Du hast mit deinem erkrankten Angehörigen eine längere Krankheitsgeschichte durchgemacht. Von den ersten Symptomen über die Diagnose bis zum Umgang mit den größer werdenden Defiziten habt ihr euch vielen Fragen und Problemen gestellt. Ihr habt Lösungen gefunden und wahrscheinlich auch externe Hilfe angenommen. Ihr seid an Grenzen gestoßen und habt diese auch überschritten.

Doch nun haben die Belastungen ein Maß angenommen, das dich und deine Familie überfordert. Damit du als Hauptbetreuungsperson nicht selbst krank wirst, solltest du jetzt ein Heim finden. Wie das geht und warum du kein schlechtes Gewissen haben musst, erfährst du in diesem Navi.

Unser Hauptdarsteller Hannes Kröger

Hannes Kröger (76) war Elblotse und lebt in Mechelnbusch bei Hamburg. Fast 40 Jahre lang führte er Schiffe an den Untiefen zwischen Helgoland und der Einfahrt in den Hamburger Hafen vorbei. In der Freizeit segelte er mit seiner Partnerin Elfriede mit ihrem Jollenkreuzer durchs Wattenmeer bis hinauf nach Dänemark. Die beiden sind seit 30 Jahren ein Paar und haben keine Kinder.

Vor sechs Jahren mussten sie das Boot verkaufen, da Hannes Defizite wegen einer vaskulären Demenz zu groß geworden waren. Jetzt ist Hannes inkontinent und wehrt sich gegen die Pflege. Er läuft ständig umher und will nach draußen. Weder sein unsicherer Gang, seine Orientierungsschwierigkeiten noch das Zureden Elfriedes können ihn davon abhalten. Die spitalexternen Pflegerinnen rieten ihr, nach einem Heim Ausschau zu halten. Nach und nach sieht die von Schlaflosigkeit, Erschöpfung und Überforderung gezeichnete Elfriede ein, dass es so nicht weitergehen kann.

Wann ist es Zeit für den Umzug ins Heim?

Wenn diese Situationen eintreten, solltest du darüber nachdenken, deinen erkrankten Angehörigen einem Heim anzuvertrauen:

  • Deine Gesundheit als pflegende Angehörige ist gefährdet – zum Beispiel wegen Schlafmangel, Erschöpfung, andauerndem Stress oder psychischer Überbelastung. 
  • Hannes findet das WC nicht mehr, seine zunehmende Inkontinenz wird zum Problem. 
  • Hannes gefährdet sich und andere. Er stürzt oft, läuft weg, lässt Kerzen brennen, lässt den Herd an und kann Gefahren nicht mehr einschätzen. 
  • Es kommt zu schweren Konflikten – du bist so stark überfordert, dass du Dinge tust, die du nachher bereust. 
  • Die Pflege und Betreuung von Hannes ist zu anspruchsvoll geworden und erfordert 24/7-Bereitschaft durch Fachkräfte. 
  • Hannes verweigert die Unterstützung durch Dritte, manchmal will er sich auch von dir nicht helfen lassen. 
  • Hannes ist aggressiv, laut, ausfällig und verhält sich unangemessen. 
  • Hannes Gesundheit ist gefährdet wegen Gewichtsverlust,  Angstzuständen,  Vereinsamung, Unfallgefahr oder Depression. 

Wie du ein passendes Heim findest

Weit über die Hälfte der Bewohner von Alters- und Pflegeheimen haben eine Demenz wie beispielsweise Alzheimer. Deshalb hat heute fast jede Einrichtung spezielle Abteilungen und Angebote für Menschen mit Demenz. Du solltest jetzt herausfinden, wo diese Heime sind und was sie zu bieten haben. Folgende Punkte solltest du beachten:

