29. Dezember 2022
Ich tue dem Film, den ich im letzten Logbuch kritisiert habe, Unrecht. Er gehorcht den Gesetzen des Films. Ich bin nur neidisch, dass ich in der Realität leben muss. Da kann ich nicht einfach abblenden, wenn es langweilig, mühsam, nervtötend wird. Also erfreue ich mich an einer Sternstunde unseres Alltags: Ich habe deinen Fotoapparat wiedergefunden! Ganz unten in deiner Sockenschublade. Du strahlst und knipst gleich ein paar Fotos von mir. Die meisten lösche ich später heimlich, weil mir meine Haare zu fettig und meine Falten zu ausgeleuchtet sind. Dass frau mit fast 70 Jahren noch so eitel sein kann! Ich amüsiere mich über mich selbst. Zum Glück kann ich inzwischen wenigstens das: meine Fehler mit mildem Spott betrachten statt mit zersetzender Selbstkritik.
Gemeinsam legen wir deinen Fotoapparat an seinen Platz in den Flurschrank zu deinem ausgemusterten analogen Fotoequipment.
Dann weißt du, wo du ihn findest, sage ich.
Natürlich weiß ich, wo meine Fotosachen sind, antwortest du und ziehst deine alten Canons hervor. Die sind doch viel besser als dieser neumodische Knipsapparat! Warum benutze ich die denn nicht?
Weil sie kaputt sind.
Das glaube ich nicht. Die waren noch nie kaputt. Lass mich mal sehen.
Ich lasse dich mal sehen. Während ich das Mittagessen koche, bist du mit deinen alten Fotoapparaten beschäftigt. Als ich dich zum Essen hole, schüttelst du ärgerlich den Kopf:
Die sind ja alle kaputt!
Ja, sage ich, schade. Aber du hast ja deinen neuen, den S. dir geschenkt hat.
Wo soll der denn sein?