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Komplementäre Therapien

Von der Utopie zur Realität

Pflegefachpersonen haben wesentlich dazu beigetragen, dass komplementäre Therapien am Bett des Patienten Einzug gehalten haben – oft inoffiziell, manchmal im Verborgenen. Bild Daniel Kellenberger

Seit Jahren setzen sich Pflegefachpersonen aus der Westschweiz und dem Tessin für eine validierte und zertifizierte Weiterbildung in Komplementärmedizin ein. Jetzt wollen sie sich noch besser vernetzen. Langfristig ist ein eidgenössisches Diplom das Ziel.

2006 gründeten Westschweizer und Tessiner Pflegefachfrauen mit vertieften Kenntnissen in Komplementärmedizin die ISMAC (Infirmières specialisées en médicine alternative et complémentaire).

Zu den Zielen der ISMAC gehörte von Beginn an die Schaffung einer validierten und zertifizierten Weiterbildung für Pflegefachpersonen.

Ja zur integrativen Medizin

Zwölf Jahre später, gestärkt einerseits durch die Volksabstimmung von 2009 zur Komplementärmedizin, andererseits durch die Entwicklung der integrativen Medizin in verschiedenen Schweizer Krankenhäusern, sieht es so aus, als ob das Ziel einer validierten und anerkannten Ausbildung im Bereich der integrativen Medizin in greifbare Nähe rückt.

In der integrativen Medizin, definiert als die gleichzeitige Anwendung von schulmedizinischen und komplementären Methoden zur bestmöglichen Versorgung der Patienten, steht das Patientenergebnis im Zentrum, unabhängig von der gewählten Methode. Es geht darum, einen oder mehrere komplementärmedizinische Ansätze in den Behandlungsplan zu integrieren.

Eine sinnvolle Entwicklung

Eine validierte und anerkannte Spezialisierung macht im aktuellen Kontext Sinn. Eine Mehrheit der Bevölkerung nutzt komplementäre Methoden. Auch in spezialisierten Bereichen wie der Onkologie, der Rehabilitation oder bei chronischen Krankheiten kommen sie vermehrt zum Einsatz.

Aufruf zur Bildung eines nationalen Netzwerks

Um das Ziel eines eidgenössischen Diploms zu erreichen, möchte sich die ISMAC auch mit Pflegefachpersonen aus der Deutschschweiz vernetzen, die komplementäreTherapien anwenden. Interessierte melden sich
bei genevieve.lavanchy@ismac.ch

Gerade in hochkomplexen und schwierigen Situationen sind komplementäre Therapien hilfreich. Ihre Wirksamkeit ist insbesondere bei der Linderung von Nebenwirkungen, Schmerzen oder Ängsten zunehmend auch wissenschaftlich belegt.

Die höhere Lebenserwartung und die Zunahme von chronischen Erkrankungen führen dazu, dass der Fokus einer Therapie immer öfter nicht auf der Heilung des Patienten liegt, sondern auf einer mit ihm gemeinsam definierten möglichst hohen Lebensqualität.

In dieser Hinsicht bietet die Komplementärmedizin interessante Perspektiven für die Bevölkerung und das Gesundheitssystem. Das zeigt sich auch darin, dass neben integrativmedizinischen Ambulatorien zunehmend auch Krankenhäuser diese Ansätze einführen.

Zu nennen sind etwa das Institut für komplementäre und integrative Medizin am Universitätsspital Zürich oder das Zentrum für integrative Medizin am Kantonsspital St. Gallen.

Die Beispiele zeigen, dass sich die Schulmedizin der Komplementärmedizin öffnet, was eine adäquatere und zufriedenstellendere Betreuung der Patienten ermöglicht, die so von einem echten Mehrwert profitieren.

Erwiesene Vorteile

Die Rolle des Internets bei der Verbreitung von seriösen und validierten Studien über die Wirksamkeit von komplementären Methoden, der Zusatznutzen, den sie den schulmedizinischen Therapien bringen, als auch die Rolle, die dem Patienten im Zusammenhang mit seiner Behandlung zuteil wird, haben wesentlich dazu beigetragen, dass ein Paradigmenwechsel stattgefunden hat.

Das hat auch das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation SBFI erkannt, das 2009 die Profile der verschiedenen komplementärmedizinischen Berufe definierte und mit einem eidgenössischen Diplom validierte.

