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Alzheimer und wir

Liebe Mama, manchmal fühle ich mich hilflos

Peggy Elfmann hält die Hand ihrer demenzkranken Mutter.

Peggy freut sich immer, wenn sie bei ihren Eltern sein darf. Doch es macht ihr Sorgen, wie viel Kraft ihr Vater für die Betreuung aufbringen muss. Bild Peggy Elfmann

Peggy Elfmann hat mehr und mehr das Gefühl, dass sie auf zwei Menschen achten muss: Auf ihre demenzkranke Mutter und auf ihren Vater, der sich mit der Betreuung zunehmend überfordert.

In letzter Zeit merke ich immer wieder, dass das mit dem Helfen und Unterstützen nicht so einfach ist. Dass da eine Lücke zwischen der Theorie und dem realen Leben ist. Ich merke, dass es für Papa oft schwer ist.

Wenn mein Bruder und ich ihm Unterstützungsangebote vorschlagen oder wir Aufgaben abnehmen wollen, dann ist es ihm jedoch auch nicht recht und er meint, er möchte es selbst machen. Helfen zu wollen, aber nicht wirkich helfen zu können (oder dürfen), finde ich gerade schwer. Darum geht es in diesem Brief: Liebe Mama, manchmal fühle ich mich hilflos!

Irgendwie geht es, sagt Papa

Ich war einige Tage bei euch, weil ich helfen und Papa unterstützen wollte. Immer, wenn wir am Telefon sprechen, sagt er, dass es schon irgendwie geht und dass er möchte, dass es dir gut geht. Aber zeitgleich höre ich heraus, dass er sich belastet fühlt und manchmal sagt er, dass es gerade ein wenig viel ist.

Kai und ich richten es so oft wie möglich ein, dass wir bei euch sind und euch unterstützen. Aus der Ferne organisieren wir eine ganze Menge. Und auch zu Hause habt ihr Unterstützung. Nun kommt schon seit einer ganzen Weile täglich der Pflegedienst zu euch, auch im Haushalt und Garten bekommt Papa Hilfe.

Es wäre noch viel mehr möglich. Immer wieder reden wir mit ihm darüber, ob nicht noch mehr Unterstützung hilfreich wäre und wie das aussehen könnte. Das am Telefon zu besprechen, finde ich schwierig, auch weil Papa eigentlich nichts abgeben möchte.

Ich weiß, wie schwer es Papa fällt, Hilfe anzunehmen und überhaupt, er möchte dich nicht gehen lassen. Dazu gehört, dass er sich eigentlich alleine kümmern möchte und niemand anderes. Ihm fällt es sogar schwer, uns Dinge zu überlassen, beim Pflegedienst ist das noch viel zäher… »Ich möchte, dass meine Kleine es gut hat«, sagt Papa und meint damit eigentlich: »Ich möchte bei meiner geliebten Frau sein. Sie soll nicht von mir gehen.«

Im Podcast von Peggy Elfmann spricht der demenzworld-Präsident Dominik Isler über die Erkrankung seines Vaters

Spotify/Leben, Lieben, Pflegen

Ich kann das durchaus nachempfinden – und doch merke ich an Papa, wie viel Kraft es ihn kostet, für dich da zu sein und das macht mir Sorgen. In einem Gastbeitrag hat Michael neulich ja darüber geschrieben, wie sich sein Vater aufgeopfert hat für die Pflege seiner Frau – und genau davor habe ich Angst.

Papa und ich führen immer die gleichen Gespräche

Als ich bei euch war, war es schön. Ich freue mich immer, wenn ich dich sehe, dich umarmen kann und merke, dass es dir gut geht. Es ist schön zu sehen, dass du wieder mehr Appetit hast und viel mehr gegessen hast, als es noch vor ein paar Wochen der Fall war. Du hast gesprochen, zwar keine Worte, die ich kenne, aber egal. Du wolltest dich uns mitteilen und in unserer Runde sein – und das ist doch das wichtigste und immer wieder ein echter Glücksmoment.

Doch war es auch anstrengend bei euch, weil wir wieder einmal viel diskutiert haben. Papa und ich führen immer und immer wieder die gleichen Gespräche. Und ich weiß, dass es Kai ähnlich geht. Wir möchten euch gerne helfen. Aber wir sind nun mal nicht täglich vor Ort, deswegen möchten wir Unterstützung organisieren.

