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demenzworld: Was ging dir durch den Kopf, als die Anfrage des St. Galler Demenz-Kongresses kam?
Mona Vetsch: Im ersten Moment freute ich mich sehr. Seit ich für die Sendung »Mona mittendrin« im Demenz-Zentrum Sonnweid war, hat mich dieses Thema nie mehr losgelassen. Doch dann fragte ich mich: »Bin ich die Richtige? Kann ich das? Weiß ich genug über dieses Thema?«
Ich realisierte, dass die meisten Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen so sind wie ich. Es sind keine Fachleute, sondern Menschen wie du und ich – und auch sie müssen einen Zugang finden. Es braucht Mut, sich ohne Expertenwissen damit auseinanderzusetzen.
Hast du ausser dieser Sendung einen Bezug zu Demenz?
Nicht in meiner Familie, aber im Umfeld. Seit dieser Sendung erzählen mir viele Fremde ihre Geschichten. Ihnen fällt es offenbar leichter, mit mir über Demenz zu reden als mit Familienmitgliedern. Eine Frau setzte sich im Park neben mich und sagte, sie habe die Sendung gesehen. Sie erzählte von ihrem Mann und sagte: »Weißt du, ich kann meinem Kind nicht sagen, welche Gefühle ich meinem erkrankten Mann gegenüber empfinde. Er ist ja ihr Vater.« Sie brauchte jemandem, dem sie sagen konnte, wie schwer es für sie ist, mit einem ganz anderen Menschen zu leben als mit dem, in den sie sich verliebt hat. Sie muss auch jemandem sagen können, dass sie manchmal wütend ist.
11. St. Galler Demenzkongress
Wie können Pflegende und Angehörige besser mit schwierigen Situationen umgehen? Der St. Galler Demenzkongress zeigt am 12. November neue Wege auf – praxisnah und verständlich. Mona Vetsch führt durchs Programm, demenzworld begleitet die Veranstaltung als Medienpartner.
Die Sendung aus dem Demenz-Zentrum hat sehr viele Reaktionen ausgelöst. Warum hat sie die Menschen so stark berührt?
Ich glaube, dass man nicht um dieses Thema herumkommt, wenn man ein wenig aufmerksam ist und Kontakt hat zu Menschen ab einem gewissen Alter. Die Zuschauer hat auch berührt, dass die Sendung Situationen zeigte, die Hoffnung machen. Es gab schöne und liebevolle Momente.
Es ist erfreulich, dass die Sendung solche Momente zeigte, denn die Krankheit ist noch immer stigmatisiert…
Auch ich hatte große Angst vor dem Thema. Ich glaube, die Angst ist dann am schlimmsten, wenn man meint, dass man nichts gegen die Krankheit und ihre Auswirkungen machen kann. Als ich in der Sonnweid war, merkte ich: Wir können sehr viel machen. Man kann zwar niemanden heilen, aber man kann für diese Menschen da sein. Man kann mit ihnen Beziehungen pflegen und spazieren. Man kann aber auch einfach nur ertragen, dass jemand gar nichts machen und nur auf dem Sofa sitzen will.

