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Fallbeispiel Salvatore Fazio

Aggression und Verweigerung bei Demenz

Aggression Demenz Fallbeispiel Salvatore

Temperament hatte Salvatore schon früher – aber mit seiner Demenz ist er aggressiv geworden. Bild Adobe Stock

Salvatore Fazio war ein begnadeter Handwerker und Bauunternehmer. Er will sich auch viele Jahre nach der Pensionierung nützlich machen. Doch seine Defizite hindern ihn daran. Darauf reagiert er mit Verzweiflung und Wut. Dieses Fallbeispiel zeigt dir auf, wie du aggressives Verhalten verhindern oder entschärfen kannst.

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FAQ 1: Warum wird ein Mensch mit Demenz plötzlich aggressiv?

Aggression entsteht oft aus Not: Schmerzen, Überforderung, Angst oder zu vielen Reizen. Menschen mit Demenz verlieren Ausdrucksmöglichkeiten und reagieren dann körperlich oder verbal. Wichtig ist, Signale zu erkennen, Ursachen abzuklären und die Situation zu beruhigen.


FAQ 2: Was hilft, wenn Pflege abgelehnt wird?

Verweigerung bedeutet oft: Die Situation ist zu schnell, zu nah oder unangenehm. Nimm Tempo raus, kündige jeden Schritt an, biete Alternativen an. Manchmal hilft ein anderer Ort, eine Pause oder eine vertraute Person. Respekt und Geduld öffnen eher Türen als Druck.


FAQ 3: Wann sollte ich professionelle Hilfe holen?

Wenn Aggressionen häufiger auftreten, du Angst bekommst oder jemand verletzt wird, brauchst du Unterstützung. Fachpersonen klären körperliche Ursachen wie Schmerzen oder Infekte ab und helfen bei Strategien zur Deeskalation. Niemand muss solche Situationen allein tragen.


Der pensionierte Bauunternehmer Salvatore Fazio * (78) ist im Unruhestand. Wenn eine Tür nicht sauber ins Schloss fällt oder die Espressomaschine nicht mehr so tönt, wie er sich das vorstellt, holt er seine Werkzeugtasche und macht sich ans Werk. Manchmal geht er für »Aufträge«, die sich seinen Mitmenschen nicht erschliessen, aus dem Haus. Dann schrillen bei seiner Frau Carla die Alarmglocken: »Madonna! Was hat er jetzt schon wieder vor?»

Handgreiflich auf der Baustelle

In den letzten Monaten ist es mehrfach vorgekommen, dass Salvatore auf einer Baustelle aufkreuzte und Spengler, Maurer oder Gerüstbauer zurechtwies, die ihn weder kannten noch verstanden. Einmal rief ein Vorarbeiter die Polizei, weil Salvatore gegen einen Maurer handgreiflich geworden war. Als die Polizisten Salvatores Personalien aufnehmen wollten, fluchte er lautstark und ging einem von ihnen an den Kragen. Schliesslich gelang es dem anderen Polizisten, die Situation mit einem Gespräch über die mangelhafte Qualität der heutigen Backsteinmauern zu entschärfen.

> Hier geht es zum E-Learning Aggression und Konflikte

Salvatore reagiert ablehnend auf Hilfsangebote. Immer wieder wehrt er sich gegen die Körperpflege. Manchmal wird er aggressiv, wenn ihn Carla beim Anziehen oder anderen alltäglichen Verrichtungen unterstützen will. Auch essen und trinken will er selbstständig, obwohl er zunehmend Mühe hat, mit Messer und Gabel umzugehen. Wenn Salvatore wütend wird, wird auch Carla emotionaler und lauter. Sie mahnt immer wieder an seinen Verstand und seine Vernunft – und macht ihn damit noch wütender.

Salvatore stammt aus Valderice in der sizilianischen Provinz Trapani. Seine Eltern betrieben dort einen Bauernhof, der zu wenig Olivenöl und Wein abwarf, um alle fünf Kinder zu ernähren. Nach sieben Jahren Grundschule übernahm Salvatore, den sie in seiner Heimat Toto nannten, Gelegenheitsarbeiten in der Umgebung. Er schleppte Steine und Holz, erntete Oliven oder war Handlanger beim Schlachten von Ziegen und Schafen. Sein Geschick sprach sich herum, zahlte sich aber kaum aus. Das Wirtschaftswunder war noch nicht im Süden Italiens angekommen. Seine Dienste wurden mit wenigen Lire vergolten, oft auch mit Naturalien wie Käse, Brennholz oder getrockneten Tomaten.

