»Man hat nichts davon, wenn man bemitleidet wird« - demenzjournal.com

Fernseh-Ikone Frank Elstner

»Man hat nichts davon, wenn man bemitleidet wird«

Frank Elstner will anderen Mut machen, sich mit der Krankheit zu arrangieren. Sonja Bell

Seit Jahren leidet Frank Elstner unter Parkinson. Doch der legendäre TV-Moderator bleibt optimistisch und versucht die Krankheit auszubremsen – zum Beispiel durch Boxen und Tischtennis-Spielen.

Es war für ihn lange Zeit nicht ungewöhnlich, dass seine Hände zitterten. Der berühmte Fernseh-Moderator dachte, der Tremor sei dem Stress und dem Lampenfieber geschuldet. Die Aufregung vor dem Auftritt wurde im Laufe der Jahre nicht weniger, sondern nahm bei ihm, trotz aller Routine, sogar zu. Das Zittern führte auch dazu, dass seine Schrift auf den Autogrammkarten auf einmal krakelig wirkte.

Dass der Tremor andere Ursachen haben könnte, »konnte oder wollte ich nicht wahrhaben«, wie er in seinem Buch Dann zitter ich halt (Piper Verlag) schreibt. Andere schwerwiegende Beeinträchtigungen, die mit Parkinson einhergehen können, hatte er nicht, abgesehen von einer starken Unruhe in den Beinen, auch genannt Restless-Legs-Syndrom.

2016 bekam der Entertainer dann die endgültige Diagnose, damals war er 74. Es war, wie er sich erinnert, ein großer Schock für ihn: »Die Vorstellung, ein zitternder und schwerfälliger alter Mann zu werden, ist nicht gerade berauschend.«

Doch ein Satz, auf den er beim intensiven Googeln seiner Krankheit stieß, tröstete ihn: Parkinson sei kein Todesurteil, man müsse daran nicht vorzeitig sterben. Auch sein Neurologe Jens Volkmann, mit dem zusammen er das Buch schrieb, machte ihm Mut. »Mit der optimalen Medikation verbessern sich die Symptome der Patienten tatsächlich schlagartig«, so der Neurologe, »die Krankheit wird um Jahre zurückgedreht«.

Frank Elstner begann nach und nach, seine Krankheit besser zu verstehen. Er lernte, dass Patienten oft extrem impulsive, auch brutale Träume haben können, unter Umständen ein früher Hinweis auf die Krankheit, lange vor der Diagnose.

Elstner selbst kannte solche Traumkämpfe, hat nachts mitunter um sich geschlagen und dabei sogar einige Nachtischlampen kaputt gemacht. »In der Rückschau vermute ich, dass sich die Krankheit bereits ab dem Jahr 2000 breitgemacht hat, wenn nicht noch früher«, schreibt er.

Frank Elstner plädiert er für einen aufgeklärten Umgang mit der Erkrankung. SWR/YouTube

Was wäre gewesen, wenn er eher von der Krankheit gewusst hätte? Es wäre ihm schwer gefallen, meint der ehemalige Moderator, »so unbefangen weitere Fernsehsendungen zu machen, wie ich es damals getan habe«. Immerhin hatte Elstner publikumswirksame Formate wie Spiel ohne Grenzen oder Verstehen Sie Spaß? präsentiert.

Kann man unbeschwert Menschen unterhalten, wenn man weiß, wie es um einen steht? »Vielleicht war es in meinem speziellen Fall deshalb sogar besser, von der Krankheit nichts zu ahnen«, schreibt der Erfinder der Show Wetten, dass..?.

Das Konzept hat er nach eigenen Angaben in einer schlaflosen Nacht in wenigen Stunden entwickelt, als er darüber nachgrübelte, warum im Fernsehen nicht gewettet wird. Mit einer Flasche Rotwein setzte er sich an den Küchentisch und fing an zu schreiben. Daraus wurde dann eine der populärsten Fernsehshows Europas, die Thomas Gottschalk zum Superstar machte und auch in der Schweiz zahlreiche Zuschauer fand. Elstner selbst moderierte die Sendung von 1981 bis 1987.

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Parkinson-Demenz

Bei einer Parkinson-Demenz machen sich Aufmerksamkeitsdefizite und verlangsamtes Denken früh bemerkbar. Der Gedächtnisverlust kommt erst später. weiterlesen

Eine der lustigsten Wetten, dass..?-Sendungen kam übrigens 1985 aus Basel. Die Wettpatin wettete mit Moderator Frank Elstner, er würde es nicht schaffen, zehn Schweizer Bankdirektoren, als Punker verkleidet, auf die Bühne zu bringen. Kann das gut gehen? Es klappte tatsächlich, zehn coole Punk-Direktoren defilierten mit Sicherheitsnadeln im Ohr und gefärbten Haarsträhnen über die Bühne.

Frank Elstner, der im österreichischen Linz geborene Sohn von Schauspieler-Eltern, hat sich später auch den neuen Medien nicht verschlossen. 2019 – in diesem Jahr machte er seine Erkrankung öffentlich – bekam er einen Preis als bester Newcomer, den YouTube Goldene Kamera Digital-Award.

