3D-Aufnahme eines von Alzheimer geschädigten Gehirns.
Bild PD
Die Hälfte der Demenzpatienten erhalten eine unspezifische Diagnose. Das ist unverantwortlich. Denn je früher man mit einer Therapie beginnt, desto besser lässt sich der Verlauf kontrollieren.
Zuerst sind es nur ein paar Worte. Die 71-Jährige kann sich nicht mehr an den Titel des Kinofilms erinnern, auch der Name ihres neuen Hausarztes fällt ihr nicht mehr ein. Immer öfter kommt es dann vor, dass sie etwas sagen will, aber ihr kommen die Worte nicht aus dem Mund. Doch zum Arzt will sie nicht, «es sei jetzt halt so».
Je früher man aber abklären lasse, was hinter Vergesslichkeit im Alter stecke, desto besser, sagt Stefan Klöppel, Chefarzt an der Uniklinik für Alterspsychiatrie an den Universitären Psychiatrischen Diensten Bern. «Je nach Demenzform ist eine andere Behandlung angezeigt, und die Angehörigen können sich darauf vorbereiten, was sie bei der jeweiligen Form erwartet.» Manchmal stellt sich auch heraus, dass die Hirnprobleme durch andere Krankheiten verursacht werden oder dass es sich um einen normalen Altersprozess handelt.
Wie bleibe ich mit meinem demenzkranken Angehörigen in Kontakt?
Das demenznavi inspiriert dich mit Lernvideos und Tipps zur Kommunikation.
Zuerst sollte man zum Hausarzt. Dieser unterhält sich mit dem Betroffenen, untersucht ihn und macht sich mit psychologischen Tests ein grobes Bild der Hirnfunktion. Meist ordnet er auch einige Bluttests an, um zum Beispiel eine Schilddrüsenunterfunktion auszuschliessen. Vermutet er eine Demenz, geht es weiter zu den Spezialisten – in der Schweiz am besten in eine Memory Clinic.
Vergesslichkeit und Wortfindungsstörungen sind typisch für das Anfangsstadium der Alzheimer-Demenz. Später haben die Betroffenen zunehmend Schwierigkeiten, im Alltag klarzukommen. Cholinesterase-Hemmer können das Fortschreiten der Symptome etwas bremsen.
«Fängt man früh mit der Therapie an, wird die Hirnleistung auf einem relativ hohen Niveau gehalten», sagt Robert Perneczky, der an der Ludwig Maximilians Universität in München die Abteilung für Alterspsychiatrie leitet. «Je später die Diagnose, desto niedriger die Ausgangshirnleistung, die nie wieder besser wird.»
Meist werden die Symptome bei Alzheimer stetig schlechter, im Gegensatz zur vaskulären Demenz, die durch Durchblutungsstörungen im Hirn bedingt ist. «Da es häufig zu Mini-Infarkten kommt und die Durchblutung abrupt unterbrochen ist, verschlimmern sich die Symptome meist stufenartig», erklärt Stoppe. Ansonsten ähneln die Beschwerden denen der Alzheimer-Demenz.
Post für dich
Willst du elefantenstarke Demenzgeschichten und Aktuelles aus der demenzworld erhalten? Melde dich jetzt für unseren Newsletter an 🙂.
Menschen mit frontotemporaler Demenz haben häufig noch lange ein gutes Gedächtnis, verhalten sich jedoch aggressiv oder distanzlos. Sie machen im falschen Moment Witze, sprechen unablässig oder essen masslos. Vermeidet man Stresssituationen und bindet den Betroffenen in Entscheidungen mit ein, kann dies ein enthemmtes Verhalten vermeiden.
Eine Lewy Körper Demenz äussert sich oft mit Halluzinationen. So sind etwa die Betroffenen überzeugt, ein bereits verstorbener Angehöriger sitze mit am Tisch und unterhalte sich mit ihnen. «Wenn das nicht mit Angstgefühlen verbunden ist, muss man das nicht unbedingt behandeln», sagt Stefan Klöppel. «Als Sohn oder Tochter kann man zum Beispiel sagen: ‹Ja, ich weiss, du hast wieder Grossvati gesehen. Du brauchst dir aber keine Sorgen zu machen.›»
Da sich bei der Lewy-Demenz ähnliche Eiweisse ablagern wie bei Parkinson, können auch die für Parkinson typischen Symptome auftreten wie Zittern, Gesichtsstarre oder schlurfender Gang. Die Symptome können Medikamente lindern, die auch gegen Parkinson eingesetzt werden. Gegen die Halluzinationen helfen sogenannte atypische Neuroleptika.
