Der Konzern Biogen und sein japanischer Partner Eisai haben Mitte März 2019 mitgeteilt, dass die Studien mit dem Wirkstoff Aducanumab weitgehend eingestellt würden. Als Grund wird die fehlende Aussicht auf eine signifikante Wirkung im primären Endpunkt genannt.
Biogen und Eisai testeten den Wirkstoff in grossangelegten Phase-3-Studien mit mehreren Tausend Patienten, nachdem die Auswertungen der Phase-2-Studien vielversprechend waren.
Über die Gründe des Scheitern gibt es laut einer Mitteilung der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DNG) zurzeit drei Hypothesen:
Die Liste wird länger
Die Erforschung von Alzheimer-Medikamenten ist äusserst komplex. Weit über 100 Alzheimer-Anwendungen sind bereits gescheitert. Vor Biogen und Eisai waren es im Januar Roche mit ihrem Lausanner Partner AC Immune, vergangenes Jahr mussten unter anderen Astra Zeneca, Eli Lily, Johnson & Johnson sowie Merck & Co. fortgeschrittene Projekte mangels Erfolgsaussichten aufgeben. Branchenführer Pfizer hat sich bereits vor einem Jahr vollständig aus der Alzheimer-Forschung zurückgezogen.
Es sei möglich, dass die Alzheimer-Erkrankung bei den Probanden der Phase-3-Studien bereits zu weit fortgeschritten war, Aducanumab jedoch nur in sehr frühen Krankheiten eine positive Wirkung auf den Krankheitsverlauf zeigte.
Möglich sei auch, dass die Amyloid-Theorie nicht stimme oder dass der Antikörper nicht die Hauptform des Amyloids abbaue.
Viele Forscher stellen inzwischen die Frage, ob die Amyloid-Plaques wirklich die Ursache für die Entstehung gewisser Demenzformen sind.
So sagte der Basler Gerontologe Reto Kressig, seit Jahren selbst an solchen Forschungsprotokollen beteiligt, in einem Interview: «Wenn das Beta-Amyloid wirklich das Problem ist, hätten wir auch bei den Vorstudien ein Signal gehabt.»
Es liege nahe, dass Amyloid-Therapien selbst in frühen Stadien der Erkrankung nicht funktionierten, «und wir deshalb neue Ansätze brauchen», wird John Hardy vom University College in London in der Süddeutschen Zeitung zitiert. «Was uns dieses Scheitern wohl lehrt: Die Beseitigung des Amyloid-Proteins war wenig hilfreich.»
Die Nachricht machte sehr schnell die Runde, die Anleger reagierten panisch und verkauften ihre Biogen-Aktien, das Unternehmen verlor fast 30 Prozent seines Börsenwerts. Allein am Tag der schlechten Nachricht lösten sich fast 20 Milliarden Dollar einfach in Luft auf.