20. Dezember 2022
Deinen ersten Roman »Luftschloss aus Stein« konntest du 1988 veröffentlichen, eine Geschichte aus der Hausbesetzer-Szene, in der sich der junge Hannes aus den Fesseln von autoritärem Elternhaus und ebenso autoritärer Arbeitswelt löst, mit anderen ein Abrisshaus besetzt und die Luft von Freiheit und selbstbestimmtem Leben schnuppert. Und dann ist da noch die herrlich radikale Carol, in die er sich sofort verliebt, eine Liebe, die sich bei der gewaltsamen Räumung durch die Polizei bewähren muss.
Heute würde man den Roman als Coming of Age-Story vermarkten. Damals war es schlicht ein Entwicklungsroman vor aktuellem Hintergrund. Du hast die Geschichte lebendig, atmosphärisch dicht und glaubhaft erzählt, auch wenn du nie in einem besetzten Haus gelebt hast. Damals kam allerdings auch noch niemand auf die Idee, ein Schriftsteller dürfe nicht fiktiv erzählen.
Insgesamt hast du sechs eigenständige Bücher veröffentlicht, einen Lyrikband, ein erzählendes Sachbuch und vier Romane.[1] Ein schmales Werk, wenn man es quantitativ betrachtet. Ein großes, qualitativ gesehen. Du hast langsam geschrieben, deine Texte immer wieder überarbeitet. In den frühen Jahren hast du sie zuerst handschriftlich verfasst. Leider existieren keine deiner Manuskripte mehr, aber ich sehe sie noch vor mir, die Seiten mit den tausend Streichungen, Überschreibungen, Überklebungen, Randnotizen und Hinweispfeilen für Umstellungen. Daraus wurden anschließend Typoskripte, von dir im Einfinger-Suchsystem auf deiner Olympia abgetippt, eine erste, zweite, dritte Fassung und auch in der letzten fanden sich dann noch Tipp-Ex-Korrekturen. Deine letzten beiden Romane hast du dann am PC geschrieben, was dir die vielen Überarbeitungen natürlich sehr erleichtert hat.