Demenz verstehen – von Kindesbeinen an - demenzjournal.com

Was hat Opa?

Demenz verstehen – von Kindesbeinen an

«Erzieherinnen haben festgestellt, dass es bei den von ihnen betreuten Kindern keinen Kontakt mit demenziell betroffenen Menschen gibt – auch nicht im Miteinander von Grosseltern und Enkelkindern.» Bild PD

Kaum in der Kita und schon bekommt man erklärt, was sich hinter dem Begriff Demenz verbirgt? Ist das nicht zu früh? Wie kann man Kindern im Kindergartenalter das Verhalten und Handeln von Menschen mit Demenz erklären?

Sind die Kinder damit nicht überfordert? «Nein, ganz und gar nicht», meint die Pflegewissenschaftlerin Sonja Steinbock. Gemeinsam mit Andrea Josefa Brinker, Altentherapeutin und Trainerin für Kommunikation, hat sie mit Unterstützung des Deutschen Hilfswerks und der Alzheimer Gesellschaft Warendorf das Projekt «Kindern Demenz erklären» (KIDZELN) ins Leben gerufen.

Im Rahmen dieses Projektes wurden zehn Spielmodule entwickelt, die jeweils eine Stunde dauern und verschiedenste Aspekte eines Themas mit unterschiedlichen didaktischen Methoden spielerisch erarbeiten.

Damit die Zielgruppe Kinder im Kindergartenalter gut und richtig angeleitet werden kann, ist ausserdem eine Schulung für Multiplikatorinnen und Multiplikatoren entwickelt worden.

afi-kids

Die Webseite der afi-kids ist speziell für Kinder gemacht: Hier erfahren die Jüngsten von Katja und Max, dass ihre Grossmutter, mit der sie zusammenleben, von einer Alzheimer-Demenz betroffen ist. In einer ihrem Alter entsprechenden Sprache wird ihnen unter anderem erklärt, was sich hinter dem Begriff Alzheimer eigentlich verbirgt.

www.afi-kids.de

Sonja Steinbock und Andrea Josefa Brinker haben selbst Kinder und beide haben beruflich mit Menschen mit Demenz zu tun. Als Frau Brinkers Tochter noch in die Kita ging, hat sie 2006 damit begonnen, auf kreative Art und Weise in der Einrichtung, die ihre Tochter besuchte, schon den Kleinsten zu erklären, was Demenz bedeutet. Das sprach sich herum, weitere Kindergärten fragten sie an.

Bei Frau Steinbocks Tochter stand vor zehn Jahren der Besuch der Kita-Gruppe in einem Pflegeheim bevor, der aber abgesagt werden musste, weil nur wenige Eltern ihre Einwilligung gegeben hatten.

Offensichtlich hatte die Mehrzahl Bedenken, dass ein solcher Besuch in einer stationären Einrichtung und das Miteinander von alten, unterstützungsbedürftigen und auch demenziell betroffenen Menschen eine Überforderung für ihre Kleinen sein könnte.

Diese Erlebnisse haben Steinbock und Brinker zusammengeführt. Beide waren sich einig, dass hier etwas passieren muss. Zunächst recherchierten sie zum Thema Kinder und Demenz und stellten fest, dass es zwar viele Materialien für Kinder im Grundschulalter und für Jugendliche gibt, aber nichts für die ganz Kleinen. So haben sie das unverschriftlichte Konzept von Andrea Brinker weiterentwickelt.

Als übergeordnete Ziele der Module stehen das Verständnis für sich selbst und für die Mitmenschen sowie die Entwicklung von Sicherheit, Toleranz und Offenheit in der intergenerativen Begegnung im Mittelpunkt. Entsprechend gehen den eigentlichen Demenzmodulen Module voraus, die dazu anleiten, sich mit der eigenen Person zu beschäftigen und mit den Gefühlen und Haltungen im zwischenmenschlichen Miteinander.

Das erste Modul trägt den Titel «Ich, Du, Wir – sich selbst und andere annehmen». Im zweiten Modul geht es um das Thema Gefühle, das dritte Modul thematisiert Sinne, Sinnesorgane und Sinneserfahrungen.

Es wird mit Zeichnungen und mit Fotos des Fotografen Michael Hagedorn gearbeitet, der sich auf das Thema Demenz spezialisiert hat, ausserdem mit Musik, Rhythmus und Bewegungsspielen. Für ruhigere Phasen können Kinderyoga-Übungen eingebaut werden.

Seit 2012 führen Steinbock und Brinker sogenannte Multiplikatorenschulungen auf der Grundlage dieser zehn Module durch. «Bei den Schulungen ermuntern wir die Multiplikatorinnen und Multiplikatoren, diese Module lediglich als Orientierung und Unterstützung zu betrachten», sagt Sonja Steinbock. Auch die Reihenfolge müsse nicht akribisch genau eingehalten werden.

