Es begann mit einem Krimi von Minette Walters. Elke Schilling, Initiatorin von Silbernetz, las das Buch der britischen Autorin. Was sie besonders neugierig machte: In dem Krimi wird eine Gesprächs-Hotline für alte, einsame Menschen erwähnt.
Darauf erkundigte sie sich bei der Autorin, ob es so ein Netzwerk in Großbritannien tatsächlich gibt. Walters antwortete schnell und erzählte der Deutschen von der «Silver Line». Elke Schilling zögerte nicht lange: Im Frühjahr 2014 flog sie nach London, um weiter zu recherchieren. Danach beschloss die Rentnerin, selbst eine solche Hotline auf die Beine zu stellen.
Im September 2018 ging Silbernetz an den Start, Spenden und eine Förderung durch die Berliner Lotto-Stiftung halfen. Am Anfang waren es fünf, heute sind es 15 Angestellte, die im Berliner Büro arbeiten. Mehr als 16’000 Gespräche haben sie bereits geführt, immer von morgens um acht bis 22 Uhr, der Anruf ist kostenlos. Die Menschen, die anrufen, bleiben anonym, keiner muss seine Identität preisgeben.
Sie erzählen von ihren Sorgenschleifen im Kopf, von ihren Ängsten. Und von ihrer Einsamkeit, für manchen ein ständiger Begleiter, rund um die Uhr. Die sich ins Leben einschleicht und die nicht nur zermürbend, sondern auch gefährlich ist, weil sie krank machen kann. Manche, so Schilling, rufen an, um einfach mal die eigene Stimme zu hören.
Ein 78-jähriger Mann sagt: «Bei mir ist es einfach nur still. In den letzten beiden Wochen habe ich mit keinem einzigen Menschen gesprochen.»
Ein anderer klagt: «Mir fehlt einfach jemand zum Reden. Dafür hat ja heute niemand mehr Zeit. Alles muss immer schnell gehen, ob im Laden, in der Apotheke, beim Arzt. Immer heißt es: keine Zeit, keine Zeit.»
«Alterseinsamkeit ist ein Tabuthema», weiß Elke Schilling. «Die Einsamkeit alter Menschen bleibt häufig unbemerkt, selbst Nachbarn bekommen davon oft nichts mit.» Sie selbst hat da eine traurige Erfahrung gemacht: Ihr Nachbar, mit dem sie in einem Berliner Mietshaus Wand an Wand wohnte, zog sich immer mehr zurück.