Menschenwürde eignet jedem Menschen, einfach weil er Mensch ist. Sie ist weder von irgendwelchen Fähigkeiten (zum Beispiel Rationalität, Beziehungsfähigkeit, Fähigkeit zur Selbstbestimmung) noch von irgendwelchen Leistungen (zum Beispiel moralischer, sozialer, ökonomischer oder kultureller Art) oder den äusseren Lebensbedingungen (Wohlstand oder Armut, Selbstständigkeit oder schwere Pflegebedürftigkeit in einem Heim) abhängig.
Menschenwürde ist ein dem Menschen inhärenter, das heisst unverlierbarer Anspruch auf Schutz und Respekt, zu dem Artikel 7 der Bundesverfassung festhält, er sei zu achten und zu schützen.
Menschenwürde in diesem normativen Sinn gilt unbedingt, sie ist an keine Bedingungen geknüpft, die allenfalls erfüllt sein müssten, damit jemand Würde zuerkannt werden kann.
Dieses Verständnis von Würde gerät nun aber seit Jahren unmerklich ins Wanken und mutiert zu einem nur noch bedingten Verständnis von Würde, einem Verständnis, das davon ausgeht, dass Würde nur hat, wer gewisse Bedingungen erfüllt, zum Beispiel gewisse Fähigkeiten hat (etwa die Fähigkeit zu Selbstachtung, zu vernünftigem Denken, zu selbstbestimmtem Handeln).
Der berühmte Altersforscher Paul B. Baltes war der Überzeugung, die Menschenwürde schwinde dahin, wenn Demenzen zu einem schleichenden Verlust vieler Grundeigenschaften des Homo sapiens wie etwa Intentionalität, Selbstständigkeit, Identität und soziale Eingebundenheit führten, Eigenschaften, die wesentlich die menschliche Würde bestimmen.