»Sie sieht Nana total ähnlich“, meinte Elsa zu ihrer Großmutter.
»Nana ist auch ziemlich eigensinnig«, stimmte Frau Mendez zu.
»Aber Anna ist deutlich runder als Nana«, wandte Elsa ein.
»Sowas kann sich ändern«, sagte ihre Großmutter und lachte.
»Dürfen wir sie mal nehmen?«, fragte Elsa die Leiterin. Kurze Zeit später lag Anna in den Armen von Frau Mendez und ließ sich kraulen.
»Jemand hat sie hier in die Tierklappe gelegt. Allerdings hatte sie kein Halsband, deshalb haben wir sie Anna genannt. Unsere Katze scheint Sie ja zu mögen«, sagte die Chefin freundlich zu Frau Mendez.
»Die nehmen wir mit«, entschied die alte Dame.
Zurück in der Wohnung fand Anna sofort den Weg in die Küche und schnupperte an dem Fressnapf. Kurz streifte sie am Kratzbaum im Wohnzimmer entlang, marschierte in die Speisekammer, wo Frau Mendez das Katzenfutter aufbewahrte. Schließlich leerte sie gierig den Fressnapf, den Frau Mendez gefüllt hatte, und streckte sich in Nanas Korb aus.
»Sie scheint sich hier bestens auszukennen«, sagte die alte Frau. Elsa nickte, beugte sich zu Anna herunter und streichelte ihren Bauch, wie sie das immer mit Nana getan hatte. Nach einer Weile war Anna eingeschlafen.
Am Heiligabend war der Himmel milchig weiß, als habe er große Mengen Schnee geladen.
Frau Mendez hatte sich fein gemacht und trug einen schwarzen Glitzerpulli, dazu einen lila und einen goldenen Ohrring. Am frühen Nachmittag klingelte es, ihre Tochter Petra und Enkelin Elsa standen vor der Tür.
»Bist du fertig?«, fragte Elsa, und ihre Großmutter nickte.
»Wo ist Anna?« Petra runzelte die Stirn. »Es ist ja nicht das erste Mal, dass hier etwas verschwindet.«
»Ich möchte euch etwas zeigen«, sagte Frau Mendez, »kommt mit.«
Gemeinsam gingen die drei Frauen nach draußen. Frau Mendez zeigte auf den Gartenschuppen. »Da ist es.« Vorsichtig öffnete Elsa die Tür, und ein vielstimmiges Maunzen kam ihnen entgegen. Der Deckel des Garten-Grills stand offen, darin saß Anna auf einem alten Kissen, um sie herum lagen sieben Kätzchen. Die Kleinen hatten Asche im Fell, und Anna versuchte vorsichtig, sie mit ihren Krallen zu säubern. »Ich hatte wohl vergessen, den Grill zuzumachen.« Frau Mendez lachte. »Aber umso besser: Anna hat ein schönes Nest gefunden.«
»Da ist ja auch mein Schal«, rief Elsa und zeigte nach oben.
Unter der Decke, an einem Haken, baumelte ein pausbäckiger Weihnachtsengel. Um seinen Hals hing ein roter Schal, am Handgelenk trug er ein goldenes Armband.
»Offenbar bin ich jetzt in meinem Wiederfinde-Leben angekommen«, sagte Frau Mendez zufrieden. »Keine Ahnung, wie das Zeug hierhergekommen ist. Dahinter steckt bestimmt eine Geschichte. Ich werde mal darüber nachdenken.«