Welche Betreuungs- oder Pflegemethode war besonders hilfreich?
Die Kinästhetik hilft uns sehr. Dank ihr können wir rückenschonend arbeiten, auch für den Bewohner selbst ist es angenehmer. Basale Stimulation finde ich auch sehr schön. Man kann sich auf den Bewohner konzentrieren, ihm die Körpergrenzen zurückgeben.
Und bei der Kommunikation?
Da brachte ich schon viel mit. Wenn man eine wertschätzende Haltung mitbringt, muss man nicht viel verändern.
Sind Sie in dieser Hinsicht familiär «vorbelastet»?
Ja, meine Eltern legten viel Wert darauf, dass man mit Menschen wertschätzend umgeht.
Wie erleben Sie junge Kolleginnen, denen dies in der Familie nicht vorgelebt wurde?
In der Berufsschule gab es einzelne Kolleginnen, die respektlos miteinander umgingen. Da fragte ich mich: Wie wollen sie im Betagtenbereich arbeiten, wenn sie so mit Menschen umgehen?
«Um eine gute Betreuerin zu werden, ist das Wichtigste die Sozialkompetenz. Wer sie mit 16 oder 17 Jahren nicht hat, wird es schwer haben.»
Was muss ein junger Mensch mitbringen, wenn er ein guter Betreuer werden will?
Das Wichtigste ist die Sozialkompetenz. Wer sie mit 16 oder 17 Jahren nicht hat, wird es schwer haben.
Wurden Sie in dieser Beziehung von der Grundschule gut vorbereitet?
Ich war in einer Klasse, die ziemlich schlimm war. Oft wurden Lehrer oder Mitschüler gemobbt. Ich war froh, als ich von der Schule gehen konnte. Gewisse verwöhnte Kinder glaubten, dass sie sich alles erlauben könnten. Die Lehrer machten es gut, aber das Thema «Sozialkompetenz» kam erst sehr spät, und es blieb nicht viel Zeit.
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alzheimer.ch/youtube
In diesem Umfeld ist es wohl schwierig, junge Menschen zur Arbeit im Altersheim zu motivieren…
Frauen sind eher zu finden, aber von jungen Männern höre ich immer wieder: «Ich könnte das nie machen.» Sie haben das alte Bild, dass man die Bewohner aufnehmen und intim waschen muss. Aber es gibt ja in diesem Beruf viele andere Aufgaben.
Was müsste man in der Schule ändern, damit sich dieses falsche Bild verändert?
Es müssten alle mindestens einen Tag in einem Altersheim arbeiten. Viele Jugendliche wollen möglichst schnell viel Geld verdienen und machen eine kaufmännische Ausbildung.
Als junge Frau leben Sie in einer anderen Welt, als die Menschen, die Sie betreuen, früher gelebt haben. Ist es für Sie schwierig, sich in diese Welt und ihre Wertvorstellungen hineinzuversetzen?
Unsere Bewohner sind bescheidener. Sie sind mit wenig zufrieden – was bei meiner Generation leider weniger der Fall ist. Mit einer Demenz wird das Bedürfnis nach Besitz kleiner. Die menschlichen Grundbedürfnisse zählen mehr.
«Es gibt bei uns keine Routine. Jeder Tag ist anders und jeder Bewohner ist anders – von Tag zu Tag. Wenn man hier arbeiten will, muss man sich dessen bewusst sein – sonst ist man hier am falschen Ort.»
Sind Sie auch eine Detektivin?
Ja. Man will es ja möglichst gut machen. Dies bedeutet, dass man genau beobachtet und immer wieder neue Sachen ausprobiert. Vielleicht hat ja der eine oder andere Bewohner ein Bedürfnis, von dem wir noch nichts wussten.
Es ist 15 Uhr, und Sie gehen jetzt wieder an die Arbeit. Was gibt es zu tun?
Bei diesem schönen Wetter werde ich wohl mit den Bewohnern spazieren gehen. Am Nachmittag machen wir Aktivierung, entweder in einer 1:1-Betreuung oder in der Gruppe. Wir lesen Geschichten vor, machen Maniküre und so weiter.
Es kommt jetzt also die Kür der Betreuung…
Genau. Am Morgen steht die Pflege im Vordergrund, es folgt das Mittagessen und nach dem Dessert kommt die Aktivierung.