  • Wünsche und Vorstellungen:  Was ist Hannes, dir und vielleicht weiteren Familienmitgliedern wichtig? Was hat Priorität, welche Eigenschaften eines Heims sind besonders wichtig? Falls möglich sprichst du mit Hannes darüber und hältst es schriftlich fest. 
  • Beratungsstellen der Alzheimer-Organisationen:  Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft, Alzheimer Schweiz, Austria, Luxemburg, Südtirol und Demenz Liechtenstein können dir über ihre regionalen Beratungsstellen und Hotlines Auskunft geben, welche Stelle weiterhilft.
  • Anlaufstellen der Regionen, Städte und Kommunen:  In jeder Region, Stadt und Kommune gibt es Anlaufstellen und Beauftragte für Altersfragen. Die Anschriften findest du auf der Website deines Wohnortes. 
  • Internet-Recherche: Mittels Suchmaschinen und online-Karten lassen sich Heime finden, auf Google Maps sind sie sogar mit Bewertungen versehen (die mit Vorsicht zu genießen sind). 
  • Umfrage im Bekanntenkreis: Personen aus dem Umfeld haben vielleicht Angehörige, die in Heimen leben. Vielleicht gibt es Familienmitglieder oder Bekannte, die im Gesundheitsbereich arbeiten und sich auskennen. 

Checkliste zur Auswahl eines Alters- und Pflegeheims

Wenn verschiedene Altersheime zur Auswahl stehen, könnt ihr diese besuchen und miteinander vergleichen. Es lohnt sich, dies gründlich zu machen, da dieser Entscheid für Hannes und dich weitreichende Folgen haben wird. Die folgende Checkliste zeigt euch, worauf bei der Auswahl des Heims zu achten ist.

📋 Checkliste Auswahl eines Heims

Lage

  • Ist das Heim in der näheren Umgebung unseres Wohnortes?
  • Können wir das Heim gut erreichen? (mit ÖV, Auto, zu Fuß)
  • Entspricht die Umgebung den Bedürfnissen? (Natur, Stadt, Einkaufen usw.)

Atmosphäre und Personal

  • Wie ist unser erster Eindruck?
  • Gefallen uns Einrichtung, Architektur und Garten?
  • Sind das Haus, die Zimmer und der Garten sauber und gepflegt?
  • Wie geht das Personal mit den Bewohnern um?
  • Ist das Personal während unserer Besichtigung freundlich? Sind wir willkommen?

Ausstattung

  • Wie gefallen uns die Zimmer? Sind sie hell und einladend? Haben sie einen Balkon?
  • Dürfen wir eigene Möbel und Bilder mitbringen?
  • Gibt es Einzelzimmer?
  • Gibt es größere Aufenthaltsräume?
  • Gibt es private Räume, in die wir uns zurückziehen können?
  • Sind die Zugänge und Räume barrierefrei? Gibt es Handläufe und Haltegriffe?
  • Ist mein Angehöriger gut aufgehoben und sicher in diesem Heim?

Dienstleistungen und Besuche

  • Wie sind die Dienstleistungen? (Frisör, Fußpflege, Wäsche usw.)
  • Gibt es eine Cafeteria und/oder einen Kiosk?
  • Wie ist der Speiseplan? Gibt es Auswahl? Gibt es Zimmerservice?
  • Darf mein Angehöriger zu seinen gewohnten Zeiten essen?
  • Dürfen wir bei unseren Besuchen zusammen essen?
  • Wie flexibel sind die Besuchszeiten? Darf ich auch mal über Nacht bleiben?
  • Darf ich mich auf Wunsch an der Betreuung und Pflege beteiligen?

Pflege und Medizin

  • Haben wir eine feste Ansprechperson aus dem Pflegeteam?
  • Gibt es spezielle Abteilungen und Angebote für Menschen mit Demenz?
  • Ist das Personal qualifiziert für Betreuung, Pflege und medizinische Versorgung?
  • Gibt es einen Heimarzt? Dürfen wir unseren Hausarzt behalten?
  • Gibt es regelmäßige Untersuchungen durch Haus- und Fachärzte?

Alltag und Angebote

  • Gibt es attraktive Angebote, die unseren Vorstellungen entsprechen?
    (Kultur, Sport, Ausflüge, Chor, Tanz, Malen, Gottesdienste, Museumsbesuche usw.)
  • Dürfen sich die Bewohner nützlich machen? (Kochen, Einkaufen, Gärtnern usw.)
  • Gibt es Angebote für bettlägerige Bewohner?