«Wir motivieren alle Teilnehmenden dazu, sich für die Themen und Methoden zu entscheiden, die ihnen selbst Freude machen». Selbstverständlich berücksichtige man stets auch, was den einzelnen Kindern und der Gruppe Spass machen könnte

«Zudem muss man sich jeweils überlegen, wie die Module am besten in das Gesamtkonzept und in den Ablauf der Kita passen», sagt Steinbock. Die Inhalte der zehn Module werden den Kindern innerhalb eines Jahres von verschiedenen geschulten Erzieherinnen vermittelt.

«Was hat Oma?»

Das interaktive Lernspiel «Was hat Oma?» wurde 2013 im Rahmen des Hochschulwettbewerbs Den demografischen Wandel gestalten – aber wie? Nachwuchswissenschaftler kommunizieren ihre Arbeit von einer Architekturgruppe der Technischen Universität Dresden entwickelt. Das Spiel kann im Internet angesehen und frei genutzt werden.
http://www.was-hat-oma.de

Doch nicht nur Erzieherinnen lassen sich als Multiplikatorinnen schulen, darunter finden sich auch Tagesmütter, Mitarbeitende von Beratungsstellen, Alltagsbegleiter und Musikgeragoginnen. Auch ehrenamtlich Tätige, die sich bei Alzheimer-Gesellschaften engagieren, zum Beispiel pensionierte Lehrkräfte, die in Grundschulen und in den unteren Klassen weiterführender Schulen das Thema Demenz mit den Schülern bearbeiten. Auch für diese Alterskategorien können die Module genutzt werden.

Ein positiver Nebeneffekt bzw. realisierter Wunsch sei auch, «dass sich die Wahrnehmung und Sensibilität der Teilnehmenden durch die Multiplikatorenschulung verändert. Viele Erzieherinnen stellen zum Beispiel zu Beginn der Schulung fest, dass es bei den von ihnen betreuten Kindern keinen Kontakt mit demenziell betroffenen Menschen gibt – auch nicht im Miteinander von Grosseltern und Enkelkindern.» 

Am nächsten Seminartag, zwei oder drei Wochen später, berichteten sie dann aber häufig vom Gegenteil: Nun stellten sie erstaunt fest, dass viele Kinder in oder ausserhalb der Familie Kontakt mit demenziell betroffenen Menschen hatten.

Sehr gute Erfahrungen haben Steinbock und Brinker auch mit der Bildung von Tandems in den Seminaren gemacht. Dabei kann es sich zum Beispiel um eine Erzieherin und eine Teilnehmerin handeln, die in einer stationären Pflegeeinrichtung mit Menschen mit Demenz arbeitet.

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Während kleinere Kinder oft noch unbefangen mit den Veränderungen umgehen, kann es für grössere Kinder schwer nachzuvollziehen sein, warum sich der Grossvater oder … weiterlesen

Man tauscht sich aus, lernt sich kennen und dann heisst es vielleicht, «lass uns doch einmal etwas zusammen machen. Kann ich mit den Kindergartenkindern einmal in die Pflegeeinrichtung kommen?» So entstehen Verabredungen für intergenerative Treffen und Aktivitäten.

«Dazu braucht es allerdings auf beiden Seiten eine hohe Sensibilität und die Rücksichtnahme auf individuelle Bedürfnisse, aber es kann gelingen. Es können dabei sehr schöne, wertvolle Begegnungen und langfristige Kontakte entstehen.» 

Sonja Steinbock berichtet von einer Mutter, die zunächst nicht damit einverstanden war, dass ihre kleine Tochter mit in die nahe gelegene stationäre Altenpflegeeinrichtung ging. Später willigte sie dann doch ein.

Als sie sie mittags abholen wollte, sah sie, wie sich ihre Tochter und eine ältere, demenziell erkrankte Frau – offensichtlich in tiefer Verbundenheit – wechselseitig und konzentriert die Gesichter anmalten.

Die Mutter war tief bewegt und bedankte sich bei der Erzieherin für die Begegnung.

Das intergenerative Miteinander, die Kommunikation zwischen Menschen der Grosseltern- und Enkelgeneration ist für beide Seiten gewinnbringend. Manchmal braucht es aber professionelle Erklärungen und Unterstützung – vor allem, wenn sich der physische und psychische Zustand eines Menschen, seine kognitive Leistungen sowie sein Sozialverhalten verändern. 

«Es macht Menschen krank, wenn sie mit ihren Problemen allein gelassen werden. Deshalb ist es gut, dass es demenzjournal.com gibt.»