Vorschlagen, beraten, koordinieren

Die ISMAC hat schon 2006 ihre Ziele dahingehend definiert. Damit hat sie diese Entwicklung und das wachsende Bedürfnis der Bevölkerung nach komplementären Therapien antizipiert.

In diesem Zusammenhang ist es auch wichtig daran zu erinnern, dass es Pflegefachpersonen waren, die wesentlich dazu beitrugen, dass die Komplementärmedizin am Bett der Patienten Einzug gehalten hat – oft inoffziell und manchmal im Verborgenen.

Heute ist es wichtig, dass Pflegefachpersonen dazu befähigt sind, mit den Herausforderung der integrativen Medizin umzugehen.

Sie spielen im Behandlungsplan des Patienten eine wichtige Rolle und koordinieren die verschiedenen Schritte.

Dabei geht es weniger darum, dass sie einzelne komplementäre Methoden beherrschen, sondern dass sie vorschlagen, einschätzen oder beraten können, ob die Anwendung einer bestimmten Methode hilfreich sein könnte.

Die Entwicklung ist in vollem Gang und es geht darum, einem Bedürfnis der Bevölkerung nachzukommen.

«demenzjournal.com hilft Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen mit Wissen und Verständnis. Das schafft positive Lebensimpulse.»

Kurt Aeschbacher, Moderator und Verleger

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Neuer Bildungsgang, Ziel eidgenössisches Diplom


Das von der ISMAC definierte Berufsprofil ähnelt, abgesehen von den komplementärmedizinischen Aspekten, jenem der Höheren Fachausbildung Höfa1. Da diese Weiterbildung derzeit in ein eidgenössisches Diplom überführt wird, hat die ISMAC, unterstützt vom SBK, beschlossen, diesen Weg einzuschlagen.

So gibt es bereits ab Frühjahr 2019 beim Bildungszentrum Espaces Compétences die Möglichkeit, den ensprechenden Bildungsgang zu absolvieren.

Da die Konzepte der integrativen Medizin und des Patienten als Partner in den Bereich der Krankenhausstrategie, resp. der Gesundheitspolitik im Allgemeinen fallen, hat der Bildungsgang zum Ziel, dass es dem Behandlungsteam ermöglicht wird, komplementäre Methoden zusätzlich zu den schulmedizinischen zu integrieren und zwar mit einem direkten Bezug zum jeweiligen Patienten und seinem Behandlungsplan, und im vollen Wissen über die Wirkungen und Kontraindikationen der gewählten komplementären Methoden.

Um die Anforderungen an den Bildungsgang zu definieren, wird die ISMAC seit Anfang 2018 von einem wissenschaftlichen Ausschuss untersützt. Diese besteht aus Expertinnen und Experten verschiedener komplementärer Methoden, Medizin, Pharmazie, Pflege und Bildung sowie Vertretern von H+ und Espace Compétences.

Dachverband Komplementärmedizin Dakomed


Der Dachverband Komplementärmedizin setzt sich für die Anerkennung und Berücksichtigung der Komplementärmedizin im schweizerischen Gesundheitswesen ein. Er wurde 2009 gegründet, um die Kernforderungen umzusetzen, die mit Artikel 118a der Bundesverfassung verbunden sind:

• Die Förderung der integrativen Medizin (Zusammenarbeit von Schul- und Komplementärmedizin)
• Die Aufnahme ärztlicher Richtungen der Komplementärmedizin in die Grundversicherung und in die weiteren Sozialversicherungen
• Die Förderung von Lehre und Forschung
• Die Schaffung nationaler Diplome und kantonaler Berufszulassungen für nichtärztliche Therapeuten
• Die Sicherstellung der Vielfalt komplementärmedizinischer und pflanzlicher Heilmittel

Gründungsmitglieder sind Ärzte- und Therapeutenorganisationen, Spitäler, Schulen, Gesundheitsorganisationen, der Schweizerische Drogistenverband und der Herstellerverband für komplementärmedizinische und pflanzliche Heilmittel (SVKH). Mitglied ist neben dem SBK auch die Westschweizer Organisation ISMAC «infirmières spécialisées en médecine alternative et complémentaire ». In Kürze wird auch der Verein «Integrative Kliniken» dem Dachverband beitreten.

Hier finden Sie weitere Informationen zu dakomed

Dieser Beitrag erschien in der Zeitschrift «Krankenpflege» des SBK (Schweizer Berufsverband der Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner), Nr.11/2018. Herzlichen Dank an die Redaktion für die Gelegenheit der Zweitverwertung!