Kosten und Organisatorisches

  • Wie hoch sind die monatlichen Kosten? (Pflege, Betreuung, Hotellerie)
  • Wie hoch sind die Sonderkosten? (Telefon, Begleitdienste, Service usw.)
  • Wie viel davon übernimmt die Krankenversicherung?
  • Wie viel erhalten wir durch weitere Zuschüsse? (Staat, Versicherungen)
  • Gibt es Anmeldegebühren? 
  • Wie viel müssen wir selbst bezahlen?
  • Wie viel müssen wir bei Abwesenheit bezahlen? (Urlaub, Krankenhaus)
  • Gibt es freie Plätze? Gibt es Wartezeiten?
  • Wie sind die Vertragskonditionen? (Kündigungsfristen, Aufnahmebedingungen usw.)

Was du beim Umzug ins Heim beachten solltest

Der Umzug ins Heim wird für dich und Hannes ein einschneidendes Erlebnis sein. Wie er verlaufen wird, kannst du im Voraus nicht wissen, da Menschen sehr unterschiedlich auf solche Ereignisse reagieren. Vielleicht fühlt sich Hannes im neuen Zuhause auf Anhieb wohl, und du kannst dich an Dingen erfreuen, auf die du viele Jahre verzichtet hast. In diesem Fall könnt ihr eine neue Qualität eurer Beziehung erleben, weil belastende Pflegesituationen wegfallen.

Es kann aber auch sein, dass Hannes sehr traurig ist und damit deine Schuldgefühle verstärkt. Vielleicht erlebst du in der Zeit nach dem Umzug eine große Leere und weißt nicht, wie du deinem Leben wieder Sinn und Struktur geben kannst. Wenn du, Hannes und die Pflegenden in seinem künftigen Zuhause gut vorbereitet sind, wird euch vieles leichter fallen.

Sprich mit Hannes über den bevorstehenden Umzug

Sage ihm, warum es zu Hause nicht mehr geht, und verwende dazu Ich-Botschaften«: »Ich mache mir Sorgen um dich; »ich kann nicht mehr schlafen«; »ich kann dir nicht mehr recht nach dir schauen«; »ich habe Angst davor, dass du die Treppe hinunterfällst«. Teile ihm mit, dass ihr beide auf Hilfe angewiesen seid, und dass du auch im Heim für ihn da sein wirst. Unterstreiche deinen guten Willen mit Körpersprache und Berührungen.

Lass dich von Familienangehörigen und Freunden unterstützen

Auch in dieser Zeit lohnt sich ein tragfähiges Netzwerk und ein offener Umgang mit der Krankheit und ihren Folgen. Angehörige und Freunde können dich bei der Kommunikation unterstützen. Auch die Mitarbeitenden der ambulanten Pflege oder eure Hausärztin können mit Hannes über den bevorstehenden Umzug sprechen. Manchmal kommt dies besser an als von einer sehr nahestehenden Person.

Bleib ehrlich und verzichte auf Lügen

Auch wenn es aufgrund der Defizite manchmal anders erscheint: Menschen mit Demenz sind sehr feinfühlig und merken, wenn sie angelogen werden. Deshalb solltest du ehrlich und mitfühlend mit Hannes kommunizieren. Sprich offen über deine Gefühle und teile seine Gefühle. Eine einfühlende Kommunikation und die Gesprächsmethode der Validation werden euch dabei helfen.

Besorge dir professionelle Unterstützung

Schuldgefühle sind bei Angehörigen von Menschen mit Demenz Begleiter, die sich nur schwer abschütteln lassen. Die Mitarbeitenden des Heims, das ihr ausgewählt habt, kennen diese Gefühle und können dich unterstützen oder Sprechstunden bei Fachleuten vermitteln. Auch der Austausch mit Freunden oder in Gesprächsgruppen der Alzheimer-Organisationen kann dir helfen. Vielleicht kennst du einen Psychologen oder Psychiater, der dich unterstützen kann.

Schreibe auf, was Hannes ins Heim mitnehmen wird

Die Kleider, die er am liebsten trägt, Modelle von Schiffen, Bilder von der Nordsee, ein Bildband über den Seefahrer James Cook, das Abschiedsgeschenk von Hannes’ Arbeitskollegen usw.: Diese Gegenstände hat Hannes immer gemocht und sollten auch im Heim in seiner Nähe sein. Gleiches gilt für seine liebsten Möbelstücke. Mach eine Liste dieser Gegenstände, damit nichts vergessen geht.