Gerald Hüther, Hirnforscher und Bestsellerautor

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Sind die Kinder damit nicht überfordert? «Nein, ganz und gar nicht», meint die Pflegewissenschaftlerin Sonja Steinbock. Gemeinsam mit Andrea Josefa Brinker, Altentherapeutin und Trainerin für Kommunikation, hat sie mit Unterstützung des Deutschen Hilfswerks und der Alzheimer Gesellschaft Warendorf das Projekt «Kindern Demenz erklären» (KIDZELN) ins Leben gerufen.

Im Rahmen dieses Projektes wurden zehn Spielmodule entwickelt, die jeweils eine Stunde dauern und verschiedenste Aspekte eines Themas mit unterschiedlichen didaktischen Methoden spielerisch erarbeiten.

Damit die Zielgruppe Kinder im Kindergartenalter gut und richtig angeleitet werden kann, ist ausserdem eine Schulung für Multiplikatorinnen und Multiplikatoren entwickelt worden.

afi-kids

Die Webseite der afi-kids ist speziell für Kinder gemacht: Hier erfahren die Jüngsten von Katja und Max, dass ihre Grossmutter, mit der sie zusammenleben, von einer Alzheimer-Demenz betroffen ist. In einer ihrem Alter entsprechenden Sprache wird ihnen unter anderem erklärt, was sich hinter dem Begriff Alzheimer eigentlich verbirgt.

www.afi-kids.de

Sonja Steinbock und Andrea Josefa Brinker haben selbst Kinder und beide haben beruflich mit Menschen mit Demenz zu tun. Als Frau Brinkers Tochter noch in die Kita ging, hat sie 2006 damit begonnen, auf kreative Art und Weise in der Einrichtung, die ihre Tochter besuchte, schon den Kleinsten zu erklären, was Demenz bedeutet. Das sprach sich herum, weitere Kindergärten fragten sie an.

Bei Frau Steinbocks Tochter stand vor zehn Jahren der Besuch der Kita-Gruppe in einem Pflegeheim bevor, der aber abgesagt werden musste, weil nur wenige Eltern ihre Einwilligung gegeben hatten.

Offensichtlich hatte die Mehrzahl Bedenken, dass ein solcher Besuch in einer stationären Einrichtung und das Miteinander von alten, unterstützungsbedürftigen und auch demenziell betroffenen Menschen eine Überforderung für ihre Kleinen sein könnte.

Diese Erlebnisse haben Steinbock und Brinker zusammengeführt. Beide waren sich einig, dass hier etwas passieren muss. Zunächst recherchierten sie zum Thema Kinder und Demenz und stellten fest, dass es zwar viele Materialien für Kinder im Grundschulalter und für Jugendliche gibt, aber nichts für die ganz Kleinen. So haben sie das unverschriftlichte Konzept von Andrea Brinker weiterentwickelt.

Als übergeordnete Ziele der Module stehen das Verständnis für sich selbst und für die Mitmenschen sowie die Entwicklung von Sicherheit, Toleranz und Offenheit in der intergenerativen Begegnung im Mittelpunkt. Entsprechend gehen den eigentlichen Demenzmodulen Module voraus, die dazu anleiten, sich mit der eigenen Person zu beschäftigen und mit den Gefühlen und Haltungen im zwischenmenschlichen Miteinander.

Das erste Modul trägt den Titel «Ich, Du, Wir – sich selbst und andere annehmen». Im zweiten Modul geht es um das Thema Gefühle, das dritte Modul thematisiert Sinne, Sinnesorgane und Sinneserfahrungen.

Es wird mit Zeichnungen und mit Fotos des Fotografen Michael Hagedorn gearbeitet, der sich auf das Thema Demenz spezialisiert hat, ausserdem mit Musik, Rhythmus und Bewegungsspielen. Für ruhigere Phasen können Kinderyoga-Übungen eingebaut werden.

Seit 2012 führen Steinbock und Brinker sogenannte Multiplikatorenschulungen auf der Grundlage dieser zehn Module durch. «Bei den Schulungen ermuntern wir die Multiplikatorinnen und Multiplikatoren, diese Module lediglich als Orientierung und Unterstützung zu betrachten», sagt Sonja Steinbock. Auch die Reihenfolge müsse nicht akribisch genau eingehalten werden.

«Wir motivieren alle Teilnehmenden dazu, sich für die Themen und Methoden zu entscheiden, die ihnen selbst Freude machen». Selbstverständlich berücksichtige man stets auch, was den einzelnen Kindern und der Gruppe Spass machen könnte

«Zudem muss man sich jeweils überlegen, wie die Module am besten in das Gesamtkonzept und in den Ablauf der Kita passen», sagt Steinbock. Die Inhalte der zehn Module werden den Kindern innerhalb eines Jahres von verschiedenen geschulten Erzieherinnen vermittelt.

