Aus Negativem wird Positives geboren
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Kongress in Fürth

Aus Negativem wird Positives geboren

Beirat Leben mit Demenz der Deutschen Alzheimer Gesellaschaft

Der Beirat »Leben mit Demenz« mit Volkmar Schwabe (3. von rechts) nimmt am Kongress der Deutschen Alzheimer Gesellschaft die stehenden Ovationen entgegen. Bild DAlzG/Thomas Langer

Inspirierende Referate und Workshops, herzliche Begegnungen und eine Standing Ovation für den Beirat »Leben mit Demenz«: Vergangene Woche fand in Fürth der 12. Kongress der Deutschen Alzheimer Gesellschaft statt.

Von Volkmar Schwabe*

Achtung: Das ist KEIN redaktioneller Kongressbericht. Dafür ist die Susanne Saxl als Mediensprecherin der Deutschen Alzheimer Gesellschaft zuständig und höchst kompetent. Sie hat das ja allein schon mit ihrer täglichen aktuellen Berichterstattung vom Kongress in hervorragendem Maße bewiesen. Kompliment dafür. 

Das hier ist ein ganz persönlicher Bericht eines Menschen, der das ganz große Glück hatte, an diesem großartigen Kongress in Fürth (sogar aktiv) teilnehmen zu dürfen. Ist quasi eine Art »Outing«.

Wie es die Teilnehmer:innen am Kongress erleben konnten (oder mussten), bin ich Beirat in der Deutschen Alzheimer Gesellschaft. Als Newcomer. In dieser speziellen Rolle durfte ich den Kongress auch mit besonderer Sichtweise und auch ganz besonderer Emotionalität und Tiefe erleben. 

Vorausgeschickt: Dass mir das Universum diese Aufgabe als Beirat gegeben hat, macht mich nicht nur zutiefst demütig und dankbar, sondern hat mein Leben von Grund auf verändert.

Volkmar Schwabe
Volkmar Schwabe.

Seit einigen Jahren leide ich an Alzheimer Demenz (mit höchst offizieller Diagnose).

Mittlerweile hat sich allerdings das zunächst damit verbundene sehr grosse Leiden an den immer größer werdenden Problemen bei der Bewältigung des Alltags in »radikale Akzeptanz« umgewandelt. Ich leide nicht mehr hauptsächlich darunter, sondern ich habe diese neue und große Herausforderung, vielleicht und vermutlich die größte meines Lebens, angenommen. Und aus dieser Akzeptanz neuen Mut geschöpft. Und es ist mir ein Anliegen, diesen bisher absolut berechtigten Mut weiterzugeben. Die wundervolle Tätigkeit als Beirat in der Deutschen Alzheimer Gesellschaft ist eine ganz hervorragende Plattform dafür.

Lassen Sie mich das bildhaft ausdrücken: Seit ich in diese Beiratstätigkeit berufen wurde, hat sich mein Lebensfluss von Grund auf verändert. Kam er als immer kleiner werdender Bach immer mehr ins Stocken, so hat er sich nun – wie wundersam – wieder in einen kraftvoll fließenden Fluss verwandelt, der durch wunderschöne Landschaften fließt.

Das ist nicht nur das Ergebnis einer fantasiebegabten bildhaften Sprache, das ist die Realität, wie ich sie mittlerweile erlebe. 

Höhepunkt dieses neuen Erlebens war zweifellos meine erste Kongressteilnahme in Fürth. Es fällt mir immer noch schwer, dieses in Worte zu fassen, weil es ein mich zutiefst berührendes Erlebnis gewesen ist.

Ich konnte hier hautnah erleben, dass alle diese 700 Teilnehmer:innen, die ja auch alle ausnahmslos im Umfeld der Demenz aktiv und hilfreich sind, (natürlich nicht zufällig) ganz besondere Menschen sind, die mit einer ganz besonderen Schwingung und Schwingungsfähigkeit ausgestattet sind. Für einen dafür Sensiblen war das vom ersten bis zum letzten Tag quasi sekündlich zu erleben und zu erfühlen. Ich habe mich im Umfeld von so vielen solchen Menschen nie so wohl und so aufgehoben gefühlt wie dort. 

Nicht zuletzt haben auch die wundervollen, gleichermaßen klugen wie tiefgehenden Songs von Sarah Straub mit ihrer »gottgegebenen« ebenso wundervollen Stimme dazu beigetragen.