Sorge dafür, dass das Heim und seine Mitarbeitenden informiert sind

Biografie, Charakter, Verhalten, Vorlieben und Abneigungen, Krankheitsgeschichte, Medikamente usw.: Solche Informationen helfen den Mitarbeitenden des Heims bei der Betreuung und Pflege von Hannes. Meist sind einige dieser Punkte auf den Anmeldeformularen der Heime aufgeführt. Geize nicht mit diesen Informationen; schreibe lieber zu viel als zu wenig auf. Die Pflegenden und Ärzte werden dir dankbar sein. So werden sie von Anfang an in der Lage sein, Hannes angemessen und seiner Persönlichkeit entsprechend zu begleiten.

Adressen, Versicherungen, Verträge etc.

Falls das Heim nicht in eurer Wohngemeinde liegt, musst du Hannes von eurem Wohnort abmelden und am neuen anmelden. Überprüfe auch, welche Versicherungen, Mietverträge usw. du nach Hannes’ Umzug nicht mehr brauchst und kündige sie rechtzeitig. Besonders bei allein lebenden Menschen müssen mit dem Umzug diverse Verträge gekündigt werden (Miete, TV und Internet, Elektrizität, Energie, Versicherungen, Zeitungen, Post, Serviceverträge usw.). Wenn du damit überfordert bist, holst du dir Hilfe von einem kompetenten Angehörigen oder Freund. Falls dies nicht möglich ist, holst du dir externe Unterstützung.

Finanzierung

Einen Heimplatz gibt es in den deutschsprachigen Ländern der EU ab monatlich 3000 Euro, in der Schweiz ab 8500 Franken. Mit zunehmender Pflegebedürftigkeit steigen die Kosten. Die Finanzierung des Heimaufenthaltes sowie die Beiträge von Krankenkassen, staatlichen Stellen und weiteren Versicherungen sind je nach Land (in der Schweiz auch nach Kanton) unterschiedlich geregelt. Am besten informierst du dich bei einer Alzheimer-Organisation oder einer lokalen Beratungsstelle darüber, wie du vorgehen musst. Wenn dich die Anträge, Formulare usw. überfordern, fragst du einen kundigen Angehörigen oder Freund, eventuell holst du dir auch professionelle Unterstützung.

Der Umzug ins Heim

Das Hab und Gut sortieren und einpacken, Möbel und Kisten herumtragen, die Fahrt vom alten zum neuen Wohnort: Auch an einem gut geplanten Umzugstag entsteht Hektik – und in eurem Fall können auch starke Emotionen hinzukommen. In den meisten Fällen sollte dies dem Betroffenen erspart werden (falls er nicht den Willen geäußert hat, beim Umzug zu helfen). Im Idealfall unternimmt ein enger Vertrauter einen Ausflug mit Hannes, während du dich zusammen mit Helfern um den Umzug kümmerst. So kann das Zimmer im Altersheim bereits eingerichtet sein, wenn Hannes dort ankommt.

Das Ankommen im Heim

Das Personal im Heim weiß in der Regel am besten, wie die ersten Stunden und Tage im Heim gelingen können. Tausche dich schon vor dem Umzug mit ihnen darüber aus und bringe deine Vorschläge ein. In den ersten Stunden wird sich eine Mitarbeitende speziell um Hannes kümmern. Sie wird ihm das Haus zeigen und die Mitbewohner vorstellen. Während dieser Zeit kannst du dich mit der Stationsleiterin und/oder der für Hannes zuständigen Pflegenden austauschen und sie über Hannes (Charakter, Vorlieben, Tagesrhythmus, Biografie usw.) informieren. 

Der Abschied und die ersten Stunden allein zu Hause

Wahrscheinlich hast du dich schon lange gefürchtet vor dem Moment, in dem du dich von Hannes verabschieden und ihn im Heim zurücklassen wirst. Am besten fragst du die Pflegenden, wie ihr diesen Moment gestalten könnt. Auch hier gibt es keine allgemein gültigen Rezepte. Wichtig ist, dass ihr beide danach nicht allein seid. Eine Pflegerin wird sich um Hannes kümmern, und du hast am besten eine enge Vertraute bei dir, die dich nach Hause bringen und dir zur Seite stehen wird.

