Ich habe in den vergangenen Tagen viel nachgedacht. Der Anlass waren die Fragen, die mir gestellt wurden. Vor kurzem ist mein neues Buch erschienen und ich durfte ein paar Interviews dazu geben. In den Interviews ging es nicht nur um den Ratgeber, sondern auch um deine Alzheimererkrankung und wie wir als Familie damit umgehen. Ich wurde unter anderem gefragt, wie lange du schon an Alzheimer leidest. Diese Frage höre ich häufiger und sie irritiert mich immer sehr.
Liebe Mama, leidest du?
Ich habe nicht das Gefühl, dass du leidest. Es gibt Momente, da bist du traurig, wirkst ängstlich oder verunsichert. Es gibt auch Situationen, da tut dir etwas weh, so wie vor einiger Zeit, als du diese Wunde am Bein hattest. Aber leidest du …?
Ich werde häufig gefragt, wie es dir geht. Die Frage kommt meist zögerlich und ein zaghaftes «wenn man das denn fragen darf» wird nachgeschoben. Es wirkt ein wenig so, als hätten die Fragenden Angst vor einer Antwort. Vielleicht überraschend für mein Gegenüber, aber ich antworte sehr oft mit: «Eigentlich ganz gut.»
Manchmal ernte ich erstaunte Blicke und dann erkläre ich: Dass deine Alzheimer-Erkrankung schon weiter fortgeschritten ist. Dass du bei so ziemlich allen Dingen Hilfe benötigst, auch bei vermeintlich alltäglichen und normalen Tätigkeiten wie Aufstehen und Hinsetzen, Essen und Trinken … Es ist immer mehr geworden, bei dem du Unterstützung benötigst – und doch habe ich nicht das Gefühl, dass du leiden würdest.
Eigentlich habe ich sogar das Gefühl, dass es dir gut geht.
Du sitzt tagsüber in deinem Lieblingssessel im Wohnzimmer. Um dich herum ist ein kuscheliges Lammfell und falls du anfängst zu frösteln, legt Papa dir die beige Strickdecke auf deine Beine und zieht dir das weiche Jäckchen an.
Auch in der Tagespflege hast du einen Platz, an dem du entspannt sitzen kannst. Du bist überall dabei und wenn es dir zu viel wird oder du Ruhe möchtest, dann schließt du deine Augen und machst ein Nickerchen. Wenn ich bei euch bin, beobachte ich dich oft und dich umgibt eine große Ruhe.