alzheimer.ch: Die Pro Senectute wird hundert. Was wünschen Sie ihr zum Jubiläum?
Werner Schärer: Ich wünsche ihr, dass sie so erfolgreich weiterarbeitet wie bis anhin und mit Professionalität und Innovationskraft den Herausforderungen der Zukunft begegnet. Sie ist ja eine gesamtschweizerische Organisation mit einer starken lokalen Verankerung.
Äusseres Zeichen dafür ist das neue Erscheinungsbild. Pro Senectute tritt überall unter dem gleichen Logo und dem Slogan «gemeinsam stärker» auf. Diesen Weg wollen wir weiter gehen.
Vor hundert Jahren hat wohl niemand diese Entwicklung von Pro Senectute vorausgesehen …
Pro Senectute entstand mitten im Ersten Weltkrieg aus einer grossen Not heraus: Altersarmut war weit verbreitet. Wer nicht mehr arbeiten konnte und von seiner Familie nicht versorgt wurde, hatte ein schweres Los.
Diesen bedürftigen «Greisen und Greisinnen» wollte die Stiftung «Für das Alter» einen würdigen Lebensabend ermöglichen. Es ist eine grossartige Leistung, dass dieses Ziel erreicht worden ist.
Welches sind die Höhepunkte in der Geschichte von Pro Senectute?
Von Anfang an hat sich die Stiftung für die Errichtung einer Alters- und Hinterbliebenenversicherung, die heutige AHV, eingesetzt – so stand es auch in ihren Statuten. 1947 konnten schliesslich die ersten Renten ausbezahlt werden. Das war sicher einer der grössten Höhepunkte in der Schweizer Sozialgeschichte und damit auch in der Geschichte von Pro Senectute.
Wo sind weitere Erfolge zu erkennen?
Pro Senectute schafft es bis heute, von Armut betroffene ältere Menschen finanziell so zu unterstützen, dass sie trotz materieller Schwierigkeiten ein selbstbestimmtes Leben führen können. Damit hat sie ein weiteres Ziel ihrer Gründungsväter erreicht.
Werner Schärer
Werner Schärer wurde 1954 in Herisau geboren, wuchs im Appenzellerland auf und besuchte die Kantonsschule in St. Gallen. Er studierte an der ETH Zürich Forstingenieur und erwarb an der Universität Zürich das Lizenziat in Rechtswissenschaften. Danach arbeitete er zunächst im zürcherischen Forstdienst und wechselte später zum Bundesamt für Umwelt. Sieben Jahre war er als Eidgenössischer Forstdirektor tätig. Seit dem 1. Januar 2007 ist er Direktor von Pro Senectute Schweiz. Werner Schärer ist verheiratet, hat vier erwachsene Kinder und lebt mit seiner Frau Beatrice in der Nähe von Zürich.
Pro Senectute hat sich zudem stets weiterentwickelt; neue Dienstleistungen wurden auf den Markt gebracht und weitere Beratungsstellen eröffnet. Heute sind wir eine vielseitige Organisation, und unsere unterschiedlichen Angebote tragen tagtäglich zur guten Lebensqualität vieler Seniorinnen und Senioren bei.»
Welches ist für Sie der Grund für diese erfolgreiche Pro-Senectute-Geschichte?
Es ist Pro Senectute gelungen, mit der gesellschaftlichen Entwicklung mitzuhalten oder ihr sogar ein bisschen voraus zu sein. Sie hat die jeweiligen Bedürfnisse erkannt und entsprechend gehandelt. So wurde aus dem einstigen Hilfswerk eine zeitgemässe und zukunftsorientierte Organisation im Dienst der älteren Menschen.
Im Jubiläumsbuch «Eine Jahrhundertgeschichte. Pro Senectute und die Schweiz 1917 bis 2017» wird diese Entwicklung ausführlich beschrieben und in den Kontext der Schweizer Sozialgeschichte gestellt.
Wie sieht Pro Senectute in hundert Jahren aus?
Seniorinnen und Senioren werden dann bestimmt ganz anders leben. Ich denke da etwa an die technologischen Entwicklungen. Sie bieten älteren Menschen grosse Chancen, fordern sie aber oft auch heraus. Diesem Wandel werden wir unsere Angebote anpassen müssen und damit mithelfen, dass die Digitalisierung keine Verlierer produziert.
Wir gehen mit der Zeit und werden dies auch künftig tun. Deshalb bin ich überzeugt, dass wir auch in hundert Jahren noch die kompetente Ansprechpartnerin für Altersfragen sein werden.
«Im Bereich der finanziellen Unterstützung wünsche ich mir, dass es Pro Senectute im Jahr 2117 nicht mehr brauchen wird.»