Frau Professorin Scholl, der Name Ihres Fachgebietes lautet «patientenzentrierte Medizin». Was verbirgt sich hinter diesem sperrigen Begriff?
Isabelle Scholl: Eigentlich ein einfacher Tatbestand. Er beruht darauf, dass jeder von uns im Laufe des Lebens zum Arzt geht. Und häufig, wenn wir es mit einem Arzt oder einer Ärztin zu tun haben, sind wir in einer vulnerablen Situation, weil etwas im Argen liegt. Umso hilfreicher ist es, wenn wir uns dabei gut aufgehoben fühlen.
Patientenzentrierung meint zum Beispiel, dass Patient:innen entsprechend ihren Bedürfnissen informiert und in medizinische Entscheidungen eingebunden werden. Sie sollten dabei unterstützt werden, sich selbst für ihre Gesundheit einzusetzen. Wie ein optimales Miteinander von Ärzt:innen und Patient:innen aussehen soll, das ist eine Aufgabe, die mich beschäftigt.
Ist es denn nötig, dass man uns Mut zusprechen muss, wenn wir einen Arzt, eine Ärztin aufsuchen müssen?
Aus Studien wissen wir, dass Menschen in solch einer Situation ziemlich befangen sind. Sie stehen dort auch anders für sich ein als in anderen Lebensbereichen.
Weniger sicher?
Ja. Es gibt viele Menschen, die sich beim Arzt fürchten, ihn zu verärgern oder als schwierig zu gelten. Dies gilt auch für Menschen mit hohem Bildungsniveau oder guter sozioökonomischer Stellung. Deshalb können wir sie nur ermutigen, sich mehr ins Gespräch einzubringen und zu fragen, was ihnen auf dem Herzen liegt.