alzheimer.ch: Dürfen Menschen mit Demenz an Bundestagswahlen ihre Stimme abgeben?
Das Wahlrecht ist eines der elementarsten staatsbürgerlichen Rechte, das nur in Ausnahmefällen eingeschränkt werden darf. Im Bundeswahlgesetz sind in § 13 die Ausnahmen geregelt.
Danach wäre ein Mensch mit kognitiven Einschränkungen nur dann vom Wahlrecht ausgeschlossen, wenn für ihn eine rechtliche Betreuung besteht und der Aufgabenkreis des Betreuers «alle Angelegenheiten» umfasst. Eine «eingeschränkte Kognition» oder «Fähigkeit zur Willensäusserung» reicht dafür nicht aus und das ist gut so.

Kann man über eine Generalvollmacht festlegen, wer für mich das Wahlrecht ausüben darf?
Bärbel Schönhof: Nein. Die derzeitige Rechtslage lässt eine Übertragung des Wahlrechtes nicht zu. Es bleibt ein höchstpersönliches Recht.
Wenn keine Übertragbarkeit auf einen Stellvertreter möglich ist, ist man also vom Stimmrecht ausgeschlossen?
Richtig. Menschen, für die eine Betreuung in «allen Angelegenheiten» bestellt ist, sind und bleiben derzeit ohne Wahlrecht.
Ob eine Gesetzesänderung hin zur Übertragbarkeit des Wahlrechtes auf andere Personen sinnvoll und machbar ist, muss sorgfältig abgewogen werden, da die Gefahr des Missbrauchs gegeben sein kann.
Ein Kandidat könnte in ein Altersheim gehen und dort die Wahlzettel von Bewohnern ausfüllen, die eine Demenz haben…
Der Gesetzgeber müsste dann in jedem Fall dafür sorgen, dass Menschen mit Demenz, insbesondere in späteren Stadien, nicht für Wahlmanipulationen missbraucht werden können.
Mitarbeiter der Alten- und Pflegeheime zum Beispiel sind gehalten, das Wahlgeheimnis zu respektieren.
Missbrauch kann nicht generell verhindert werden. Formen des Missbrauchs können sein: Unterlassene Meldung beim zuständigen Wahlamt, dass Betreuung in allen Angelegenheiten benötigt wird und zugleich nicht autorisierte Nutzung einer weiteren Wahlstimme durch Nächststehende.
Oder: Anordnungen einer rechtlichen Betreuungen nach §13 Bundeswahlgesetz ohne Dringlichkeit und damit Aberkennung des persönlichen Wahlrechts durch die Wahlbehörde.