Am Anfang von Till Veltens Demenz-Engagement standen Schauspieler aus Freiburg im Breisgau, die Angst hatten, im Alter ihre Texte zu vergessen. «In dem Moment bricht ihr Handwerkzeug zusammen», sagt Velten. «Ich fragte mich, wie ich Ihnen die Angst vor einer Demenz nehmen kann. Wir unternahmen viele gemeinsame Ausflüge zu Prominenten, die an einer Demenz erkrankt sind.»
Eines Tages besuchten sie eine Wohngemeinschaft für Menschen mit Demenz. Sie waren überrascht von dem, was sie dort sahen: «Uns eröffnete sich ein kaleidoskopartiges Bild. Ich nahm die WG wahr wie eine Klasse an der Kunstakademie. Es herrschte eine schillernde Stimmung der Kreativität. Die Gesunden erschienen in dieser Welt als Störung.»
Kaffee in der Demenz-WG
Velten realisierte, dass sich Menschen mit Demenz in einer guten Umgebungskultur sehr wohl fühlen. Und dass es bei ihrer Betreuung und Pflege Respekt, Nähe und Anerkennung braucht. Er lud Kulturschaffende – darunter auch die Schauspieler, die sich vor einer Demenz fürchteten – zum Kaffee in die Freiburger WG ein. Aus diesen Treffen und Interviews entstand 2015 das Buch «Sprechen über Demenz».
Im letzten Winter verbrachte Velten mehrere Wochen in der Sonnweid. Er führte Gespräche mit Angehörigen und Betreuenden. Er verbrachte als «Zuschauer» viele Stunden auf den verschiedenen Stationen. «Das schillernde Bild ist in dieser Zeit auch grau geworden», so Velten. «Ich nahm die Nähe zum Tod wahr – er ist hier stets auf eine gute Art anwesend.»
Buch, Ausstellung und Schal
Aus den Recherchen und aus Beiträgen von weiteren Autoren stellt Velten nun das Buch «Die Schule der Endlichkeit» zusammen. Es wird im kommenden Herbst im Herder Verlag erscheinen. Ein halbes Jahr später ist im Haus Konstruktiv in Zürich die gleichnamige Ausstellung zu sehen. Bereits jetzt erhältlich sind zwei Varianten eines Kaleidoskop-Schals (siehe Foto, zu bestellen beim Vexer-Verlag). Die Träger der Schals «bekennen Farbe» und solidarisieren sich mit Menschen mit Demenz.