Weit aufgerissen sind Mund und Augen der jungen Frau, ihr Körper ist bis in die Zehenspitzen gestreckt, die Fäuste geballt, ihr ganzer Körper zuckt, sie stösst kurze Schreie aus und aus ihrem Mund kommt Schaum. Man braucht kein Arzt zu sein, um richtig zu vermuten: Das ist ein epileptischer Anfall. Bei älteren Menschen hingegen spielt es sich eher so ab: Eine ältere Dame starrt geistesabwesend in die Luft und hört plötzlich auf zu reden. Kurz darauf scheint sie wieder normal.
Bei Epilepsie im Alter gibt eine hohe Dunkelziffer
«Epilepsie ist nicht nur eine typische Kinder- und Jugendkrankheit», sagt Stephan Rüegg, Präsident der Schweizerischen Epilepsie-Liga und Neurologe am Universitätsspital in Basel. «Auch viele ältere Leute erkranken daran – bloss wissen das Laien und leider auch einige Ärzte nicht.»
Rüegg diagnostiziert pro Woche bei einem bis zwei Senioren eine Epilepsie. «Warum soll ausgerechnet ich Epilepsie haben? Ich hatte doch noch nie so etwas!», würden ihn die Betroffenen jeweils ungläubig fragen. 90 von 100’000 Menschen zwischen 65 und 70 Jahren haben eine Epilepsie, bei den über 80-Jährigen sind es mehr als 150. Die Dunkelziffer sei viel höher, vermutet Rüegg.
So reagieren Sie richtig bei einem epileptischen Anfall:
«Im Alter macht sich Epilepsie oft nicht als klassischer Krampfanfall bemerkbar und wird daher nicht erkannt.» Ein epileptischer Anfall entsteht – vereinfacht gesagt –, wenn Nervenzellen im Gehirn ungezielt «losfeuern» und nicht durch bremsende Botenstoffe daran gehindert werden. Man kann es sich wie ein «Gewitter im Hirn» vorstellen.