Nun hatte ich ja auch das sehr, sehr grosse Glück, dass ich mich selbst mehrfach an diesem Kongress aktivieren durfte. Die unfassbar intensiven Rückmeldungen, die ich dafür bekommen habe, haben sich ganz tief in mein Herz und in meine Seele eingegraben.

«Information über Demenz bleibt zentral demenzjournal.com leistet einen wichtigen Beitrag dazu.»

Felix Gutzwiller, Sozial- und Präventivmedinziner, alt-Ständerat

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Ich möchte mich an dieser Stelle ganz, ganz herzlich bei allen diesen tollen Menschen bedanken. Nach meinem letzten Beitrag am Samstag wurde ich – ganz sicher nicht übertrieben – von weit mehr als 50 (und sicher weniger als 100) Teilnehmer:innen angesprochen, die das Bedürfnis hatten, sich noch einmal bei mir persönlich für meinen Beitrag zu bedanken, Anmerkungen und Mut machten und Fragen dazu stellten. Das hat mich zutiefst berührt und berührt mich immer noch.

Und motiviert mich, diese Zeilen zu schreiben. 

In diesen Zusammenhang möchte ich mich auch bei meinen wunderbaren Beiratskolleg:innen bedanken, die mich mit durch diesen Kongress getragen und meine Beiträge dort in diesem Sinne erst ermöglicht haben.

Anfänglich dachte ich immer, es ist etwas ganz Schlimmes und höchst Bedrohliches, diese Krankheit zu haben. Ist es ja eigentlich auch. 

Lebensbejahend und positives Umfeld

Aber auch hier gilt mittlerweile mein Credo, dass aus jedem Negativen Positives geboren werden kann, wenn man nur dazu offen und bereit ist. Der größte Benefit meiner Krankheit ist, dass ich diese unglaublich positiven Menschen wie auf dem Kongress und im Umfeld der Deutschen Alzheimer Gesellschaft kennenlernen und ihre so lebensbejahenden Rückmeldungen erleben durfte. Und dass ich diesen daraus geschöpften neuen Mut weitergeben darf, ist etwas ganz Großes. Lässt die große Krankheit ganz klein werden.

Selbstverständlich ändert das nichts daran, dass sie in irgendeiner Form bedrohlich bleibt. Alles andere hieße, den Kopf in den Sand zu stecken. Aber ich weiss heute, dass ich im Kontext dieser phantastischen Menschen im Umfeld der Deutschen Alzheimer Gesellschaft immer auf das zurückgreifen kann und darf, was mir ein Kraftquell sein wird.

Und die mich auf diesem durchaus schweren Weg solidarisch und mit kraftschöpfender Emotion begleiten werden. 

Was gibt es Schöneres???

Was gab es Schöneres, als diesen wundervollen Kongress erleben zu dürfen?

Ich danke ALLEN Anwesenden von ganzem Herzen dafür!

Ihr Volkmar Schwabe 

Inspiration und herzlicher Austausch

Nach zweieinhalb intensiven Tagen des Austauschs und gemeinsamen Lernens mit mehr als 700 Teilnehmerinnen und Teilnehmern unter dem Motto »Demenz: Hinsehen. Helfen. Handeln.« ist am vergangenen Samstag der 12. Kongress der Deutschen Alzheimer Gesellschaft (DAlzG) im bayerischen Fürth zu Ende gegangen. Zum Abschluss hieß es: »Demenz und Einsamkeit – Wir müssen reden!«

demenzworld war als Medienpartner mit an Bord. An unserem Stand konnten die Besucher die neue KI »Alzi« testen. Wir konnten viele Kontakte knüpfen und fanden an den zahlreichen Referaten und Workshops viel Inspiration.

Deutsche Alzheimer Flashmob in Fürth
Teilnehmende des Kongresses am Flashmob in der Fürther Altstadt.Bild DAlzG/Thomas Langer

* Volkmar Schwabe (74) arbeitete als Journalist, Diplompädagoge, Sozialarbeiter und Kommunikationselektroniker. Vor vier Jahren erhielt er die Diagnose Alzheimer. Seit 2023 ist er im Beirat »Leben mit Demenz« der Deutschen Alzheimer Gesellschaft.