Sterbefasten gilt als selbstbestimmter und natürlicher Weg, den eigenen Tod vorzeitig herbeizuführen. Auch Demenzbetroffene denken mitunter über diese Methode nach, die kontrovers diskutiert wird.
Wir haben drei Gäste zum Gespräch geladen. Die diskutierten Fragen zeigen, dass Sterbefasten – und assistierte Sterbehilfe – nicht nur eine individuelle Dimension haben, sondern auch eine gesellschaftliche.
Dr. Christian Walther, Neurobiologe i.R., verfasste als Co-Autor zwei Bücher über das Sterbefasten – eines davon mit Peter Kaufmann, Stiftungsratspräsident von Palliacura. Palliacura ist eine Stiftung von Exit, die Ausbildung, Projekte und Publikationen im Bereich Palliative Care unterstützt. Michael Schmieder hat sich als Gründer des Demenzzentrums Sonnweid in Wetzikon einen Namen gemacht. Sein Betreuungskonzept findet international Beachtung.
Sterbefasten – ein sanfter Weg?
Sterbefasten ist für mich eine Möglichkeit, selbstbestimmt und in Würde vorzeitig zu sterben, ohne einen klassischen Suizid zu begehen. Deswegen sehe ich es als kompatibel mit der Hospiz-Idee an.
Dr. Christian Walther
Der Freiwillige Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit (FVNF) – umgangssprachlich Sterbefasten – gilt als selbstbestimmtes Sterben. Der Fastende kann über eine längere Zeit von seinen Angehörigen Abschied nehmen und seine Angelegenheiten in Ruhe regeln. Sollte er sich umentscheiden, kann er das Fasten in den ersten Tagen noch abbrechen.
Wie beim Heilfasten weicht das Hungergefühl beim FVNF nach etwa 48 Stunden meist einer euphorischen Stimmung. Grund dafür ist die Ausschüttung von Endorphinen. Je nach gesundheitlichem Zustand und wie konsequent verzichtet wird, dauert der Prozess etwa eine bis drei Wochen. Nach Kaufmann eine oft «freudvolle und heitere Zeit», wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind:
- Die Angehörigen unterstützen die Sterbende und helfen ihr durch moralische «Tiefs».
- Das Durstgefühl wird durch gute Mundpflege kontrolliert.
- Symptome wie Liegeschmerz oder Unruhe werden behandelt.
- Die Sterbende und ihre Angehörigen sind darüber informiert, dass schwierige Situationen auftreten können.
Obwohl Sterbefasten gern als sanfter Weg bezeichnet wird: Er ist nicht leicht und wer ihn geht, muss willensstark sein.
«Es besteht – wie bei Sterbenden generell – das Risiko, dass ein Delir auftritt», sagt Walther. Dann kann es zu Herausforderungen kommen – zum Beispiel wenn der Sterbende im Delir etwas zu trinken verlangt, die Pflegenden diesem Wunsch entsprechen und sich der Sterbewillige betrogen fühlt, sobald er aus dem Delir erwacht. Für die Betreuenden können gerade längere Prozesse auch aus diesem Grund «sehr zehrend» sein.
→ Auf sterbefasten.org finden Sie eine Sammlung an Fallbeispielen und FAQs