Vor drei Jahren kam Frau P. in unsere Wohngruppe. Sie wurde beim Eintritt von einer Freundin begleitet und war guter Dinge. Bisher hatte sie allein ein Haus mit Garten bewohnt. Sie war gerade 60 Jahre alt geworden, ihren Job als Lehrerin hatte sie vor einigen Jahren krankheitsbedingt aufgeben müssen, mittlerweile war sie auch von den alltäglichen Arbeiten in ihrem Haushalt überfordert.
Die Diagnose Alzheimer kannte sie, wir konnten mit ihr auch ungezwungen über die Einschränkungen, die sie durch die Krankheit erlitt, sprechen.
Frau P. konnte ihre Bedürfnisse gut kommunizieren: Sie ass vegetarisch, liebte den Kaffee schwarz, duschte jeden Morgen und ging verschiedenen Hobbys nach. So sammelte sie Steine, Blätter, Holzstücke und schnitt aus der Zeitung Bilder und Artikel zu Naturthemen aus, die sie in Ordnern ablegte. Wir animierten sie, auch in der Gruppe Werkarbeiten auszuführen – dies überforderte sie aber sehr.
Sie, die früher filigrane Kunstwerke hergestellt hatte, wurde wütend und erregt, wenn sie die eigenen und auch die Arbeiten der andern anschaute, weil sie derart nicht ihren Ansprüchen genügten. Wir animierten sie zu fotografieren, was sie auch früher schon gemacht hatte, und die sehr gelungenen Aufnahmen bereiteten ihr Freude.
Es lag an uns zu merken, wenn etwas nicht mehr ging; was wir nicht nur an ihrem Unmut erkennen konnten, wir lernten auch, ihre Mimik zu lesen und die Überforderung zu umgehen.
Frau P. äusserte von Beginn an den Wunsch, im Haushalt mitzuarbeiten, entschied sich für die Wäschepflege, sie bügelte und legte die Kleidungsstücke zusammen. Mit dem Fortschreiten der Krankheit wurde diese Aufgabe zur Manie, sie wurde wütend, weinte und schrie, wenn jemand anderer in ihrer Abwesenheit sich der Wäsche annahm. Täglich ging sie jetzt auf ausgedehnte Spaziergänge mit einer andern Bewohnerin, die ihren Hund ausführte, bis sie auch dies überforderte.
Die Bedürfnisse von Frau P. zu erkennen, war vor allem zu Beginn nicht schwierig, da sie sie ja selbst nannte. Doch war es an uns zu merken, wenn etwas nicht mehr ging, was wir nicht nur an ihrem Unmut erkennen konnten, wir lernten auch, ihre Mimik zu lesen und die Überforderung zu umgehen.