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Notrufsysteme

Ein kleines Stück Freiheit

Wie viel Sicherheit wünsche ich im Alltag? Brauche ich das Gerät für zu Hause oder auch für unterwegs? Bin ich vom Gerät überfordert? PD

Notrufsysteme können ein selbstständiges Leben erleichtern oder weiterhin möglich machen. Vier Punkte, die Interessierte beachten sollten.

Sturz, Alarm, Hilfe. So einfach der Ablauf bei einem Notfallsystem scheint, so facettenreich sind die Details, die man über die vielen Angebote wissen muss. Es lohnt sich, das Produkt herauszufiltern, das den eigenen Bedürfnissen am besten entspricht. Folgende Infos sollen dabei helfen.

Die Optik

Nicht nur Kleider machen Leute, sondern auch Accessoires – oder Notrufgeräte. Diese gibts mittlerweile als Armband, als Uhr, als kleinen Sender für die Tasche und bald sogar als Brosche mit Halskette. Die Hersteller haben erkannt, dass auch das Aussehen zählt.

Denn: Das schlechteste Notrufgerät ist dasjenige, das man nicht gerne trägt. Etwa, weil man sich dafür schämt. «Für viele bedeutet ein Nothilfegerät noch immer: ‹Jetzt bin ich alt!›», sagt Reto Weber, Geschäftsführer von Smartlife Care, einem Unternehmen von Swisscom und Helvetia.

«Dabei sollte im Vordergrund stehen, dass die Geräte älteren Menschen zu einem möglichst langen Verbleib in den eigenen vier Wänden verhelfen können.» Smartlife Care gehört neben dem Schweizerischen Roten Kreuz und Vitatel zu den grössten Anbietern in der Schweiz.

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Smartlife Care begegnet der Stigmatisierung mit einem modischen Design, ebenso wie die Schweizer Unternehmen Smartwatcher und Limmex, deren schlichte elektronische Armbanduhren mit einem Notrufknopf ausgestattet sind.

Zu beachten ist, dass nicht alle Modelle wasserdicht sind und deshalb vor dem Baden oder Duschen abgelegt werden müssen. Manche Uhren müssen überdies täglich geladen werden. Wer dies nachts tut, sollte sie beim Gang zur Nachttoilette wieder anziehen. Wichtig ist auch, dass die Uhr einen Anrufbeantworter von einem Menschen unterscheiden kann.

Der Nutzen

Wie viel Sicherheit wünsche ich im Alltag? Brauche ich das Gerät für zu Hause oder auch für unterwegs? Traue ich mich, bei einem «halben Notfall» die Zentrale zu benachrichtigen? Oder ist es mir wohler, wenn ein Angehöriger die erste Anlaufstelle ist, was viele Anbieter ihren Kunden überlassen? Bin ich vom Gerät überfordert?

Wer sich für ein Notrufgerät interessiert oder anderen eines schenken möchte, sollte sich solche Fragen stellen. Eine neutrale Anlaufstelle, um sich beraten zu lassen, sind die Hilfsmittelshops von Pro Senectute in Basel, Fribourg – oder seit Kurzem auch Zug. «Mittlerweile haben viele Seniorinnen und Senioren gemerkt, dass die mobilen Notrufgeräte eine Chance sind, um im Alltag aktiv bleiben zu können», sagt Björn Binzegger, Leiter des Zuger Hilfsmittelladens.

Die Mobilität

Grundsätzlich unterscheidet man zwischen zwei Arten von Notrufsystemen: stationäre und mobile. Viele Anbieter vertreiben beides in Kombination. Stationäre Systeme werden in der Regel mit dem Telefonrouter am Stromanschluss angeschlossen, der mit einem Sender verbunden ist, den man auf sich trägt. Je nach Gebäude und Standort des Notrufgeräts funktioniert die Übertragung des Notfallsignals auch im Garten oder beim Briefkasten vor der Haustüre.

Ein Vorteil dieses Systems: Es kann durch den Anbieter überwacht werden und bleibt dank einer Batterie auch bei Stromausfall funktionsfähig. Zudem halten die Batterien in den tragbaren Sendern sehr lange.

«Es macht Menschen krank, wenn sie mit ihren Problemen allein gelassen werden. Deshalb ist es gut, dass es demenzjournal.com gibt.»

Gerald Hüther, Hirnforscher und Bestsellerautor

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Mobile Systeme eignen sich für daheim und unterwegs. Sie funktionieren über batterie- oder akkubetriebene Geräte. Das können Uhren, Armbänder oder kleine Sender sein, die um den Hals oder am Gurt getragen werden.

Übers Mobilfunknetz werden deren Trägerinnen und Träger im Notfall dank eingebautem Lautsprecher und Mikrofon angerufen und per GPS-Daten geortet – sofern dort, wo sie sich befinden, ein Funksignal vorhanden ist. Das ist in der Schweiz fast überall der Fall, in Bergregionen jedoch immer noch mit einem gewissen Risiko verbunden.

Andreas Bircher, Leiter Entlastung der nationalen Geschäftsstelle des Schweizerischen Roten Kreuzes (SRK), rät, bei mobilen Geräten auf sogenannte Euro-SIM-Karten zu setzen, die ortsunabhängig automatisch den Mobilfunknetz-Anbieter mit dem stärksten Signal wählen.

Das SRK bietet seit 35 Jahren ein Notrufsystem an, bei dem alle Geräte nur gemietet, nicht aber gekauft werden können. «Leider lassen sich aber immer noch viele ältere Menschen erst nach einem Sturz von ihren Angehörigen zum Tragen eines Notrufgeräts überzeugen», weiss Andreas Bircher.

Die Kosten

Ein Notrufgerät hat seinen Preis – nicht zuletzt deshalb, weil viele Anbieter ihre eigene 24-Stunden Notrufzentrale betreiben. Die günstigste Variante ist, sich eine Notruf-Uhr zu kaufen und ein Notruf-Abo zu lösen. Die billigsten Abos gibt es für 15 bis 30 Franken. Die Kosten der weiteren möglichen Varianten teilen sich wie folgt auf: Einerseits bedarf es eines Routers und eines oder zweier Notrufsender, die je nach Anbieter gekauft oder gemietet werden.

Hinzu kommt teilweise eine einmalige Startgebühr. Bei den meisten Dienstleistern sind Fehlalarme kostenlos, einige ermutigen die Kundschaft sogar dazu, monatlich einen Testanruf zu tätigen. Auch wer sich trotz grösserer Fehlalarmquote einen Fallsensor wünscht, sollte sich nicht davon abhalten lassen. Denn: Ein Fehlalarm zu viel ist immer noch besser als kein Notruf im Ernstfall.


Herzlichen Dank an die Herausgeber des Magazins «Zeitlupe» für die Gelegenheit der Zweitverwertung.