Von Weitem sehe ich, dass du den Kopf einziehst beim Überqueren der breiten, vielbefahrenen Straße zum Supermarkt. Du schaust nicht links und nicht rechts. Später berichtet man mir, dass du dich im Geschäft nicht mehr zurechtfindest, und man dich durch die Regale begleiten muss.
Du kannst nicht mehr einkaufen in der Stadt. Wenn ich arbeite, sitzt du nun in der Wohnung und wartest auf mich. So ziehen wir in das Bergdorf in der Schweiz, das wir von den Ferien her kennen. Ich werde dort arbeiten, und du kannst ungefährdet den Postplatz zum Dorfladen, zur Bäckerei überqueren.
Blog Wolkenfische
Dieser Blog handelt von der Alzheimer-Krankheit meines Mannes. Er handelt von Veränderung und Hader, aber auch von Nähe und dem Erkennen, dass die Krise, in die wir gestürzt wurden, uns auf einen Weg bringt, den wir als wahr empfinden.
– Susanna Erlanger
Du willst etwas machen, sagst du. Du kämpfst mit Kleingeld und Einkaufszettel, und die Verkäuferin im Milchladen bittet mich, dich nicht mehr am Samstag zu schicken. Zu viele Kunden müssten warten, bis du fertig bist.
Wie ein Vogelschwarm
Es gibt Momente, die ins Absurde wachsen und an Choreographien von Vogelschwärmen erinnern, bei denen man sich fragt, welcher der Vögel zuerst losfliegt und wie die unsichtbare Welle zustandekommt, die die anderen Tiere erfasst, – und alle in die gleiche Richtung, und alle im gleichgeschwungenen Bogen.
Diese geheimnisvolle Welle, dieses Unsichtbare scheint nun auch deine Bewegungen zu bestimmen: Einmal bin ich auf dem Weg ins Badezimmer, und du biegst direkt vor meinen Füßen, aus der Küche kommend, dort ein, um »ein Glas abzuwaschen«. Einmal will ich einen Gegenstand vom Küchentisch nehmen, und noch bevor sich meine Hand nach ihm ausstrecken kann, liegt er schon in deiner.
Es ist, als ob du mein Leben brauchtest, um mit dir im Einklang zu sein.
Wird man aus alten Zusammenhängen herauskatapultiert,
hält man sich, so gut es geht, an dem fest,
das mit einem wegfliegt.