Wie das Einleben und die Zusammenarbeit mit dem Heim gelingen kann


Der Umzug ins Heim und der Umstand, dass du nicht mehr mit Hannes zusammenlebst und ihn pflegst, kann für euch beide sehr verschiedene Auswirkungen haben. Unabhängig davon geht es jetzt vor allem darum, dass Hannes im Heim angemessen betreut und gepflegt wird. Du solltest auch deine Besuchstage und die Zusammenarbeit mit dem Personal gestalten und pflegen.

Nachfolgend geben wir dir einige Hinweise, wie der Austausch und das Zusammenwirken gelingen können. Wie so oft machen wir dich auch hier darauf aufmerksam: Die Bedürfnisse von Menschen mit Demenz und Angehörigen sind sehr individuell, gleiches gilt für Altersheime und ihre Angebote. Bei deinem Handeln und Verhalten solltest du immer die Bedürfnisse von Hannes im Auge behalten.

Kontakt zu den Pflegenden

Halte regelmäßigen Kontakt zu den Pflegenden (vor allem zu Hannes’ Hauptpflegeperson) und den Verantwortlichen des Altersheims. Informiere sie über Hannes’ Bedürfnisse und Vorlieben sowie über eventuelle Veränderungen im Gemüts- und Gesundheitszustand. So könnt ihr potenzielle Probleme früh erkennen und entschärfen.

Besuche

Besuche Hannes regelmäßig im Altersheim. Dies zeigt ihm, dass du dich um ihn kümmerst, und ermöglicht es dir, seinen Zustand und seine Bedürfnisse persönlich zu überprüfen. Überlege gut, wie du die Besuche gestalten kannst und beobachte, wie er auf deine Angebote reagiert. Vielleicht ist er in der ersten Zeit seines Aufenthalts bei deinen Besuchen so aufgeregt, dass du besser weniger häufig kommst. Vielleicht ist es auch umgekehrt, und du solltest gerade am Anfang viel Zeit mit ihm verbringen. Frage die Pflegenden nach ihrer Meinung zur Häufigkeit deiner Besuche.

Veranstaltungen

Altersheime organisieren verschiedene Veranstaltungen – zum Beispiel Referate von Fachpersonen, Festessen zu Feiertagen, Konzerte usw. Wenn du daran teilnimmst, kannst du Personal, Mitbewohner und andere Angehörige sowie die Kultur des Heims besser kennenlernen. Du bekommst hier auch die Chance, Rückmeldungen zu geben und an Entscheidungen teilzuhaben. Vielleicht ermutigt dich dies auch, im Angehörigenrat mitzuwirken oder neue Bekanntschaften zu schließen.

Pflege- und Betreuungsplanung

Du kannst gemeinsam mit dem Personal einen Pflege- und Betreuungsplan für Hannes entwickeln. Teile deine Kenntnisse über Hannes’ Biografie, Bedürfnisse, Vorlieben und Routinen mit. Informiere dich über das Aktivierungs- und Entspannungsangebot des Heims und sage dem Personal, welche Angebote deiner Meinung nach für Hannes interessant sein könnten.

Sei dir aber bewusst: Wichtig ist, was Hannes in dieser Lebensphase gefällt und gut bekommt. Mit einer Demenz können sich die Bedürfnisse stark verändern. Es ist gut möglich, dass er Beschäftigungen ablehnt, die ihm früher gefallen haben. Auch hier gilt: Gut beobachten, wie er auf die Angebote reagiert und gegebenenfalls Änderungen vornehmen.

Unterstützung anbieten

Wenn es dir und Hannes guttut, kannst du gewisse Pflege- und Betreuungshandlungen in Absprache mit dem Personal übernehmen. Da in vielen Heimen das Personal knapp ist, könnte deine Unterstützung (zum Beispiel beim Essen) sehr willkommen sein. Biete auch deine Hilfe an für Besorgungen, Organisation von Aktivitäten, Begleitung zu Arztterminen oder Ausflügen usw. So zeigst du dem Personal deine Wertschätzung und förderst Hannes’ Wohlbefinden.

