In diesem Film geht es weder um Demenz noch um eine andere Krankheit. Gut, übergewichtig ist Armin schon, der eine Hauptdarsteller. Trotzdem geht es ihm gut: Er besitzt einen Palazzo im Tessiner Bergdorf Cumiasca, den er detailverliebt renoviert und eingerichtet hat.
Er hat Geld und gute Bücher. Er brennt Schnaps, er kocht, isst und trinkt gerne. Sein wichtigstes Lebenselixier aber ist sein bevorstehendes Sterben. Er will es mit 70 vollziehen – bei bester Gesundheit und nach jahrelanger akribischer Planung. «70 Jahre sind genug», sagt er.
Damit provoziert er seinen Freund und Nachbarn Goffredo. Der hat sich eben pensionieren lassen und arbeitet an einer Zukunft, die rosa werden soll. Nach Jahrzehnten als Familienvater und Lehrer hat er endlich die Freiheit, die er sich immer gewünscht hat.
Er werkelt an seinen Skulpturen, schlägt Wände heraus, mischt Beton. Er filmt Landschaft und Menschen in seiner neuen Heimat im Bleniotal. Aber Armins Absicht durchdringt Goffredos Optimismus wie ein bedrohliches Virus.
In seiner Ratlosigkeit schreibt Goffredo seinem Sohn, dem Filmemacher Gregor Frei:
Caro Gregor. Gestern war ich mit der Kamera beim Nachbarn, dem einzigen hier oben daueransässigen Zücchin. So nennen die Einheimischen uns Deutschschweizer. Seine Mutter hat bei ihm den Exit-Giftbecher genommen, und nun sprach er auch schon, obwohl gesund, vom ‹Gehen mit 70›. Die Sache geht mir unter die Haut. Können wir heute oder morgen kabeln? Ci vediamo. Papagoffredo.
Bald taucht Gregor in Cumiasca auf und bittet den Lebensmüden und den Optimisten zum Gespräch vor laufender Kamera. Weder Armin noch Gregor erfüllen Goffredos Wunsch, über alte Geschichten aus dem Bleniotal zu reden.
Sie wollen lieber über Armins geplanten Freitod und seine mit Schalk und Zynismus vorgetragenen Argumente diskutieren. Goffredo ist überfordert, ringt nach Worten und provoziert das Zerwürfnis mit seinem Nachbarn und seinem Sohn.
Nach dem Streit leisten Vater und Sohn vor und hinter der Kamera Beziehungsarbeit und schaffen damit einen neuen Handlungsstrang. Gegen das Ende des Films hin zeigt sich, dass die Begegnung mit Armin und die Konfrontation mit seinem Todeswunsch die Beziehung zwischen Goffredo und Gregor auf ein neue Ebene bringt. Die beiden lösen sich von Erwartungen und Rollenbildern.