Seit ich in der Pflege arbeite, beobachte ich ein Phänomen: Der Druck wird von oben nach unten weitergereicht. Die Führung einer Institution beschliesst aus diversen nachvollziehbaren und manchmal auch nicht nachvollziehbaren Gründen, Kosten zu sparen.
Die Konsequenz ist immer die gleiche: Es wird am Personal und damit auch (oder nur) in der Pflege gespart. In der Öffentlichkeit wird dieser Schritt garniert mit Sätzen wie: «Die Pflegequalität wird aufrechterhalten». Spätestens da werde ich ein erstes Mal hellhörig. Übersetzt heisst das doch: «Bisher hat sich die Pflege zu wenig angestrengt.»
Wenn es um einen Stellenabbau geht, werden meist frei werdende Stellen nicht mehr besetzt. Der Druck wächst schleichend.
Dabei kommt es sehr darauf an, welche Pflegedienstleitung der Betrieb hat. Ist sie eher nach oben orientiert und trägt diesen Abbau einfach widerspruchslos mit, wird sie den Druck ungefiltert nach «unten» und somit an die Basis weitergeben.
Häufig sind sich die Pflegedienstleitungen zwar bewusst, dass das früher oder später ins Auge gehen wird, haben aber keine Idee und keinen Mut, die Situation zu entschärfen. Diese Hilflosigkeit, die bis zur Überforderung gehen kann, sind zu erkennen an Sätzen wie «Ich kann die Mitarbeiter auch nicht zeichnen», am Ignorieren des Problems oder an den Vorwürfen an Pflegende, die wegen Krankheit ausfallen.
In einer solchen Situation ist die Spreu vom Weizen unter den Pflegedienstleitungen leicht auszumachen. Ich habe bisher leider mehr Spreu als Weizen gesehen.
So kommt es, dass der Druck ungefiltert die Pflegenden an der Basis trifft.
Und genau in diesem Moment wird die Basis zur Front. Ein Ausnahmezustand entsteht. Was vorher vielleicht noch zu schaffen war, nämlich eine menschenwürdige Pflege, wird unmöglich. Und was tun die Pflegenden? Aufbegehren?
Ja, einige wenige vielleicht. Die meisten machen es wie der Krug, der zum Brunnen geht, bis er bricht. Dieses Brechen kann sich unterschiedlich zeigen. Die einen verlassen das Schlachtfeld früh und hoffen, an einem anderen Ort auf bessere Bedingungen zu treffen.