Sein Buch widerspricht gängigen Erklärungsmodellen zur Entstehung von Alzheimer-Demenz. In »Raus aus der Demenz-Falle!« plädiert der Neurobiologe Prof. Gerald Hüther für einen Perspektivwechsel. Denn nicht Plaque-Ablagerungen sind das Problem, sondern eine Welt, die krank macht. Die gute Nachricht: Es gibt Wege aus der Falle.
demenzjournal: Herr Prof. Hüther, Sie sind Initiator der Akademie für Potentialentfaltung. Welche Philosophie liegt dieser Akademie zugrunde?
Prof. Gerald Hüther: In meiner Forschertätigkeit sind mir zwei Dinge klar geworden. Erstens: Ich kann das Gehirn nicht isoliert vom restlichen Körper betrachten. Zweitens: Ich kann es nicht vom Beziehungsgefüge des Menschen trennen. Denn erst über Erfahrungen im Austausch mit anderen entwickelt es sich.
Demzufolge bin ich kein Hirnforscher, sondern ein Hirn-Körper-Gesellschaftsforscher. Weil es dazu an den Universitäten kein Fachgebiet gibt, habe ich die Akademie für Potentialentfaltung gegründet. Man muss sich die Lebenswelt der Menschen anschauen.
Was passiert in Schulen, der Arbeitswelt, in Altersheimen? Wie beeinflusst unser Umgang miteinander, wie wir leben?
Die Angst, in die wir uns ständig versetzen – Hilft das einem Menschen, seine Talente zu entfalten? Oder führt das eher dazu, dass er eine Kümmerversion dessen bleibt, was er hätte werden können?
Sie kritisieren, dass die aktuelle Wissenschaft größere Zusammenhänge außer Acht lässt.
Die akademische Wissenschaft zerlegt das Lebendige in immer kleinere Teile, um es zu untersuchen. Für mich aber beginnt Wissenschaft dort, wo man das Zerlegte wieder zusammenfügt. Natürlich ist klar, warum zerlegt wird: Damit wir Lebendiges wie Maschinen handhaben können.