So gelingt eine Zahnbehandlung bei Menschen mit Demenz
Bei der Behandlung von Menschen mit Demenz müssen Zahnärzte besonders einfühlsam sein.
Bild Shutterstock
Menschen mit Demenz verstehen nicht, weshalb sie eine Zahnbehandlung brauchen. Wenn Zahnärzte und Angehörige angemessen vorgehen, kann die Behandlung ohne Schwierigkeiten gelingen.
«In meinem Kiefer vibriert es, als würde der Zahnarzt gleich den Knochen durchbrechen. Es ist zwar unangenehm, aber ich weiss ja, dass ich ein neues Inlay brauche. Ich habe auch die Spritze ertragen, damit es nicht wehtut. Und wenn ich es gar nicht mehr aushalte, soll ich meine rechte Hand heben, hat mir der Doktor erklärt. Doch trotz Erklärungen und Schmerzmittel bin ich froh, als ich wieder auf der Strasse stehe.»
Was für «normale» Menschen schon unangenehm ist, belastet Menschen mit Demenz oft noch viel mehr. Wir haben den Psychiater Ulrich Hemmeter aus St. Gallen gefragt, wie ein Zahnarztbesuch auch für Demenzpatienten erträglich wird und worauf Angehörige und Zahnarzt achten müssen.
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Menschen mit Demenz erkennen den Zweck der Zahnbehandlung nicht
Menschen mit Demenz sehen oft nicht ein, warum sie sich beim Zahnarzt behandeln lassen sollen und können wegen ihrer Krankheit seine Anweisungen nicht befolgen. «Das Gehirn arbeitet nicht mehr so gut wie bei Gesunden, wir nennen das kognitive Störungen», erklärt Hemmeter. Bei leichter Demenz merkt man die Symptome kaum, aber bei schwerer macht sich das auch in der Zahnarzt-Praxis bemerkbar.
Noch bevor der Zahnarzt die Behandlung anfangen kann, weigert sich der Patient. Er versteht nicht, was der Zahnarzt machen will und sieht nicht ein, warum er sich überhaupt behandeln lassen soll. «Dann muss der Arzt abwägen, ob der Patient zwingend notwendig behandelt werden muss, weil sonst etwas Schlimmes passieren kann», sagt Hemmeter. Droht zum Beispiel eine eitrige Entzündung im Kiefer, kann ein Eingriff auch gegen den Willen des Patienten notwendig sein. «Das muss der Zahnarzt dann aber mit dem gesetzlichen Vertreter absprechen.»
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Keine komplizierten Zahnprothesen für Menschen mit Demenz
Ist die Behandlung nicht notwendig, rät der Psychiater dazu, einfühlsamdas Vertrauen des Patienten zu gewinnen – vielleicht lässt er sich dann doch behandeln. Der Zahnarzt sollte sich Zeit nehmen und die Aussagen des Patienten ernst nehmen, auch wenn sie vielleicht der Realität nicht entsprechen.
«Ein Patient mit einer Demenz muss sich in seiner subjektiven Welt wahrgenommen und akzeptiert fühlen», sagt Hemmeter. Erst dann habe der Zahnarzt die Möglichkeit, ihm zu erklären, warum die Behandlung notwendig sei und was er dabei machen solle. Am besten ist, wenn Angehörige oder nahestehende Betreuer mit dabei sind – so fasst der Demenzkranke leichter Vertrauen.
Der Zahnarzt sollte nur die Eingriffe durchführen, die nötig sind: Also etwa ein Loch im Zahn flicken, das Schmerzen verursacht, oder ein Implantat oder eine Brücke einsetzen, die wieder Kauen ermöglicht. «Keine zu langen Operationen», rät Hemmeter. «Das verursacht Stress, und der Zahnarzt muss möglicherweise mehr Medikamente geben, wodurch die Patienten noch verwirrter werden können.»
Ausserdem sollte der Zahnarzt keine zu komplizierten Konstruktionen machen, denn die Prothesen sollten einfach zu entfernen und einzusetzen sein. Eine lokale Betäubung vertragen Demenzkranke in der Regel gut. «Der Zahnarzt muss aber darauf achten, ob sich das Betäubungs-Medikament mit den anderen Arzneien verträgt, die der Betroffene nimmt», sagt Hemmeter. «Angehörige sollten am besten eine Liste mit den Medikamenten mit zum Zahnarzt bringen.»
Überhaupt können Angehörige und Betreuer viel helfen, dass der Besuch beim Zahnarzt halbwegs erträglich wird. «Gehen Sie mit und lassen sich genau erklären, was Sie zu Hause machen sollen, etwa Sie eine Wunde im Mund pflegen.» Auch an das tägliche Zähneputzen können Angehörige erinnern, denn Menschen mit Demenz vergessen das häufig. Helfen können Erinnerungen auf Notizzetteln oder per Mobiltelefon. «Fragen Sie den Zahnarzt alles, was Sie nicht verstehen», rät Hemmeter Angehörigen. «Je besser Sie informiert sind, desto besser können Sie zu einer erfolgreichen, angenehmen Zahnbehandlung beitragen.»
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So gelingt die Zahnbehandlung bei Menschen mit Demenz
Tipps für Zahnärzte von Psychiater Ulrich Hemmeter und Alzheimer Schweiz:
Mehr Zeit wie üblich einplanen
Menschen mit Demenz nur kurz warten lassen
Mit einem Lächeln anschauen
Sanft sprechen, langsam und deutlich
Einfache Sätze verwenden
Mit Gesten vormachen, was man meint
Auf die Stimmung des Patienten achten und Veränderungen wahrnehmen
Immer aufrichtig sein
Falls der Patient etwas Falsches sagt, ihn nicht korrigieren
Seine Verweigerung tolerieren und eine Massnahme nicht partout durchsetzen
Erklärungen und Anweisungen schriftlich mitgeben
Nur wichtige Eingriffe durchführen
Weitere Versorgung und Mundhygiene mit Angehörigen/Betreuern organisieren und überwachen
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