Man darf ohne Zögern behaupten, dass der SBK (Schweizer Berufsverband der Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner) mit der Einreichung der Pflegeinitiative beim Bund endgültig ein ernstzunehmender Player in der Gesundheitspolitik geworden ist.
Dass es notwendig war, das Heft selbst in die Hand zu nehmen, zeigte die Begrüssungsansprache von SGGP-Präsident Jean-François Steiert an der Tagung «Die Pflege in Bundesbern» im November 2018.
Die Politik habe es verpasst, Verantwortung an die Pflege abzugeben. Im Gesundheitswesen verharre man in den alten Hierarchien, sagte Steiert. Die Folge sei ein ineffizientes System. «Mit dem falschen Geld wird das Falsche finanziert, die Kompetenzen der Pflege werden verschwendet, statt genutzt.»
Pflegeinitiative
Obwohl der Bundesrat die Pflegeinitiative ohne Gegenvorschlag ablehnt (siehe Ende des Beitrags), war für Schwester Liliane Juchli der Tag der Einreichung der Unterschriften ein besonderer Tag.

«Die Energie, die ich auf dem Bundesplatz gespürt habe, war für mich eine grosse Freude», sagte die unermüdliche Kämpferin für die Pflege, und sie wecke Hoffnung.
Diese Hoffnung habe zwei Kinder: «Zwillinge, nicht eineiige. Sie heissen Wut und Mut. Wichtig ist, dass sie Hand in Hand gehen, man darf die Wut nicht destruktiv werden lassen.»
Die Politik müsse sich für die Pflege einsetzen, aber: «Die Zukunft liegt auch in unseren Händen. Was wir einfordern, muss gelebt und erwiesen sein. Geht den Weg, der vom SBK vorgepfadet wird, mit Berufsstolz!»
Mangelnder Berufsstolz war den drei «Jungen Wilden», die an der Tagung referierten, nicht anzumerken. Sie wissen um den Wert ihrer Ausbildung und fordern die Anerkennung ihrer Kompetenzen.
Dazu gehört für Pflegefachfrau FH Tanja Löpfe auch die Eigenverantwortung, und für Viola Lorenz, die scheidende Präsidentin von Swiss Nursing Students, die sachgerechte Finanzierung aller Bereiche.
Sabir Semsi, Pflegefachmann HF in Ausbildung, erwartet, dass die Parteien, welche die Gesundheitsversorgung im Parteibuch haben, auch entsprechend wegweisende Ergebnisse liefern. Mit Kritik halten die drei nicht hinter dem Berg:
In der Gesundheitspolitik dominieren Partikularinteressen, einseitige Sichtweisen und Parteiengezänk.
Im Berufsfeld herrschten Zeitmangel, Leerläufe und unnötige Abhängigkeiten, die Wertschöpfung durch die Pflege werde ignoriert. Hinzu kämen die Folgen der Ökonomisierung: Profitdenken, Überregulierung, ineffiziente Finanzierung.
Ihr Fazit der aktuellen Situation: Man reite ein totes Pferd. Es gelte abzusteigen und einen Neuanfang zu wagen. Die drei sind bereit, ihren Beitrag dafür zu leisten und sind überzeugt, das Rüstzeug dafür mitzubringen.
Pflegefinanzierung
Ein brennendes Thema auf nationaler Ebene ist die Pflegefinanzierung im Langzeitbereich. Sie wurde 2011 neu geregelt, um zwei Ziele zu erreichen: Die Beiträge der obligatorischen Krankenpflegeversicherungen OKP zu stabilisieren und die sozial schwierige Situation der Pflegebedürftigen zu verbessern.
Dazu wurden Massnahmen definiert: Begrenzung der Beiträge der OKP, Limitierung der Patientenbeteiligung, die Kantone und gegebenfalls Gemeinden regeln die Restfinanzierung.
Gemäss der im Sommer veröffentlichten «Evaluation neue Pflegefinanzierung», die an der SGGP-Tagung von Christian Vogt vom Bundesamt für Gesundheit BAG präsentiert wurde, habe man dieses Ziel erreicht.
Dass es bei der Umsetzung, namentlich bei der Restfinanzierung hapert, sei zwar bekannt. Es brauche aber keine zusätzlichen Regulierungen, das BAG und das Departement des Innern EDI würden mit den Restfinanzierern, sprich Kantone und Gemeinden, das Gespräch suchen. Ob dies innert nützlicher Frist auch die gewünschten Resultate bringt, wird sich zeigen …