Von Elke-Maria Schroeder
Mein Mann Hans und ich führen seit knapp acht Jahren eine »Menage à trois«. Im Alltag und vor allem im Herzen sind wir einander liebende Partner geblieben. Dass wir in der Gegenwart, im Hier und Jetzt leben und verweilen, hat mit drei Wörtern zu tun, die wir aus unserem Wortschatz gestrichen haben: »Noch« und »nicht mehr«.
Katharina Bürger, Oberärztin der Gedächtnisambulanz und Vorsitzende der Alzheimer Gesellschaft München, hat uns dazu inspiriert. Im Diagnosegespräch sagte sie unter anderem: »Unternehmen sie das, was Ihnen Freude macht. Und vermeiden Sie die Wörter noch und nicht mehr.«
Wir hörten zu, aber zunächst zog es an uns vorbei. Später sprachen Hans und ich darüber, wie wir damit umgehen würden, wenn nach und nach alles anders wird. Erst im Lauf der Zeit spürten wir, was es mit den Wörtern »noch« und »nicht mehr« auf sich hat.
Ich lade sie ein, es auszuprobieren. Wie fühlt es sich an, wenn es heißt: »Er kann noch Zeitung lesen«? Oder: »Er kann Zeitung lesen«? Auch wenn sich nichts ändert an der Tatsache der Erkrankung, ändert es die Haltung und das Empfinden. Dieses »noch« weist auf den Abstieg hin, der unweigerlich kommt. Aber muss das sein? Mehrmals täglich, immer wieder?
Genauso verhält es sich mit »nicht mehr«: »Er kann die Schleife nicht mehr binden«. Oder: »Er kann die Schleife nicht binden«. »Nicht mehr« weist so sehnsuchtsvoll in die Vergangenheit. Er kann das alles nicht mehr – nicht mehr lesen, nicht mehr schreiben, nicht mehr Schleife binden usw. O je, möchte man denken, was soll werden?
Es ist ganz anders, wenn wir sagen »geht« oder »geht nicht«. Wenn nicht heute, dann vielleicht beim nächsten Mal. Probieren Sie es aus, bitte! Und spüren Sie, was diese Wörter, so gering Sie erscheinen, mit Ihnen machen.
Danke!