Von der Unabhängigen Beschwerdestelle für das Alter UBA
Hannes und Verena Wagner* standen auf der Sonnenseite des Lebens. Hannes Wagner ging einer gut bezahlten Arbeit nach, seine Frau kümmerte sich um die grosszügige Wohnung und bewirtete einen grossen Freundeskreis.
Finanziell musste sich das Paar nie Sorgen machen – im Gegenteil. Hannes Wagner half hier einem Freund aus der Patsche, unterstützte dort eine Bekannte mit einem grösseren Geldbetrag. Auch nach der Pensionierung lebte das kinderlose Paar auf grossem Fuss, machte Reisen, ging in die Ferien. Nichts schien einem glücklichen Alter im Wege zu stehen.
Inhalt
> Angekündigter Suizid als Hilferuf
> Statistiken zu Femiziden fehlen
> Wie reagieren bei Suiziddrohung?
> Präventive Hilfsangebote sind überlebenswichtig
> Hier finden Sie Hilfe
Angekündigter Suizid als Hilferuf
Dann erkrankte Verena Wagner an Alzheimer. Ihr Mann betreute und versorgte sie, so gut er es vermochte. Doch die Krankheit schritt voran, die Betreuung wurde intensiver. Hannes Wagner spürte seine eigenen Altersbeschwerden, er wurde müde und war erschöpft. Die Geldreserven schwanden. Längst hätte er mit seiner Frau in eine günstigere Wohnung umziehen müssen, doch ihm fehlte die nötige Kraft.
Schliesslich sah er nur noch einen Ausweg: Er würde sich zusammen mit seiner Frau umbringen.
In dieser hoffnungslosen Situation vertraute er sich einem Freund an. Dieser verständigte umgehend die Unabhängige Beschwerdestelle für das Alter UBA.
«Dieser angekündigte erweiterte Suizid war ein Hilferuf», sagt Albert Wettstein, Vorsitzender der UBA Fachkommission Kanton Zürich. Aus Erfahrung weiss der ehemalige Zürcher Stadtarzt, dass bei Gewalttaten im Alter die Dynamik oft eine andere ist als in jüngeren Jahren.
Was ist femizid?
Femizide – die Tötung von Frauen und Mädchen aufgrund ihres weiblichen Geschlechts – wird von der UNO als «extremste und brutalste Form der Gewalt gegen Frauen» anerkannt. Da zuverlässige Daten fehlen, sind sie in den meisten Ländern ein unterschätztes Phänomen.
Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit, Krankheit und Leiden, Überforderung oder finanzielle Not können der Auslöser für ein Tötungsdelikt sein: «Betroffene sehen oft nur noch einen Ausweg: Der gesunde Partner tötet seine kranke Frau – mit oder ohne deren Einwilligung – oder begeht einen erweiterten Suizid. Er bringt seine Partnerin und danach sich selber um.»
Statistiken nicht aussagekräftig
In der Schweiz wird alle zwei Wochen eine Frau durch ihren Mann, Lebensgefährten, Ex-Partner, Bruder oder Sohn getötet. Jede Woche überlebt laut Eidgenössischem Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann eine Frau einen versuchten Femizid. Durchschnittlich drei der rund 25 Frauen, die jedes Jahr getötet werden, sind über 60 Jahre alt.
Die Tötungsdelikte geschehen meist im häuslichen Kontext und meist in Paarbeziehungen. Das Rechercheprojekt «Stop Femizid» listet auf seiner Internetseite die Frauenmorde der letzten drei Jahre auf. Die Erfahrung von Albert Wettstein bestätigt sich: Femizide im Alter müssen differenziert betrachtet werden.