«Haben Sie letzte Woche das Wort zum Sonntag geschaut?», fragt Monika Stocker. «Da trat ein Armeeseelsorger in seiner Hauptmann-Uniform auf. Er sagte, dass in diesen Tagen viele junge Männer in die Rekrutenschule einrücken werden. Dann erzählte er, was wir schon vor 50 Jahren gehört haben: ‹Wir müssen für den Ernstfall! trainieren›.»
Monika Stocker
Monika Stocker (71) ist Sozialwissenschaftlerin, von1987 bis 1991 war sie Nationalrätin für die Grünen, von 1994 bis 2008 Zürcher Stadträtin und Vorsteherin des Sozialdepartementes, heute ist sie Sozialarbeiterin im Unruhestand. Sie ist Präsidentin der Unabhängigen Beschwerdestelle für das Alter (UBA) Zürich und Schaffhausen. Stocker engagiert sich in der Grossmütterrevolution – ein Think Tank, der Anliegen wie Alter, Frausein und Generationen aufnimmt und bearbeitet.
Nach der Sendung setzte sich Frau Stocker an den Computer und schrieb dem Schweizer Radio und Fernsehen (SRF), dass dieser Hauptmann aus dem falschen Jahrhundert komme und nicht ins Fernsehen gehöre. Und dass der Ernstfall längst eingetreten sei: Armut, Gewalt. Kriege in Jemen, Syrien und Somalia. Billionen für Waffensysteme, die effizienter töten.
Frau Stocker, schreiben Sie oft ans Fernsehen? «Ich dachte, jetzt bist du 71, warum musst ausgerechnet du diesen Brief schreiben?»
«Ich wünsche mir, dass die Jungen mehr machten. Aber da kommt – abgesehen von den Klimaprotesten – nichts.»
alzheimer.ch wollte von Monika Stocker wissen, was sie zu den verschiedenen Problemen im Alters- und Gesundheitswesen zu sagen hat.
Bürokratie in der Pflege
«Man geht davon aus, dass betrogen wird, und hat eine Kultur des Misstrauens installiert. Es ist absurd – jeder gute Unternehmer weiss, dass dies nicht zum Erfolg führt. Man kann in der Pflege nicht sparen, ausser man einigt sich darauf, dass man diese Menschen verwahrlosen lässt.
Es braucht Pauschalen, bei denen man davon ausgeht, dass das Personal das Optimum macht für die Bewohnerinnen und Bewohner. Dann müssen sich die Pflegenden nicht dauernd überlegen: Geht dies auf Kosten der Krankenkasse, der Gemeinde oder des Bewohners?»
Krankenkassen
«Das System funktioniert aufgrund der Fiktion eines Marktes. Warum brauchen wir in der Schweiz 60 verschiedene Krankenkassen? Jede von ihnen muss werben, braucht eine Administration und einen Verwaltungsrat.
Bei der SUVA sehen wir, dass es anders geht. Die meisten Menschen wollen einfach eine gute Versicherung. Sie wollen nicht regelmässig überprüfen müssen, ob sie bei einer anderen Versicherung besser fahren würden.»