Nun hat das neue Jahr Einzug gehalten. Über die Festtage haben wir als Familie viele Stunden miteinander verbracht. Ich habe mir im Dezember so wahnsinnig viele Gedanken über Weihnachten gemacht. Auch die Frage, was ich dir schenken könnte, hat mich sehr beschäftigt. Ich habe dir eine schöne Handcreme geschenkt für eine Handmassage. Doch irgendwie war es ziemlich trubelig und ich hatte keine Ruhe dafür.
Liebe Mama, hat dir dieses Weihnachten gefallen? Deine Kinder und Enkelkinder waren da, deine ganze Familie hat mit dir gefeiert. Wir haben die Besuche verteilt, sodass du immer wieder Zeit zum Ausruhen hattest. Denn ich habe das Gefühl, dass du gerade sehr viel Ruhe möchtest. Nach dem Frühstück hast du oft ein wenig geschlafen und auch nachmittags hast du ausgedehnte Nickerchen gemacht.
Viel Nähe und Liebe für dich von meinen Kindern
Meine Töchter haben im Schnee gespielt und in eurem Garten den tollsten Schneemann gebaut. Wenn sie bei uns im Wohnzimmer waren, waren sie eigentlich immer bei dir. Ich habe es sehr genossen zu sehen, wie liebevoll meine Kinder sich um dich kümmern.
Ich habe ja schon oft geschrieben, dass sie für mich häufig Vorbilder sind, weil sie so gut auf dich schauen und sich an deinen Bedürfnissen orientieren, ganz ohne Vorbehalte.
Sie haben nicht diese Erwartungen und Vorstellungen, sondern sind einfach im Moment präsent für dich – und ich glaube, dass dir das sehr gut tut!
Das alles wieder einmal zu beobachten, war besonders schön. Mit welcher Fürsorge meine grosse Tochter dich an der Hand nimmt und dir zuspricht, damit du aufstehst und sie dich dann zum Essen an den Tisch führt.
Und meine Mittlere, die neben dir sitzt und genau darauf achtet, dass Papa dich aufessen lässt und dir auch immer wieder etwas zu trinken gibt. Mein Papa, der sich von wenigen Menschen Dinge sagen lässt, hört mit einem Mal, wenn seine Enkeltochter erklärt: «Die Oma ist doch schon satt, Opa.» oder «Ich glaube, ihr schmeckt das nicht mehr.»
So viel zu erledigen
Ich habe gekocht und mich gekümmert, mit Papa Dinge organisiert. Es gab einiges zu tun – und das ist das Nervige an Pflege aus der Ferne, dass man manche Dinge aus der Ferne einfach nicht erledigen kann.
Ich hatte mich auf die Nähe mit dir gefreut und als wir dann da waren, standen andere Dinge im Vordergrund.
Du wirktest häufig ein wenig traurig und abwesend. Ich glaube, das ist die grösste Gefahr, dass ich vor lauter Organisieren und Erledigen vergesse, mir Zeit für dich und unser Miteinander zu nehmen. Oder dass ich so genervt von der Pflegebürokratie und all den pflegerischen Tätigkeiten bin, dass ich wenig Musse für die schönen Momente habe.
Zum Glück waren wir lange genug bei euch, sodass doch noch genug Zeit für diese gemeinsamen Momente blieb. Ich habe dir das Märchen von Frau Holles Apfelgarten vorgelesen. Schon lange habe ich dir nicht mehr vorgelesen und anfangs war ich nicht sicher, ob es dir überhaupt gefällt.
«Mache ich es gut genug?», wollte ich schon grübeln und hätte vor Unsicherheit fast innegehalten. Doch dann habe ich einfach weitergelesen und mir gedacht, dass es nicht so falsch sein kann, wenn ich merke, wie du dich entspannst, wenn ich neben dir sitze und dir von Frau Holle und dem Junker und der Bäuerin vorlese.
Danke für das Silvesterkonzert!
Als alle zum Silvesterspaziergang aufgebrochen sind, sind meine Kleinste und ich bei dir geblieben. Wir haben zusammen das Silvesterkonzert aus der Semperoper angeschaut.
Für mich war das erst eine Notlösung, weil es der Kleinen nicht so gut ging und ich nicht wusste, was ich mit euch beiden machen soll. Und dann wurde es richtig schön.
Du bist aus deinem müden Zustand aufgewacht und hast fröhlich mit den Beinen gewippt.
Ich sass neben dir und habe gemerkt, dass die Musik dich bewegt. Und sie war auch wirklich schön. Wärest du nicht gewesen, hätte ich das sicher nicht angeschaut und damit ein tolles Konzert verpasst. Danke, liebe Mama, für diesen Glücksmoment!