Mit seiner Gesprächsreihe Wetten, das war’s..? war er Gastgeber einer YouTube-Talkshow, interviewte Stars wie Helene Fischer oder Herbert Grönemeyer. Im Publikum der Preisverleihung saßen viele junge Leute, die dem 77jährigen Neu-YouTuber applaudierten. »Ich finde das skurril und wunderbar zugleich«, kommentiere der Preisträger damals die Auszeichnung.

»Parkinson ist keine Strafe und nichts, wofür man sich schämen müsste.« YouTube

2020 nahm er, der sich in Interviews mit seinen Gästen möglichst zurücknahm, dann endgültig Abschied vom Fernsehen. Eigentlich sei er »fürs Fernsehen gar nicht gebaut«, sagte er mal in einem Interview, er habe »den Frank Elstner immer nur gespielt«, sei ein »verhältnismäßig introvertierter Mensch«.

Die Angst, auf der Bühne einen Blackout zu haben, womöglich umzufallen, wie es einst seinem Vater auf der Bühne passiert war, hat ihn immer umgetrieben. Den Samstagabend mit Wetten, dass..? nannte er einmal das Drachentier, das er bändigen müsse.

Ist Parkinson auch so ein Drachentier, das er bändigen muss? Diesen Eindruck macht er nicht, wenn er in Interviews über seine Krankheit spricht, besonnen, klar und optimistisch – ein Vorbild für viele, die mit der Erkrankung leben müssen. Als Förderer der Deutschen Parkinson Stiftung ist es ihm wichtig, dass Forschung und Therapien intensiv vorangetrieben werden.

Es gibt ein Video, da sieht man Frank Elstner, wie er voller Energie auf einen Boxsack – ein Geschenk seiner Frau – einschlägt. In einem anderen Video spielt er konzentriert Tischtennis. Der TV-Dino hat sogar schon am Deutschen Tischtennisturnier für Parkinson-Erkrankte teilgenommen. Der Sport ist neben der Physiotherapie eine seiner wichtigsten Bewältigungsstrategien.

»Bevor ich in Depressionen verfalle, gehe ich lieber an meine Sportgeräte«, sagt er. Der 81-Jährige bezeichnet sich selbst als sehr disziplinierten Patienten und ist froh, seinen Alltag immer noch selbständig bewältigen zu können. Auch auf seine Ernährung achtet der Vater von fünf Kindern, der in dritter Ehe verheiratet ist und in Baden-Baden lebt: Seit vielen Jahren ist er Vegetarier.

Dass er den Schritt in die Öffentlichkeit gegangen ist, hat Frank Elstner nie bereut.

Er will anderen Mut machen, sich mit der Krankheit zu arrangieren, sie, wenn möglich, ein Stück weit auszubremsen, offen damit umzugehen. Viele Menschen, so Elstner, würden sich nicht trauen, zu ihrer Krankheit zu stehen und seien schon als Alkoholiker stigmatisiert worden, weil sie zittern und nicht artikuliert sprechen könnten.

»Parkinson ist keine Strafe und nichts, wofür man sich schämen müsste«, sagt er. Überhaupt plädiert er für einen aufgeklärten Umgang mit der Erkrankung – »besser jedenfalls, als zu jammern oder sich beleidigt einzuigeln. Man hat nicht wirklich etwas davon, wenn man bemitleidet wird«.


Parkinson

Die Bezeichnung der Krankheit geht auf den Londoner Arzt James Parkinson zurück. 1817 veröffentlichte er seine Beobachtungen zu der Erkrankung und nannte sie »Schüttellähmung«. Parkinson ist nicht heilbar, die Symptome sind vielgestaltig. Dazu gehören eine deutliche Bewegungsverlangsamung, Muskelsteifheit, Zittern, gebeugte Körperhaltung. Hinzu können Schlafstörungen, Ängste, Depressionen und Stimmungsschwankungen kommen. Meist beginnen die Beeinträchtigungen auf einer Körperseite. Die Krankheit entsteht dadurch, dass Nervenzellen, die den wichtigen Botenstoff Dopamin produzieren, frühzeitig absterben. Warum die Zellen absterben, ist bis heute nicht eindeutig geklärt. Parkinson wird auch mit verschiedenen Umweltgiften wie Pestiziden in Verbindung gebracht, denen die Betroffenen ausgesetzt sind. Bevor erste Symptome auftreten, ist die Krankheit schon mehrere Jahre wirksam, das heißt zahlreiche Nervenzellen sind schon abgestorben.

Die Therapie kann die Symptome zumindest reduzieren. Sie erfolgt mit Medikamenten, die den Dopaminmangel im Gehirn ausgleichen, und Bewegungsübungen, Kraft- und Ausdauertraining sowie verschiedenen Sportarten wie Schwimmen oder Tischtennis. Logopädie soll helfen, um zunehmende Schwierigkeiten beim Sprechen auszugleichen.