1965, Salvatore war gerade 21 geworden, ermöglichte ihm seine Familie die Reise in die Schweiz. Dort würde er ein paar Jahre lang Geld verdienen und dann wieder in seine Heimat zurückkehren. Nach drei Tagen Zugfahrt erreichte er das Städtchen Grenchen am Südfuß des Juras, wo ihm Bekannte aus seiner Heimat eine Stelle als Handlanger auf dem Bau vermittelt hatten. Salvatore war geschickt, fleißig und zuverlässig. Der zähe Mann mit den großen Händen kam gut an bei Vorgesetzten und Kollegen.


Tür aus den Angeln

Auch zu Hause überfordert Salvatore sich und seine Mitmenschen. Neulich hob er die Wohnzimmertür aus den Angeln, um die Scharniere zu schmieren. Als er die Tür nicht wieder einhängen konnte und sich auch noch den Finger einklemmte, warf er sein altes Ölkännchen in die Balkontüre und zerbrach eine Scheibe. Die herbeigeeilte Carla, die seinen blutunterlaufenen Finger verbinden wollte, deckte er mit Verwünschungen ein und stiess sie beiseite. Zu einer ähnlichen Eskalation kam es, als er die bestens funktionierende Espressomaschine zerlegte und nicht wieder zum Laufen brachte.

Es ist absehbar, dass der früher so humorvolle und charmante Sizilianer nicht immer auf verständnisvolle und aufgeklärte Mitmenschen stossen wird. Neulich vertraute Carla ihrem ältesten Sohn Enrico an, Papa stehe mit einem Bein im Gefängnis. Enrico kannte zwar die cholerischen Züge seines Vaters, taxierte sie aber als nicht alarmierend. »Du siehst ihn ja nur dreimal im Jahr und betäubst ihn dann mit Wein und Tabak», sagte Carla. »Du machst dir keine Vorstellungen davon, wie es ist, dauernd an seiner Seite zu sein. Es ist noch schlimmer geworden, seit ich ihn kaum mehr herauslassen kann, weil er dauernd Unheil anrichtet.«

»demenzworld zeigt uns, wie ein gutes Leben mit Demenz gelingen kann. Hier finden alle, die Demenz in Berührung kommen, was sie brauchen: Information, E-Learnings, offenen Austausch und unterstützende Gemeinschaft.«

Dr. Sarah Straub, Psychologin, Liedermacherin und Autorin

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Salvatore absolvierte in der Schweiz eine Maurerlehre und vier Jahre später die Meisterprüfung. Er arbeitete sich erst zum Polier, dann zum Bauleiter hoch. Er stand im Ruf, eine noch so verkorkste Baustelle mit ein paar Handgriffen und Gesprächen wieder in Schwung zu bringen. Sein Augenmass war so zuverlässig, als ob Lotblei und Wasserwaage zur Ausstattung seines Gehirns gehörten.

Doch Salvatore blieb ein Fremder in seiner neuen Heimat. Die Zuneigung der meisten Schweizer Kollegen gründete auf seinen Qualitäten als Baufachmann. Oft wurde er als »Tschingg« und »Spaghettifresser« beschimpft. Salvatore dachte sehnsüchtig an seine Heimat. Bei seinen sommerlichen Reisen nach Sizilien sah er jeweils ein, dass der Boden um Valderice steinig geblieben war und er weiterhin in der Schweiz arbeiten musste.

1970 heiratete Salvatore Carla, die in einer Uhrenfabrik in Grenchen gearbeitet hatte und wie er aus Süditalien eingewandert war. 1971 kam ihr gemeinsamer Sohn Enrico zur Welt, 1973 folgte Giorgio und 1976 die Tochter Giulia. 1985 gründete Salvatore die Firma Fazio Bau AG, in der er bis zu 27 Mitarbeitende beschäftigte. 2014 – der Patron war damals 68 geworden – verkaufte er die Firma an eine grössere Bauunternehmung aus Solothurn. Dass keines seiner Kinder sich in seiner Firma engagieren wollte, war für ihn eine grosse Enttäuschung. Enrico arbeitete als Pharmakologe in Basel, Giorgio zog es als Hotelier nach Montreux, Giulia war Lehrerin geworden und kümmerte sich seit der Jahrtausendwende um ihre drei Kinder.


