Forscherinnen, Patienten, Vertreter von Behörden und Pharmafirmen – fast 300 Personen aus der Schweiz, Israel, Tschechien, Uruguay oder Frankreich trafen sich kürzlich im Berner Inselspital an der Tagung der Schweizer Arbeitsgruppe Cannabinoide in der Medizin (SACM).
Die Mitglieder der 2009 gegründeten Arbeitsgruppe sind Pharmazeuten, Mediziner, eine Pflegefachfrau, ein Jurist, ein Psychologe und ein Agronom.
Cannabis polarisiert, sowohl in der Bevölkerung als auch in Wissenschaft und Politik. Die Diskussionen sind leidenschaftlich und kontrovers. Die Pflanze habe unzählige positive Eigenschaften: Sie wirke angstlösend, entzündungshemmend, hydratisierend, antioxidativ und gar krebshemmend.
«Ich leide seit drei Jahren an Krebs. Cannabis hilft mir enorm gegen die Nebenwirkungen der Therapie. Aber mein behandelnder Arzt ist sehr skeptisch.»
Bis Mitte des 20. Jahrhunderts wurde Cannabis in medizinischen Präparaten verwendet. Seit den 1950er Jahren verschärfte sich die Gesetzgebung und der Konsum von Cannabis wurde verboten. In der Medizin verschwand Cannabis mit dem Aufkommen von Aspirin und Barbituraten aus den Arzneibüchern.
Gemäss den Zahlen des Bundesamts für Gesundheit BAG konsumiert fast ein Drittel der über 15-jährigen Bevölkerung Cannabis, womit es die am häufigsten konsumierte illegale Substanz ist.
Die Verschreibung von Cannabis zu medizinischen Zwecken ist in rund 20 Ländern erlaubt, auch in der Schweiz. «Unter Cannabisarzneimitteln versteht man die Gesamtheit der verwendeten Cannabisprodukte, inklusive Blüten, unabhängig von der rechtlichen Einstufung», schreibt das BAG.
In der Schweiz darf ein Arzt oder eine Ärztin cannabishaltige Arzneimittel verschreiben (oft sogenannte Magistralrezepturen). Die Rechtsprechung ist jedoch strikt: Der behandelnde Arzt muss beim BAG ein detailliertes Gesuch stellen, zusammen mit der schriftlichen Einwilligung des Patienten.
Die Bewilligung ist zeitlich limitiert und muss mindestens 3 Wochen vor Ablauf verlängert werden. Ein Grossteil betrifft Patientinnen und Patienten mit neurologischen Erkrankungen wie Multipler Sklerose (s. Interview ).
CBD und THC
Seit 2016 ist in der Schweiz der Handel und Erwerb von CBD-Produkten legal. Cannabidiol (CBD) ist einer der zahlreichen Inhaltsstoffe von Cannabis und unterliegt dem Lebensmittelgesetz. Dieses legale Cannabis enthält 10 bis 20 Prozent CBD.
Der Gehalt an psychoaktivem Tetrahydrocannabinol (THC) darf dabei nicht höher als ein Prozent sein. Das auf dem Schwarzmarkt erhältliche Cannabis enthält oft mehr als 20 Prozent THC. THC steigert den Appetit, wirkt gegen Übelkeit, fördert die Muskelentspannung und lindert Schmerzen.
CBD hingegen wirkt weder psychoaktiv noch macht es abhängig. Man kann CBD zwar rauchen, besser konsumiert man es aber in Form von Öl oder als Spray. Im Gegensatz zu THC hat CBD weniger Nebenwirkungen, wie z. B. Tachykardie oder Angstzustände. Zudem macht es nicht schläfrig, sondern soll sich positiv auf die Konzentrationsfähigkeit auswirken.