Frau Zeller, nachdem er wegen der Pandemie zweimal verschoben werden musste, findet der Demenzkongress nun endlich wieder statt. Wie ist bei Euch die Gefühlslage nach dieser Zeit?
Vor allem die Absage letztes Jahr, die sehr kurzfristig war, hat uns geschmerzt. Es ist uns sehr schwergefallen. Dennoch sind wir überzeugt, dass wir damals richtig entschieden haben. Durch diese zwei Absagen ist ein Vakuum entstanden, dass wir jetzt wieder auffüllen, dazu mussten unser Netzwerk und die Kontakte reaktiviert und aufgefrischt werden. Es ist uns ein wichtiges Anliegen, an die erfolgreichen vergangenen Kongresse anzuknüpfen.
Haben Sie die Zeit genutzt, das Konzept zu überdenken oder den neuen Gegebenheiten anzupassen? War das überhaupt notwendig?
An Konzept und Format haben wir nichts geändert, da stützen wir uns auf die positiven Rückmeldungen der letzten Jahre. Für die Besucher sollte sich also alles in vertrautem Rahmen abspielen. Auch auf die Beschränkung der Teilnehmer:innenzahl auf die Hälfte, wie es vergangenes Jahr vorgesehen war, werden wir verzichten.
Insofern stellen diese zwei Jahre Zwangspause keine wirkliche Zäsur dar, da wir ständig versuchen, den Kongress hinsichtlich des Programms und Rahmenprogramms zu optimieren. Bereits vor einigen Jahren beispielsweise, noch vor der Pandemie, kamen wir zum Schluss, dass wir mehr interaktive Elemente einbauen sollten. So werden dieses Jahr einige Workshops am Nachmittag interaktiv stattfinden, was natürlich die Teilnehmerzahl etwas einschränkt.
Wie muss ich mir das vorstellen?
In den interaktiven Workshops können sich die Teilnehmenden stärker einbringen als in den klassischen Parallelsessions. Wobei wir auch in diesen Sessions Fragen und Anliegen aus dem Publikum aufnehmen.
In diesem Zusammenhang: Gibt es einen Plan B, falls wegen Corona doch wieder alles anders kommen sollte? In einem vergangenen Gespräch ist einmal das Stichwort einer Hybrid-Veranstaltung gefallen …
Zuerst einmal hoffen wir alle, dass es nicht so weit kommen wird! Plan A sieht eine Präsenzveranstaltung vor, so, wie wir sie von früher kennen. Doch wir arbeiten tatsächlich an einem Plan B, auf den wir relativ kurzfristig umstellen können. Welche Teile des Nachmittagsprogramms könnten wir dann hybrid anbinden? Hybrid heisst hier, dass es sowohl anwesende wie auch online zugeschaltete Teilnehmende und/oder Referent:innen geben würde.
Ich muss dabei betonen, dass bereits eine unsichere Corona-Lage zu einer solchen Umstellung führen könnte, denn unsere Kongressbesucher arbeiten mehrheitlich in Alters- und Pflegeheimen.
Man kann also sagen, dass der Kongress dieses Jahr in irgendeiner Form auf jeden Fall stattfinden wird?
Genau, das ist uns wichtig. Wir möchten nicht noch einmal absagen.
Sind solche Online-Veranstaltungen gar ein Modell für die Zukunft, unabhängig von Corona?
Das ist ein zweischneidiges Schwert. Einerseits hat sich der Kongress als Networking-Event etabliert, Menschen aus dem gesamten deutschsprachigen Raum treffen sich hier und tauschen sich aus, was von vielen sehr geschätzt wird. Andererseits gibt es auch solche, die sich die Reise gern sparen würden, ohne auf die Inhalte verzichten zu müssen.
«Aktiviert und trainiert – bedeutungserfüllter Lebensalltag von Personen mit Demenz».
Am 8. St.Galler Demenzkongress stehen Beispiele neuer und bestehender Ansätze zur Aktivierung und Gestaltung des Lebensalltags von Personen mit Demenz im Mittelpunkt.
Sich zu betätigen ist ein menschliches Grundbedürfnis. Personen mit Demenz fällt es jedoch zunehmend schwer, die Initiative für eine Tätigkeit zu ergreifen oder entsprechend den eigenen Bedürfnissen aktiv zu werden. Daher sind die Förderung und der Erhalt von Fähigkeiten zur Gestaltung eines erfüllenden Alltags für eine gute Lebensqualität von Personen mit Demenz unabdingbar.
Einzelheiten zum Programm: Der deutsche Gerontologe Prof. Andreas Kruse wird über die Verbindung zweier psychologischer Perspektiven in der Begleitung von Menschen mit Demenz berichten. Prof. Dr. Eling de Bruin von der OST – Ostschweizer Fachhochschule wird über das körperliche Training von Menschen mit Demenz referieren, Dr. Alexandra Hering von der Tilburg University über kognitives Training, und das Team um Prof. Dr. Thomas Beer und Dr. Carola Maurer von der OST – Ostschweizer Fachhochschule wird darüber reflektieren, was passiert, wenn eben nichts passiert, wenn Menschen mit Demenz eben keine Freizeitaktivität erhalten.
«Viele Menschen mit Demenz spielen, bewegen und betätigen sich sehr gern. Die Stimulation der Sinne und Kommunikation fördert und bestätigt die Betroffenen in ihre Fähigkeiten. Mit dem diesjährigen Kongress möchten wir die Bedeutsamkeit dieser Thematik in den Fokus rücken und den Teilnehmenden Ideen und Inspiration für Ihre Tätigkeit in der Praxis weitergeben», sagt Heidi Zeller, Leiterin des Kompetenzzentrums Demenz an der OST.
An die Keynote-Referate knüpfen vier Workshops an. Einerseits geht es um die technikunterstützte Aktivierung von Menschen mit Demenz. Da stehen virtuelles Aufmerksamkeitstraining, die partizipative Aktivierung und digitale Spiele im Fokus. Der zweite Workshop widmet sich den Trainingsmöglichkeiten im Alltag, der dritte Workshop hat technikgestützte Interaktionsmöglichkeiten im Brennpunkt, und der vierte Workshop blickt auf das Themenfeld der Maltherapie.
Der 8. St.Galler Demenz-Kongress findet am 16. November 2022 auf dem Gelände der Olma Messen St.Gallen statt.