Offenheit und Respekt

Zeige deinen Respekt gegenüber dem Personal und den Mitbewohnern. Sei offen für ihre Vorschläge und Anregungen, die Hannes’ Betreuung und Pflege betreffen. Sei dir bewusst, dass sie mit der Zeit sehr vertraut sind mit ihm und seine Bedürfnisse vielleicht besser kennen als du. Sei dir auch bewusst, dass das Heim nicht alle deine Wünsche erfüllen kann, weil die Ressourcen nicht vorhanden sind. Respektiere die Entscheidungen des Personals zur Pflege, Betreuung und medizinischen Versorgung.

Verhalten bei Konflikten

Falls du in einem offenen und respektvollen Austausch mit Hannes’ Pflegenden bist – und sie auch mit dir – werdet ihr Lösungen finden, mit denen alle leben können. Auch wenn dies nicht mehr der Fall ist, solltest du ruhig und sachlich bleiben. Dokumentiere deine Beobachtungen und Wünsche. Vielleicht kannst du eine Mediation in Anspruch nehmen.

Die meisten Altersheime haben ein Beschwerdemanagement. Informiere dich darüber und gebe deine Beschwerde nach den Richtlinien ein. Wenn dies nicht hilft, kannst du dich an eine Ombudsstelle für Altersheime oder andere zuständige Behörden wenden. In extremen Fällen – zum Beispiel, wenn Hannes’ Wohlbefinden und Gesundheit gefährdet sind – kannst du auch einen Anwalt beiziehen, der auf Pflegerecht spezialisiert ist.

Wie du wieder im »normalen« Leben ankommst

Als pflegende Angehörige hast du wahrscheinlich mehrere Jahre lang deine eigenen Bedürfnisse vernachlässigt. Du hast vor allem für Hannes gesorgt, du hast ihn auf seinem Weg treu und tapfer begleitet. Mit der fortschreitenden Krankheit und den damit verbundenen Defiziten bist du immer mehr gefordert worden. Vielleicht hast du auch Grenzen überschritten und bist jetzt erschöpft und ausgebrannt.

Jetzt sind die Aufgaben und die damit verbundenen Belastungen weggefallen. Vielleicht kommst du mit deinen neuen Freiheiten sehr gut zurecht und genießt es, wieder nach deinen Bedürfnissen zu leben. Vielleicht fühlst du dich auch leer und hast Mühe, deinem Alltag wieder Struktur und Sinn zu geben. So oder so lohnt es sich, wenn du dir jetzt ein paar grundlegende Gedanken machst über dein Leben, deine Beziehungen und deinen Alltag.

Führe eine Wunsch- und Abenteuerliste

Was wolltest du schon immer unternehmen und hast es stets auf später verschoben? Wovon hast du als Kind geträumt? Was sind deine größten Wünsche? Mache eine Liste und plane die Umsetzung. Sorge dafür, dass du regelmäßig einen Haken auf der Liste machen kannst.

Wer und was ist gut für dich?

Denk darüber nach, in welchen Situationen du glücklich bist. Was stärkt dich, wer und was gibt dir ein gutes Gefühl? Was zaubert dir ein Lächeln ins Gesicht? Sorge dafür, dass du viel Zeit so verbringst, damit du dich wohlfühlst. Vermeide Situationen, die dich schwächen. Womöglich wirst du erkennen, dass dir gewisse Routinen und Menschen schaden. Es ist jetzt Zeit, einen Schlussstrich zu ziehen und dein Leben zu entrümpeln. Konzentriere dich auf das, was dir wirklich guttut!

Genieße das Schöne, sei hygge

Genieße die guten Seiten des Lebens und umgib dich mit schönen Dingen! Hänge Bilder auf, die dir gefallen, entsorge Möbel und Kleider, die dich schon lange genervt haben. Sorge dafür, dass du dich in deinen vier Wänden wohl fühlst, und geh an Orte, an denen du gern bist. Pflege täglich die Sinne und kultiviere Rituale. Zünde Kerzen an, decke den Tisch stilvoll und verwende feine Düfte. Sei hygge, wie die Skandinavier sagen!

Geh an die Sonne und in die Natur

Das Sonnenlicht ist ein wichtiger Kraftstoff für Körper und Seele. Es steuert unter anderem den Schlafrhythmus, der sehr wichtig ist für dein Wohlbefinden. Auch frische Luft und die reichen Sinneseindrücke der Natur werden dir gut bekommen. Ein Spaziergang durch einen Wald oder eine Wanderung in den Bergen sind körperliche und seelische Wohltaten.

