei Jahre um. Sie hat eine traumatische Angst, im Stich gelassen zu werden. Sie schützt sich davor, indem sie keine Beziehungen eingeht. Wegen ihres niedrigen Blutdrucks hat sie immer wieder Schwächeanfälle. Nach einem solchen Zusammenbruch habe sie nach einem Strick gesucht, um sich zu erhängen. Michèle sagt dies im Kreis einer Meditationsrunde. Auch die Kamera des Schweizer Filmemachers Francois Kohler wird Zeuge dieser Aussage. Michèle investiert jetzt ins Glück, deshalb nimmt sie am Achtsamkeitstraining teil.

Der Film »Golden Seniors« gewährt Einblicke ins Leben von fünf Menschen im Alter zwischen 67 und 76 Jahren. Das »Bühnenbild« zu diesem intimen Werk ist die Bretagne, wo die Neurologin Gaelle Chetalat an der Studie »Silver Santé« arbeitet.

Sie will herausfinden, welche Wirkung das Meditieren, das Trainieren der Achtsamkeit und das Lernen von Sprachen auf ältere Menschen hat.

Kohler begleitet die Senior:innen, wie sie im Rahmen der Studie ein Achtsamkeitstraining absolvieren. Die Proband:innen treffen sich wöchentlich zu angeleiteten Meditationen. Im zweiten Teil der Studie schulen sie – ebenso angeleitet von Fachleuten – ihre Selbstliebe. Vor der Kamera reflektieren die Senior:innen, wie sie die Trainings und ihre Wirkung erleben.

Messen der Hirnströme im Film Golden Seniors
Jean-Maries Kopf wird im Rahmen der Studie verkabelt, um die Hirnaktivität zu messen.Bild PD

Bis vor einigen Jahren trafen wir gesundheitsbewusste Rentner:innen vor allem in Thermalbädern, auf Wanderwegen und in Seniorenriegen. Mittlerweile sehen wir sie auch in Fitnesszentren, an Langstreckenläufen oder auf Bike-Pisten. Es gehört heute zum Allgemeinwissen, dass Bewegung und Sport besonders im Alter eine grosse Wirkung haben. Körperliche Ertüchtigung schützt vor lästigen Altersbeschwerden, hellt das Gemüt auf und unterstützt den sozialen Austausch. Doch wie steht es mit dem Geist und der Seele? Können wir auch sie wirksam trainieren?

Schützen Meditation und Achtsamkeit womöglich vor Demenz?

Dieser Frage gehen die Forscherin Chetalat und der Filmer Kohler nach. »Golden Seniors« lässt neben den Hauptdarstellern auch Familienangehörige und Freunde der fünf Probanden zu Wort kommen. Manchmal wirken die Gespräche und Monologe etwas langfädig. Dafür entschädigen uns schöne Aufnahmen von Zwiegesprächen oder von der bretonischen Natur. Wir sehen zum Beispiel, wie Jean-Marie mit dem Fahrrad auf einem malerischen Landsträßchen fährt. Oder wie Denis mit einem Freund auf einem Pier über das Leben und die Meditation spricht.

Da zum Achtsamkeitstraining auch kalte Bäder gehören, sehen wir die Schicksalsgemeinschaft in der winterlichen Brandung des Atlantiks. Diese Einstellung, die fürs Kinoplakat ausgewählt wurde, gehört zu den Höhepunkten des Films »Golden Seniors« und ist eine Metapher aufs Leben.

Am Schluss des Filmes versammeln sich die Proband:innen zur Präsentation der Studienresultate. Doch diese sind nicht so ausgefallen, wie es sich die Forscherin Chetalat und die Anwesenden gewünscht haben. Die Vergrößerung gewisser Hirnbereiche kann nicht nachgewiesen werden. Auch der Vergleich mit der Kontrollgruppe – einer Gruppe von Senior:innen, die keine besonderen Trainings absolviert hat – fällt ernüchternd aus. Nur eine schwache Tendenz lässt erahnen, dass die Trainings positiv gewirkt haben. Vorteile haben die Achtsamkeitsübungen aber in anderen Bereichen gebracht. Michèle, Jean-Marie und Co. sind aufmerksamer, glücklicher und dankbarer als zu Beginn der Studie.

Fünf Senioren im Atlantik Bretagne Film Golden Seniors
Die fünf Senioren gehen mit ihrem Achtsamkeitstrainer in die Brandung des Atlantiks.Bild PD

Es ist positiv, dass die Wissenschaft solche Themen angeht. Doch der Film lässt den Gedanken aufkommen: Wozu muss etwas nachgewiesen werden, das wir schon lange wissen? Es ist doch längst bekannt, dass Achtsamkeit die körperliche und seelische Gesundheit fördert. Wäre es nicht besser, diese Ressourcen direkt in die Verbesserung der Lebensqualität von älteren Menschen zu investieren?

Ironischerweise ist ein Aspekt der Achtsamkeit, dass man die Realität als solche akzeptiert und nicht ständig hinterfragen muss.

Wenn es Chetalat und ihrem Team doch noch gelingen wird, den positiven Effekt einer achtsamen Lebensweise nachzuweisen, könnte dies dennoch eine Wirkung erzielen: Zum Beispiel, dass mehr Menschen Achtsamkeit praktizieren und dass entsprechende Kurse und Trainings von den Krankenkassen übernommen werden.

Quelle YouTube

Golden Seniors, Francois Kohler (Regie und Drehbuch), 2023, Schweiz. Der Film läuft ab 8. Dezember 2023 in Schweizer Kinos.