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Es gäbe etliche Möglichkeiten und auch der Pflegedienst hat noch freie Kapazitäten. Aber sobald wir anfangen darüber zu sprechen, meint Papa, dass es doch nicht nötig sei. »Ich schaffe das schon noch«, sagt er dann. Und ich habe Angst, dass er den Zeitpunkt nicht erkennt, wann es nicht mehr geht und sich überfordert.

Liebe Mama, war Papa früher eigentlich auch schon so stur und hat darauf beharrt, dass er die Dinge alleine machen möchte? Dass er am besten weiß, welche Hilfe und Unterstützung notwendig ist? Und dass sich niemand so gut kümmert, wie er? Er macht das so liebevoll und ich bin ihm dankbar, aber ich habe auch Angst um ihn. Immer häufiger habe ich das Gefühl, dass ich auf zwei Personen achten muss: auf dich und auf Papa.

Was mir ein wenig in der Hilflosigkeit hilft

In solchen Diskussionen, wenn Papa einerseits überfordert wirkt, aber andererseits keine Hilfe möchte, wünschte ich, dass du als gesunde Mama da wärest. Du könntest gewiss ein wenig Ruhe in erhitzte Gespräche bringen. Vielleicht könntest du ihm auch die Erlaubnis geben, dass jemand anders sich kümmern darf. Oder ihm sagen, dass es nicht immer perfekt sein muss, sondern manchmal auch gut genug okay ist und du mit den Damen vom Pflegedienst gut klarkommst.

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Liebe Mama, ich erinnere mich, dass du früher oft gesagt hast: »Wir beobachten das mal.« Das ist einer der Leitsätze, an die ich mich jetzt manchmal halte und die mir gegen dieses Gefühl der Hilflosigkeit hilft. Zu beobachten – und dann in dem Moment, wenn Papa Hilfe möchte und annehmen kann, da zu sein und ihn dabei zu unterstützen, diese zu finden und ins Haus zu holen (oder was auch immer dann notwendig ist). Auch, wenn ich jetzt konkret vielleicht nichts tun kann, so kann ich mich vorbereiten.

Papa will dich nicht »weggeben«

Ein anderer Satz, der mich seit einigen Monaten (oder sind es schon Jahre?) begleitet ist: »Wir können es ja mal probieren.« Pflegen geht mit so vielen Veränderungen einher und oftmals muss man Neues ausprobieren. Dazu kommt: Es sind Veränderungen, die man eigentlich gar nicht möchte. Ich erinnere mich, dass wir viele, viele Monate (eher Jahre) über das Thema Tagespflege gesprochen haben. Eigentlich hat jeder Papa dazu geraten, aber er war immer noch unsicher. Er meinte, dass er dich nicht »weggeben« wolle.

»Wir können es ja mal probieren«, war der einzige Rat, dem ich irgendwann noch geben konnte. Und als ein Platz frei wurde, hat Papa sich getraut und gemeint, ihr würdet es mal ausprobieren. Und es hat funktioniert: Du hast dich wohl gefühlt, hattest in der Tagespflege eine andere und sehr gute Unterstützung. Papa hat dann irgendwann die Tage erhöht.

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Wie geht es nun weiter? Du wirst mehr Unterstützung benötigen – und Papa auch. Ich hätte gerne einen Plan – und ich weiß, dass Papa den auch gerne hätte. Vielleicht müssen wir einfach ausprobieren. Probieren, was dir guttut. Probieren, was Papa guttut. Und probieren, was wir leisten können. Kleine Schritte machen – und Dinge wagen.

Manchmal ist es vielleicht auch einfach schwer. Manchmal fühle ich mich hilflos. Und vielleicht ist das dann einfach so, oder? Es tut gut darüber zu reden. Zu erfahren, dass es nicht nur mir so geht, das hilft schon ein wenig weiter. Dass es mit dem Helfen nicht so einfach ist und dass so viele Gefühle mitspielen, wenn wir uns um andere Menschen sorgen. Und das ist zumindest gerade ein kleiner Trost.

Deine Peggy