«Was hat Oma?»

Das interaktive Lernspiel «Was hat Oma?» wurde 2013 im Rahmen des Hochschulwettbewerbs Den demografischen Wandel gestalten – aber wie? Nachwuchswissenschaftler kommunizieren ihre Arbeit von einer Architekturgruppe der Technischen Universität Dresden entwickelt. Das Spiel kann im Internet angesehen und frei genutzt werden.
http://www.was-hat-oma.de

Doch nicht nur Erzieherinnen lassen sich als Multiplikatorinnen schulen, darunter finden sich auch Tagesmütter, Mitarbeitende von Beratungsstellen, Alltagsbegleiter und Musikgeragoginnen. Auch ehrenamtlich Tätige, die sich bei Alzheimer-Gesellschaften engagieren, zum Beispiel pensionierte Lehrkräfte, die in Grundschulen und in den unteren Klassen weiterführender Schulen das Thema Demenz mit den Schülern bearbeiten. Auch für diese Alterskategorien können die Module genutzt werden.

Ein positiver Nebeneffekt bzw. realisierter Wunsch sei auch, «dass sich die Wahrnehmung und Sensibilität der Teilnehmenden durch die Multiplikatorenschulung verändert. Viele Erzieherinnen stellen zum Beispiel zu Beginn der Schulung fest, dass es bei den von ihnen betreuten Kindern keinen Kontakt mit demenziell betroffenen Menschen gibt – auch nicht im Miteinander von Grosseltern und Enkelkindern.» 

Am nächsten Seminartag, zwei oder drei Wochen später, berichteten sie dann aber häufig vom Gegenteil: Nun stellten sie erstaunt fest, dass viele Kinder in oder ausserhalb der Familie Kontakt mit demenziell betroffenen Menschen hatten.

Sehr gute Erfahrungen haben Steinbock und Brinker auch mit der Bildung von Tandems in den Seminaren gemacht. Dabei kann es sich zum Beispiel um eine Erzieherin und eine Teilnehmerin handeln, die in einer stationären Pflegeeinrichtung mit Menschen mit Demenz arbeitet.

Man tauscht sich aus, lernt sich kennen und dann heisst es vielleicht, «lass uns doch einmal etwas zusammen machen. Kann ich mit den Kindergartenkindern einmal in die Pflegeeinrichtung kommen?» So entstehen Verabredungen für intergenerative Treffen und Aktivitäten.

«Dazu braucht es allerdings auf beiden Seiten eine hohe Sensibilität und die Rücksichtnahme auf individuelle Bedürfnisse, aber es kann gelingen. Es können dabei sehr schöne, wertvolle Begegnungen und langfristige Kontakte entstehen.» 

Sonja Steinbock berichtet von einer Mutter, die zunächst nicht damit einverstanden war, dass ihre kleine Tochter mit in die nahe gelegene stationäre Altenpflegeeinrichtung ging. Später willigte sie dann doch ein.

Als sie sie mittags abholen wollte, sah sie, wie sich ihre Tochter und eine ältere, demenziell erkrankte Frau – offensichtlich in tiefer Verbundenheit – wechselseitig und konzentriert die Gesichter anmalten.

Die Mutter war tief bewegt und bedankte sich bei der Erzieherin für die Begegnung.

Das intergenerative Miteinander, die Kommunikation zwischen Menschen der Grosseltern- und Enkelgeneration ist für beide Seiten gewinnbringend. Manchmal braucht es aber professionelle Erklärungen und Unterstützung – vor allem, wenn sich der physische und psychische Zustand eines Menschen, seine kognitive Leistungen sowie sein Sozialverhalten verändern.


Wer gerne zu einem Buch greift, einem Kind vorlesen möchte oder einem Kind, das bereits lesen kann, ein Buch schenken möchte, kann auf eine Auswahl von liebevoll illustrierten und verständlich verfassten Kinder- und Jugendbücher zurückgreifen, unter anderen:

  • Martin Baltscheit: Die Geschichte vom Fuchs, der den Verstand verlor. 3. Auflage, Weinheim 2018. – Ein mehrfach ausgezeichnetes Buch für Kinder ab vier Jahre.

  • Daniel Kratzke: Oma isst Zement! München 2014.

  • Ulf Nilsson / Eva Eriksson: Als Oma seltsam wurde. Weinheim 2016.


Kontaktmöglichkeiten und weitere Informationen zum Projekt KIDZELN (Kindern Demenz erklären)

Webseite: www.demenz-service-muensterland.de

Webvideo: www.rtl-west.de/beitrag/artikel/was-kidzelt-denn-da/