Die Frage, die Emma Heming Willis nicht mehr hören kann - demenzjournal.com
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Gut gemeint – oft daneben

Die Frage, die Emma Heming Willis nicht mehr hören kann

Bruce und Emma Willis 1

Bruce Willis und seine Frau Emma Heming Willis. Buchcover

«Wenn ich irgendetwas für dich tun kann …» – ein Satz, der freundlich klingt und nicht weiterhilft. In einem Interview und in ihrem Buch zeigt Emma Heming Willis, was Pflegende im Alltag mit Demenz wirklich entlastet.

In einem Interview mit dem Tages-Anzeiger schildert Emma Heming Willis, wie sich das Leben der Familie veränderte, als Bruce Willis nach Jahren der Unsicherheit die Diagnose frontotemporale Demenz erhielt. Vieles wurde erklärbar: die stockenden Gespräche, der Rückzug, die Missverständnisse. Vor der Diagnose habe sie sich ernsthaft überlegt, sich vom Schauspieler scheiden zu lassen, so Emma.

»Wenn ich irgendetwas für dich tun kann«

Vieles blieb anspruchsvoll, vor allem der Alltag – und die oft gefallenen Worte anderer: »Lass es mich wissen, wenn ich dir irgendwie helfen kann.« Für Emma ist dieser Satz kein Angebot, sondern Arbeit. Er verlangt, dass sie sortiert, entscheidet und erklärt. Wer so fragt, meint es gut, überlässt aber die Organisation der Hilfe der Person, die ohnehin am Limit ist. Pflegende sollen nicht erst nachdenken müssen, welche Aufgabe sie delegieren könnten. Sie brauchen Unterstützung, die ohne Umwege kommt.

Hier zieht Emma eine klare Linie: Hilfe entsteht nicht durch vage Angebote, sondern durch konkrete Handlungen. Menschen, die ein Essen vorbeibringen, ohne lange anzukündigen. Jemand, der eine Fahrt übernimmt. Eine Stunde Präsenz, damit jemand durchschnaufen kann. Solche Schritte schaffen Luft. Sie ersetzen keine Pflege, aber sie entlasten. Und sie zeigen, dass jemand Verantwortung teilt und nicht nur Anteilnahme formuliert.

Ein Übergang, der schwer zu greifen ist

Im Interview beschreibt Emma auch die Jahre vor der Diagnose: die Veränderungen, die niemand einordnen konnte, die wachsende Sprachlosigkeit, das Gefühl, neben einem Menschen zu leben, der immer wieder entgleitet. Nicht als dramatisches Erlebnis – sondern als nüchterne Realität, die viele Angehörige kennen. Der Verlust beginnt lange bevor jemand stirbt. Er beginnt im Alltag, im Gespräch, im Blick. Ein Übergang, der schwer zu greifen ist.

Als die Diagnose vorlag, wurde klar: Es geht nicht um eine Krise der Beziehung, sondern um eine Krankheit. Entscheidungen wurden möglich. Strukturen entstanden. Bruce lebt heute in einem Umfeld, das sich an seiner Erkrankung orientiert. Die Beziehung ist anders geworden, aber sie trägt. Weniger Sprache, mehr Gegenwart.

»Die Peer-to-Peer-Videos der demenzworld sind äußerst wertvoll. Ich verwende sie in meinem Demenz-Modul, da sie die Perspektive von Menschen mit Demenz veranschaulichen und ein differenzierteres Bild vermitteln.«

Prof. Dr. Anne Roll, Hochschule Bochum

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Für Emma war es entscheidend, wieder einen eigenen Alltag zu etablieren. Pausen, kurze Entlastungen, kleine Inseln – nicht als Flucht, sondern als Voraussetzung, stabil zu bleiben. Sie weiss, dass Pflegende gefährdet sind, wenn sie alles allein stemmen. Deshalb betont sie, dass Hilfe nicht erst am Rand steht, sondern mitten im Leben stattfinden muss.

In ihrem Buch Eine ganz besondere Reise fasst sie zusammen, was sie gelernt hat: Pflegende brauchen Klarheit, nicht Floskeln. Handlungen, nicht Angebote auf Vorrat. Und Menschen, die verstehen, dass Unterstützung nicht durch Worte entsteht, sondern durch Taten, die ohne Aufwand wirken. Wer helfen will, soll etwas übernehmen – sofort, konkret, ohne Zusatzfragen (dw).

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