«Klassische Neuroleptika, die oft auch gerne gegen die Unruhe bei Alzheimer verschrieben werden, dürfen diese Patienten aber nicht bekommen», sagt Klöppel. «Die verstärken die Parkinson-ähnlichen Beschwerden.»Die Psychiater in den Gedächtnis-Sprechstunden machen meist noch verschiedene andere psychologische Tests. «Die helfen vor allem dann, wenn ein Patient noch nicht besonders ausgeprägte Symptome hat und man sich nicht sicher ist», sagt Robert Perneczky.
Hat der Betroffene beispielsweise Probleme, sich Wörter zu merken, spricht das eher für eine beginnende Alzheimerkrankheit, während diejenigen mit Lewy-Demenz eher Probleme mit dem Abmalen von Figuren haben.
Symptome einer Depression
Die Tests können zudem helfen, eine Depression abzugrenzen, denn bei einer Depression kann es zu Störungen von Konznetration und Aufmerksamkeit kommen, die wie eine Demenz anmuten. In den Tests schneiden die Betroffenen dann aber normal ab.
Der Verband der Schweizer Memory Clinics empfiehlt eine Aufnahme vom Gehirn mit Computer- oder Magnetresonanztomografie nur in bestimmten Fällen, etwa wenn der Patient jünger als 65 Jahre alt ist oder wenn die Demenz rasch fortschreitet. Gabriela Stoppe, Leiterin der Schwerpunktpraxis MentAge in Basel, ordnet aber fast immer eine Aufnahme an: Es könne sein, dass der Patient etwas im Hirn hat, das ähnliche Symptome verursacht wie eine Demenz. Zum Beispiel eine chronische, leichte Blutung, verursacht durch Blutverdünner.
«Diese kann man behandeln, und oft bildet sich die Demenz zurück», sagt Stoppe. Sie versteht nicht, warum die Kollegen so zögerlich mit der Empfehlung sind. Spezialaufnahmen wie SPECT oder PET seien dagegen nur ausnahmsweise nötig, etwa bei Verdacht auf eine Lewy-Demenz. Anhand der Aufnahmen sieht man, ob eine Dopamin-Therapie sinnvol list.
Jeder Zweite hat die Diagnose «unspezifisch»
Bei jedem zweiten Patienten mit einer Demenz, so zeigte eine Studie der Universitätsklinik Hamburg Eppendorf mit 1848 Demenzpatienten, klassifizierten die Ärzte diese als «unspezifisch», ordneten sie also keiner der Formen zu. «In der Schweiz kommt das wahrscheinlich ähnlich häufig vor», sagt Stefan Klöppel. «Viele Kollegen fühlen sich anscheinend nicht sicher, die verschiedenen Demenzformen zu unterscheiden. Ausserdem herrscht vielfach immer noch die Auffassung, dass Medikamente sowieso nicht helfen und eine genaue Diagnose nichts bringt.»
Psychiatrie
Depressionen werden bei Senioren häufig übersehen
Verliert man im Alter die Lust an Dingen, die früher Spass gemacht haben, ist dies keine normale Alterserscheinung. Es kann auf eine Depression … weiterlesen
Cookie-Zustimmung verwalten
Um Ihnen ein optimales Erlebnis zu bieten, verwenden wir Technologien wie Cookies, um Geräteinformationen zu speichern und/oder darauf zuzugreifen. Wenn Sie diesen Technologien zustimmen, können wir Daten wie das Surfverhalten oder eindeutige IDs auf dieser Website verarbeiten. Wenn Sie Ihre Zustimmung nicht erteilen oder zurückziehen, können bestimmte Merkmale und Funktionen beeinträchtigt werden.
Funktional
Immer aktiv
Die technische Speicherung oder der Zugang ist unbedingt erforderlich für den rechtmäßigen Zweck, die Nutzung eines bestimmten Dienstes zu ermöglichen, der vom Teilnehmer oder Nutzer ausdrücklich gewünscht wird, oder für den alleinigen Zweck, die Übertragung einer Nachricht über ein elektronisches Kommunikationsnetz durchzuführen.
Vorlieben
Die technische Speicherung oder der Zugriff ist für den rechtmäßigen Zweck der Speicherung von Präferenzen erforderlich, die nicht vom Abonnenten oder Benutzer angefordert wurden.
Statistiken
Die technische Speicherung oder der Zugriff, der ausschließlich zu statistischen Zwecken erfolgt.Die technische Speicherung oder der Zugriff, der ausschließlich zu anonymen statistischen Zwecken verwendet wird. Ohne eine Vorladung, die freiwillige Zustimmung deines Internetdienstanbieters oder zusätzliche Aufzeichnungen von Dritten können die zu diesem Zweck gespeicherten oder abgerufenen Informationen allein in der Regel nicht dazu verwendet werden, dich zu identifizieren.
Marketing
Die technische Speicherung oder der Zugriff ist erforderlich, um Nutzerprofile zu erstellen, um Werbung zu versenden oder um den Nutzer auf einer Website oder über mehrere Websites hinweg zu ähnlichen Marketingzwecken zu verfolgen.