Ungeduldig und deprimiert

Salvatore hat Arthrose in den Kniegelenken, einen hohen Blutdruck und leichtes Übergewicht. Seine Diabetes Typ 2 behandelt er (unter der Aufsicht von Carla) mit der regelmässigen Einnahme von Medikamenten. Vor fünf Jahren hatte er einen Hirnschlag und brauchte eine längere Rehabilitation. Er war oft erschöpft, ging kaum mehr unter die Leute und wirkte oft verstimmt, ungehalten und ungeduldig, manchmal auch deprimiert. Nach zwei weiteren leichten Schlaganfällen erhielt er die Diagnose Vaskuläre Demenz.

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Aggression

Überforderung, Schmerzen oder Angst können bei Menschen mit Demenz Aggressionen auslösen. Betreuende sollten Ruhe bewahren und empathisch sein. weiterlesen

Aggression und Verweigerung verstehen

Salvatore war schon immer temperamentvoll. Doch mit der Demenz wurden seine Ausbrüche lauter, unberechenbarer. Heute braucht er bei vielen Dingen Hilfe – und wehrt sich manchmal mit Kratzen oder Beißen. Aggressives Verhalten ist meist ein Zeichen von Not. Menschen mit Demenz kennen oft keinen anderen Weg, um Überforderung, Angst oder Schmerz auszudrücken. Darum lohnt es sich, nach den Ursachen zu suchen: körperliche Beschwerden, Reizüberflutung oder seelische Belastungen.

Pflege braucht Vertrauen. Menschen lassen nur Nähe zu, wenn Beziehung und Rhythmus stimmen. Oft hilft es, Schritte anzupassen: Körperpflege im Stehen statt in der Badewanne, ein Stuhl unter der Dusche, klare Absprachen und kleine Pausen. Hinter der Wut kann auch Trauer stecken. Eine Fachperson prüft, ob eine Depression vorliegt.

Wenn Salvatore verbal oder körperlich verletzend wird, ist eine Situationsanalyse nötig: Was hat die Reaktion ausgelöst? Welche Bedingungen lassen sich ändern?

Ruhe vor Funktion

Wird Salvatore wütend, nimm Tempo raus. Zieh dich kurz zurück, atme durch, beginne später neu – vielleicht mit einer anderen Person. Lasse ihn möglichst viel selbst tun. Unterteile anspruchsvolle Aktivitäten in kleine Schritte und lobe kleine Erfolge. Gute Vorbereitung erleichtert vieles: Kleidung bereitlegen, zwischen zwei Pullovern wählen lassen, angenehme Rituale einbauen.

Ablenkung wirkt oft Wunder. Ein Raumwechsel, Musik, eine kleine Süßigkeit oder leichte Berührung können entspannen. Respektiere immer seine Intimsphäre.

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Pflege ist Beziehung

Körpersprache spricht lauter als Worte. Nähere dich von vorne, sprich ruhig, kündige jeden Schritt an. Warte, bis Salvatore zeigt, dass er dich verstanden hat. Diskussionen und Appelle an Vernunft führen selten weiter. Konzentriere dich auf Gefühle: »Es ist schwer, wenn man Hilfe braucht.« Verallgemeinerndes Sprechen (man statt du) entschärft vieles.

Struktur, Rituale, Humor

Unerwartete Änderungen können verunsichern und Aggressionen verstärken. Termine deshalb direkt mit dem Tun begleiten: erst Espresso, dann Schuhe anziehen. Rituale geben Halt. In der Öffentlichkeit helfen kleine Kärtchen, die freundlich erklären, dass Salvatore mit Demenz lebt.

Bei Gefahr gilt: Sicherheit zuerst. Zieh dich zurück, reduziere Reize, hole Unterstützung. Schmerz, Infekte oder ein Delir können Auslöser sein – Fachpersonen müssen das abklären.

Sorge für dich

Wer pflegt, braucht selbst Kraft. Hol dir Entlastung durch Familie, Freunde oder professionelle Angebote. Niemand ist schuld – weder du noch Salvatore. Der Austausch mit anderen Betreuenden hilft, Verständnis und neue Strategien zu finden.

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* Alle Namen sind von der Redaktion geändert