Halte Körper und Geist in Bewegung

Bewegung hält gesund – seelisch und körperlich. Mache Wanderungen oder Fahrradtouren. Besuche Yogastunden oder Tanzkurse. Vertiefe deine Englischkenntnisse oder lerne eine neue Sprache. Nimm das Musikinstrument hervor, das du schon lange nicht mehr gespielt hast, und besuche Lektionen. Spüre deinen Vorlieben und Interessen nach und tu das, worauf du Lust hast.

Pflege deine Beziehungen

Womöglich hast du deine Beziehungen wegen Hannes’ Betreuung und Pflege lange vernachlässigt. Jetzt ist es Zeit, deine Kontakte zu reaktivieren! Wenn wir in Beziehungen zu anderen Menschen treten, die uns guttun, schüttet unser Körper das Glückshormon Oxytocin aus. Das ist essenziell, damit wir uns wohl und aufgehoben fühlen. Schaffe Raum für deine Freunde, macht zusammen Ausflüge, Spiele, Sport und andere Aktivitäten. Das bringt dich auch auf andere Gedanken und hilft dir, die Erlebnisse der letzten Jahre und Gegenwärtiges zu verarbeiten.

Arbeitsblätter, Checklisten & Co.

Die folgende Checkliste zeigt euch, worauf bei der Auswahl des Heims zu achten ist:

📋 Checkliste Auswahl eines Heims

Videos zum Thema

Diese Videos zeigen dir, wie andere Angehörige den Umzug ins Heim erlebt haben:

Quelle SWR/YouTube
Quelle SRF/YouTube

Wichtige Artikel zum Heimeintritt


Aus dem Lexikon demenzwiki


Aus dem Magazin demenzjournal

Häufig gestellte Fragen (FAQ) zum Heimeintritt

Hier findest du die wichtigsten Fragen zu »Leben im Heim«. Solltest du einmal nicht fündig werden, schreibe uns. Wir helfen dir gerne weiter 😊

Wann muss man mit Demenz ins Heim?

Dies hängt stark vom Zustand der demenzkranken Person, ihrem Umfeld und den Betreuungspersonen ab. Grundsätzlich ist es Zeit für den Umzug, wenn die Gesundheit und Sicherheit des Betroffenen und/oder seiner Angehöriger gefährdet sind. Die häufigsten Ursachen für den Umzug sind Inkontinenz, gestörter Tag-Nacht-Rhythmus und herausforderndes Verhalten. Dieses führt oft zu Erschöpfung und Überforderung der betreuenden Angehörigen.

Was soll ich machen, wenn mein demenzkranker Angehöriger nicht ins Heim will?

In solchen Situationen solltest du dich zuerst einmal in den demenzkranken Menschen hineinversetzen und empathisch sein. In Ich-Botschaften (ich mache mir Sorgen um dich, wir beiden brauchen Hilfe usw.) kannst du den Betroffenen ermuntern, Heime zu besichtigen und den Umzug in Betracht zu ziehen. Nützlich kann es auch sein, wenn weitere Personen mit ihm sprechen. Am Anfang dieses Navis haben wir weitere Tipps aufgelistet. Ein letzter Ausweg ist die Einweisung durch eine Erwachsenenschutzbehörde.

Wie oft soll man Menschen mit Demenz im Heim besuchen?

Das hängt von vielen Faktoren ab: Bedürfnisse deines demenzkranken Angehörigen, deine Bedürfnisse, Besuchsregelungen des Heims, Einschätzung des Pflegepersonals usw. Auf jeden Fall solltest du deine Besuche und die Zeit, die du im Heim verbringst, planen. Du solltest gut beobachten, wie dein Angehöriger reagiert. Manchmal verursachen Besuche Freude und Abwechslung, manchmal auch Unruhe und Trauer.

Wie lange leben Menschen mit Demenz im Heim?

Auch dies hängt von vielen Faktoren ab: körperlicher und seelischer Zustand des Betroffenen, Art der Betreuung, Pflege und medizinischen Versorgung, Art des Lebensraums usw. Weil heute die ambulanten Pflegedienste gut ausgebaut sind, kommen die Menschen in der Regel spät ins Heim und leben durchschnittlich ein bis drei Jahre dort. Einige sterben in den ersten Monaten nach dem Einzug, andere verbringen viele Jahre im Heim.

