Was sind die Gründe für herausforderndes Verhalten bei Demenz? - demenzjournal.com
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Hausbesuch

Was sind die Gründe für herausforderndes Verhalten bei Demenz?

Bäuerin füttert Hühner

Die frühere Bäuerin Frau Roswald ist es sich gewohnt, frühmorgens aufzustehen. Symbolbild Adobe Stock

Es gibt Situationen, die für Angehörige und Pflegende von Menschen mit Demenz sehr kräfteraubend sind. Meist gibt es einen Grund für das herausfordernde Verhalten. Doch wie finde ich ihn heraus? Drei Fallbeispiele zeigen auf, wo des Pudels Kern liegen könnte.

«Herr Gruber kann nicht lange stillsitzen. Er hat einen enormen Bewegungsdrang. Dies stört die anderen Teilnehmer:innen im Tageszentrum derart, dass einige von ihnen schon lautstark schimpfen», erzählt mir eine verzweifelte Betreuerin am Telefon. Wir vereinbaren einen Besuchstermin, um die Wogen zu glätten.

Kaum hat Herr Gruber gefrühstückt, läuft er im Raum auf und ab, leise vor sich hinmurmelnd. Er erlaubt mir, ihn bei seinem Spaziergang zu begleiten. Ich spüre seine innere Unruhe. Offenbar wird er von etwas oder jemanden angetrieben. In der nächsten Pause erkundige ich mich nach seinem früheren Leben und erfahre so nebenbei, dass Herr Gruber viele Jahre mit großem Engagement Bürgermeister vom Nachbarort war.

Herr Gruber hat Hummeln im Hintern und Demenz

In diesem Lebensabschnitt liegt die Ursache für seinen inneren Antreiber. Herr Gruber ist noch immer in seiner Rolle verhaftet und will gewissenhaft alle Termine pünktlich erledigen. Ich besorge ein Buch über seine Heimatgemeinde. Und anstatt durch den Raum zu hetzen, blättert er nun zufrieden in seinen Erinnerungen.

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Fallbeispiel Max Sterren

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Lebensgeschichten beschreiben besondere Alltagssituationen, die mit Bildern und starken Emotionen gekoppelt sind. Sie werden in unserem Gedächtnis gespeichert und beeinflussen meist unbewusst unser Leben. Diese Biografien können daher Türöffner sein, um bestimmte Verhalten zu verstehen. Damit gelingt es oft eine positive Wendung herbeizuführen, wie die folgende Begebenheit verdeutlicht.

Die innere Uhr der Bäuerin Roswald

Bei meinen Vorträgen gibt es immer ausreichend Gelegenheit persönliche Fragen zu stellen. Auf diese Weise lerne ich die Tochter von Frau Roswald kennen. Sie ist im Zweifel, ob sie für ihre Mutter tatsächlich Medikamente gegen Schlaflosigkeit besorgen soll, wie dies die Pflegekraft immer öfters fordert.

Um optimale Unterstützung geben zu können, nehme ich mir ausreichend Zeit, die Situation vor Ort zu beobachten. Frau Roswald ist eine ruhige und freundliche Frau, die trotz ihrer kognitiven Beeinträchtigungen noch immer im Haushalt mithilft. Voller Freude zeigt sie mir auch den großen Gemüsegarten, den die Pflegekraft liebevoll mit ihr angelegt hat. Zwischen den beiden herrscht ein harmonisches Miteinander, so meine Wahrnehmung.

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Schlaf

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Als sich Frau Roswald zurückzieht, um ein wenig auszuruhen, spreche ich die Pflegekraft auf die gewünschten Schlafpulver an. Sie erzählt mir, dass sie unter dem nächtlichen Umherwandern leidet und sich von den Tabletten erhofft, dass Frau Roswald morgens länger schläft. Meine Frage nach den biografischen Kerndaten ist der Schlüssel zur Lösung des Problems.

Frau Roswald war viele Jahre Bäuerin und daher gewohnt sehr früh aufzustehen. Ihre biologische innere Uhr ändert sich nicht automatisch mit der Pension. Sie darf weiterhin beim ersten Hahnenschrei aufstehen und findet ab jetzt immer eine Beschäftigung vor wie z.B. Zeitungen durchblättern. Ein paar Stunden später beginnen dann die gemeinsamen Aktivitäten mit der Pflegekraft.

Zuhören, verstehen, berühren, agieren sind die Schritte, welche ich regelmäßig in meinen Beratungen anwende, um für alle Beteiligten eine optimale Lösung zu finden.  Selbst wenn eine rasche Entschärfung erforderlich ist, darf man sich nicht unter Druck setzen lassen.

Herr Boesner randaliert nach den Besuchen der dominanten Mutter

Der Vermieter droht dem jung an Demenz erkrankten Herrn Bösner (57) mit Kündigung der Wohnung, wenn er nicht umgehend seine nächtliche Ruhestörung einstellt. Er randaliert seit Wochen und hat bereits sämtliche Nachbarn verärgert. Auch bei ihm ist der Ursprung seiner Tobsuchtsanfälle in seiner Lebensgeschichte zu finden. Bei der Suche nach der Ursache braucht es gute Beobachtung, wann genau diese Lärmbelästigung stattfindet.

Seinem Bruder, der für ihn sorgt, fällt schließlich auf, dass die Besuche der Mutter (81) Anlass sind für das Wehgeschrei in der Nacht. In der Kindheit von Herrn Bösner finde ich dann den Hintergrund für seine Handlung. Seine Mutter ist sehr dominant und hat alles über ihn bestimmt.

Diese quälenden Erinnerungen kommen immer hoch, wenn er jetzt von ihr besucht wird. Denn wahrscheinlich fühlt er sich aufgrund seiner Demenzerkrankung wieder unterlegen. Und diese starken Emotionen werden dann Stunden später von Herrn Bösner buchstäblich herausgebrüllt. Auf meine Empfehlung hin werden die Besuche der Mutter bis auf Weiteres auf ein Minimum reduziert.

> Hier geht’s zur Website von Andrea Stix und von FELiX Demenz Begleitung

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Aggression

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