von Gina Kunst*, Erstveröffentlichung im Magazin ARTISET
Menschen, die an Demenz erkranken, können vieles nicht mehr, aber sie können lachen und weinen bis zum Schluss. Ein Mensch mit Demenz hat wie jeder Mensch bestimmte Ressourcen. Seine Antriebe und Gewohnheiten lösen auch bei ihm Handlungen aus. Die Gefühle zeigt er oder sie ungeschminkt mit jeder Geste. Ein Mensch mit Demenz steckt voller Überraschungen und Fähigkeiten, er ist authentisch, ehrlich und spürt seine Umwelt mit seinen Ur-Sinnen, die anderen oft verborgen sind.
Zugegeben, es ist nicht leicht für die Betroffenen, mit Demenz zu leben, und es ist schwierig für die Angehörigen, mit dieser Krankheit umzugehen. Besonders, weil uns ihre Wesensveränderung hilflos, manchmal ratlos und traurig macht.
Für einen Menschen, der an Demenz erkrankt ist, ist die Krankheit im Anfangsstadium meist erkennbar.
Der Erkrankte merkt, dass er Kompetenzen und Fähigkeiten verliert, dass er vieles vergisst, das macht ihn unsicher und macht ihm Angst. Ein Mensch, der unsicher und ängstlich ist, zieht sich häufig zurück.
Stellen Sie sich vor, Sie wachen morgens auf und wissen nicht, wo Sie sich befinden. Anfangs warten Sie vielleicht ein paar Sekunden und versuchen sich zu erinnern. Und jetzt stellen Sie sich vor, es gelingt Ihnen nicht. Was machen Sie als Nächstes? Spüren Sie schon ein wenig Angst, die sich im Bauch ausbreitet? Was machen Sie jetzt? Sie laufen los, oder? Auf der Suche nach Antworten öffnen Sie eine Tür, dann die nächste und die nächste und dabei fragen Sie wahrscheinlich jeden, den Sie auf Ihrer Suche antreffen: «Hallo, wo bin ich?» Ihnen wird gesagt: «Sie sind im Pflegeheim, wissen Sie, Sie wohnen hier!» – und das soll Sie beruhigen?