Wie viel kostet ein Heim?

Die Kosten variieren je nach Pflegebedürftigkeit, Land, Region und Art des Heims. In den deutschsprachigen EU-Ländern gibt es Plätze im Pflegeheim ab rund 3000 Euro pro Monat, in der Schweiz ab 8500 Franken. Bei hohem Pflegegrad steigen die Kosten. Die meisten Heime veröffentlichen ihre monatlichen Kosten auf ihrer Website und in den Dokumentationen zur Anmeldung.

Wer bezahlt die Kosten für das Heim?

Wie viel der Bewohner und seine Angehörigen an die Heimkosten bezahlen müssen, variiert je nach Land und Region. Die Kosten für Pflege deckt die Krankenkasse, die Kosten für Unterkunft und Essen bezahlen die Bewohner in der Regel selbst (in der Schweiz auch die Betreuung). Wenn die Rente und das Vermögen nicht ausreichen, gibt es verschiedene staatliche Unterstützungsleistungen. Weitere Informationen dazu findest du im Beitrag Finanzierung auf demenzwiki.

Wie schnell kann sich der Zustand eines Menschen mit Demenz verschlechtern?

Der Verlauf ist abhängig von der Art der Demenz, vom körperlichen und seelischen Zustand des Betroffenen, von der pflegerischen und medizinischen Versorgung, vom Umfeld und von weiteren Faktoren. Bei Alzheimer verläuft die Krankheit in der Regel linear, bei einer Vaskulären Demenz kommt es oft zu einem schubweisen Abbau. Durchschnittlich dauert es vom Auftreten der ersten eindeutigen Anzeichen bis zum Tod sieben bis zehn Jahre.

Wie viel des privaten Vermögens dürfen Bewohner von Heimen behalten?

Für die Klärung finanzieller Fragen empfehlen wir, eine Beratung in Anspruch zu nehmen. Alzheimer- und Altersorganisationen bieten diese in der Regel auf ihren Regionalstellen an. Auch Mitarbeitende der Sozialämter können weiterhelfen.

Nachfolgend ein paar grundlegende Informationen, Stand 2024: In Deutschland beträgt das Schonvermögen für Alleinstehende 10’000 Euro, für Eheleute 20’000 Euro. Bevor die Sozialhilfe beansprucht werden kann, werden die Kinder zur Kasse gebeten, sofern sie jährlich über 100’000 Euro verdienen oder in den letzten Jahren ein vorgezogenes Erbe erhalten haben. In der Schweiz beträgt der Schonbetrag für Alleinstehende 37’500 Franken, für Ehepaare 60’000 Franken. In Österreich beträgt das Schonvermögen 6’935 Euro.

Buch »Dement, aber nicht bescheuert«: Für die Angehörigen ist der Heimeintritt ein Wechselbad der Gefühle, schreibt der Demenz-Experte Michael Schmieder. > mehr dazu

Buch »Da und doch so fern«: Pauline Boss geht auf die Anliegen der Angehörigen ein und hilft ihnen zu akzeptieren, dass sie nicht alles unter Kontrolle haben müssen und auch negative Gefühle zulassen dürfen. > mehr dazu

Buch »Umzug ins Pflegeheim«: Die Broschüre der Deutschen Alzheimer Gesellschaft gibt Hinweise zur Auswahl des Heims, zum Umzug, zur Finanzierung und zur Gestaltung des Zimmers. > mehr dazu

Buch »Das 1×1 der Palliative Care«: Menschen mit fortgeschrittener Demenz brauchen achtsame und lindernde Betreuung und Pflege. Das Buch von Steffen Eychmüller macht Mut, sich den Herausforderungen zu stellen. > mehr dazu

So geht es weiter

Dein erkrankter Angehöriger ist jetzt im Heim und wird dort hoffentlich liebevoll und angemessen gepflegt. Auch bei guter Pflege wird sich sein Zustand weiter verschlechtern. Im nächsten Navi erfährst du, welche Anzeichen auf den nahenden Tod hindeuten und wie du ihn in der letzten Phase seines Lebens begleiten kannst.

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