Bist du jetzt einer mehr zu dem, den ich kenne? Bin ich jetzt eine mehr als vorher?
Wir sind auf unserer griechischen Insel: Vor mir am Ufer sitzen Bikini und Neopren mit Schnorchel und Flossen, und unter dem Fels ist ein Zelt aufgebaut. Du schwimmst ans andere Ende der Bucht, rücklings, wie immer, und deine Arme schieben dich weit nach Süden. Ob es dort noch Fische in Schwärmen gibt? Hinten beim Nasenfels verlier ich dich aus den Augen. – Aber da! Du ruderst schon wieder in der Nähe des Strands, mit beiden Armen synchron wie ein Raddampfer.
Wolkenfische
Dieser Blog handelt von der Alzheimer-Krankheit meines Mannes. Er handelt von Veränderung und Hader, aber auch von Nähe und dem Erkennen, dass die Krise, in die wir gestürzt wurden, uns auf einen Weg bringt, den wir als wahr empfinden.
– Susanna Erlanger
Und dort das Paar, das in den Kieseln am Strand steht, – steinalt, in Schwimmanzügen – die ledrige Haut braungebrannt, die Rücken gekrümmt und die Beine. Sie sind zurück vom Tauchgang. Er windet sich mit steifen Schultern nach links und nach rechts, um seine Neoprenhaut loszuwerden. Sie lehnt sich mit Mühe an einen Felsen, und zieht die Flossen aus.
Ihre Bewegungen erinnern mich an die Zeitlosigkeit, mit der sich Kleinkinder bewegen, ganz sich selbst verpflichtet und der eigenen Notwendigkeit. Ein paar Schritte entfernt tauchen junge Schwimmer aus dem Wasser auf, und es sieht so aus, als ob sie noch unendlich viel Zeit hätten, diese zu vertun.
Deine guten Absichten glätten meine Sorgen
In meinem Notizbuch steht: »Und als du schon meine Hand suchst, meine Führung, schlendern wir durch die behäbige Stadt, durch die Nebengasse mit den niedrigen Kreuzgewölben, die sich der Arkade entlang spannen, unterteilt durch breite Bögen, die, leicht schräg zu den Fassaden in gedrungene Säulen übergehen.
Die Arkade führt uns in sanftem Bogen ins Mittelalter, in die Zeit, in der sie gebaut worden ist. Wir schlendern vorbei an geschlossenen Geschäften und an geschnitzten dunklen Türen, deren Klingelschilder du mit wachem Interesse studierst, und wenn du Namen alter Geschlechter entdeckst, bist du entzückt, als ob du dahinter die Leben erahntest.«
Stimmen aus dem Totenreich
Où est ta belle figure, du, In-die-Jahre-Gekommene?
Wo ist deine Frische, wenn dich der Schreck überfällt, und du mit Schmerz davonkommst?
Müde bist du im Abenteuer, müde sogar in der Lust.
Die Augen haben ihren Glanz eingebüßt. Er kehrt nur selten zurück.
Dein Haar bewahrt noch die Farbe langer getrockneter Flechten, doch die Hände sind ohne die Eleganz der Jugend.
Der Stein der Zeit ist zerbrochen an seiner kristallenen Stelle. Der große Kiesel mit scharfen Kanten kratzt nun Kerben und Winkel in deine Haut.
In dir aber fließt der Strom, in dem du ertrinken wirst, wenn du seine Wasser fürchtest.
Es waren auch deine guten Absichten, die mithalfen, meine Wahrheit zu verdecken und das Eigenwillige in vorgestanzte Ideale zu kartieren. Du hast dich um das verlorene Wilde in mir geschlungen und die Haken im Gewebe meines Widerstands geglättet. Und ich rieb mich umso lieber an diesem letzten Aufbäumen, je lebendiger sich meine Verhinderung anfühlte.