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Über Spiele ins Gespräch kommen

Bettina Wegenast und Marco Soldati haben Computerspiele entwickelt, die den Austausch zwischen Menschen mit Demenz und Gesunden fördern. Mit ihren Myosotis-Spielen möchten sie den Besuch im Altersheim für beide Seiten wertvoller gestalten.

Der Besuch im Altersheim fällt uns manchmal schwer. Er erinnert uns an die eigene Vergänglichkeit und führt uns unser Versagen vor Augen (dass wir nicht fähig sind, selbst für unsere gebrechlichen Angehörigen zu sorgen). Wenn wir Menschen mit Demenz besuchen, kommt die oftmals erschwerte Kommunikation als weiteres Hindernis dazu.

So sitzen wir unserem Angehörigen befangen gegenüber. Wir wissen nicht, was wir noch sagen sollen, nachdem schon fünfmal gesagt worden ist, wie schön das Blumengedeck auf dem Tisch sei.

Wir wissen nicht, welche Spiele wir spielen sollen, wenn Oma zum dritten Mal die Eile-mit-Weile-Figuren umgestossen hat. Besonders Jugendliche und Kinder überfordert oder langweilt dies. Sie lassen sich nur noch selten bei der Oma blicken.

Konventionelle Spiele sind nicht geeignet

Ähnliche Situationen erlebte Bettina Wegenast, als sowohl ihre Mutter als auch ihre Schwiegermutter an Demenz erkrankt waren und im Heim lebten. Also suchte die Spielentwicklerin, Theaterautorin und ehemalige Pflegehelferin aus Bern nach Mitteln und Methoden, wie sie die Besuche im Altersheim für beide Seiten wertvoller gestalten könnte.

«Ich probierte verschiedene Spiele aus und stellte fest, dass sich konventionelle Brett- und Kartenspiele nicht mehr gut eignen», sagt Wegenast. «Die Regeln sind zu komplex, das Spiel dauert zu lang, das Spielmaterial ist zu kleinteilig und das Spielbrett zu unübersichtlich. Mir fiel aber auf, dass sich viele Heimbewohnerinnen trotz ihrer Einschränkungen eine Grundneugier erhalten haben und gern dazukommen, wenn etwas passiert. Vor allem dann, wenn sich etwas bewegt oder wenn etwas tönt.»

Also nahm Wegenast bei den Besuchen im Altersheim das Tablet mit. Ihre Schwiegermutter fand Gefallen an den Spielen, die über den Touchscreen gesteuert werden. Auf dem kleinen Bildschirm ist es aber für Menschen mit eingeschränkten kognitiven Fähigkeiten schwierig, alles zu erkennen und richtig zu steuern. 

Wegenast machte sich Gedanken über ein Gerät, das für Menschen mit Demenz geeignet ist und den Kontakt zwischen Menschen mit Demenz und Gesunden erleichtern kann.

Einfacher Dank grossem Bildschirm

In Marco Soldati fand sie einen Partner, der ihre Idee technisch umsetzen konnte. Der Software-Ingenieur und Forscher entwickelte mit Informatik-Studierenden der Hochschule für Technik der Fachhochschule Nordwestschweiz in Windisch geeignete Spiele. Es sind angepasste und erweiterte Klassiker wie Eile mit Weile, Labyrinth oder Leiterlispiel. Diese lassen sich mit privaten Fotoalben verlinken. 

Zur Belohnung eines gelungenen Spielzugs erscheint das Foto des Enkels oder der Schwiegertochter auf dem Bildschirm. Damit nicht immer die gleichen Fotos erscheinen, ist geplant, dass Familienmitglieder und Freunde diese mit wenig Aufwand auf einen Server laden können.

Dank 27-Zoll-Bildschirm sind die Spiele einfach zu bedienen und die Fotos gut zu erkennen. «Myosotis» (lateinischer Name für Vergissmeinnicht) nennen die beiden ihr Spielkonzept. «Es geht nicht um das Spiel selbst, also nicht ums Gewinnen oder um Gedächtnistraining», sagt Soldati. «Es geht darum, dass man eine gemeinsame Aktivität hat und ins Gespräch kommt.»

Soldati und Wegenast arbeiten jetzt mit Prototypen, die sie weiter optimieren wollen. Besonders das Design müsse noch besser werden, sagt Soldati. Deshalb bereiten die beiden eine Zusammenarbeit vor mit Forschenden und Studierenden der Fachrichtung Game Design der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK). Derzeit suchen Wegenast und Soldati nach Unterstützern und Investoren, damit die Myosotis-Spiele–Plattform in ein bis zwei Jahren auf den Markt kommen kann.