13. Oktober 2013 – Jesu geh voran
Plötzlich ist es da, das Lied, mein Lied, das mich seit der ersten Schulklasse begleitet hat. Das Heidi Buch wurde uns vorgelesen, die Lieder, die Heidi der blinden Großmutter vorlas. »Es wird jeweils so hell in mir«. Ich lese die Verse im alten Kirchengesangsbuch meiner Mutter.
Mein Tagebuch
Diese Aufzeichnungen sind ehrlich, ungeschminkt, offen und authentisch. Mit der Veröffentlichung im Internet gehe ich bewusst das Risiko des mich (zu sehr?) Öffnens ein – aber mit brennendem Herzen. Meine Notizen zeigen ein eigenes, persönliches und ungeschöntes Bild vom Begleiten meines demenzkranken Partners. Mögen diese Tagebucheinträge Menschen in ähnlicher Situation helfen.(uek) Hier finden Sie alle bisher veröffentlichten Tagebucheinträge.
Wie damals – kaum konnte ich lesen, nahm ich dieses Büchlein und eines Abends wurde es auch in mir hell. Die Worte Jesu berührten mein Herz, er kam mir nahe, ich übergab ihm mein Leben, wir schlossen einen Bund.
Er hat ihn nie gebrochen. Ich dagegen schon. Und heute Morgen fließen Tränen der Rührung über diese Treue Jesu. Und über die Worte: Tu uns nach dem Lauf deine Tür auf.
Was wird er mich wohl fragen, wenn er mir die Tür aufmacht? Ob ich »brav« war? Fragt er mich nach meinen guten Taten? Oder nach all den Fehlern, die ich im Leben gemacht habe?
Je älter ich werde, desto mehr sehe ich ein, dass ich nie vor solchen Fragen bestehen würde. Ohne die Begnadigung durch Jesus würde ich haushoch verworfen. Durchgefallen. Nicht bestanden. Aber ich denke, er wird mich fragen: Hast du mich lieb?
Ja, Herr, ich liebe dich. Du hast mich aus aller Dunkelheit, Zerrissenheit heraus gerettet, hast mich durch alles Schwere hindurch getragen. Deine Treue steht immer wieder in großer Dankbarkeit vor mir. Und du trägst mich weiterhin durch alle dunklen Täler.
24. Oktober 2013 – Ultimo 76
Eigentlich bin ich schon seit Neujahr auf dem Papier 77-jährig. Immer werde ich um dreiviertel Jahre älter gemacht oder positiv gesagt, vorbereitet auf den nächsten Jahresring. Weder habe ich ein Facelifting hinter mir noch manche Schönheitssitzung. An einer Hand kann man die abzählen. Damals noch Brauen zupfen – die sind nun von allein ausgegangen. Sollte sie eher mit einem Stift nachziehen.
Am liebsten schaue ich mich im Spiegel ohne Brille an, dann sehe ich keine Falten und überhaupt, kommt es darauf an?
Morgen werde ich also 77. Mir gefällt diese Zahl. Elf mal sieben. Sieben mal elf. Dankbar blicke ich auf mein Leben zurück, etwas wehmütig vielleicht im Gedenken an all die Menschen, von denen ich mich im Laufe der Zeit trennen musste. Durch Tod, Distanzen oder einfach durchs Auseinanderleben. Jeder Mensch ging seinen Weg, man sah sich nicht mehr und andere teilten meinen Alltag.