Kochen für Menschen mit Demenz - demenzjournal.com
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Wohlfühlküche bei Demenz

Kochen für Menschen mit Demenz

Sarah Straub mit ihrem Kochbuch Wohlfühlküche bei Demenz

»Angehörige brauchen Rezepte, die auf die Bedürfnisse der Betroffenen eingehen und einfach nachzukochen sind«, sagt Sarah Straub. Bild PD

Omas Klassiker fürs Glück, Mittelmeerküche fürs Gehirn, Fingerfood für die Autonomie, Süsses für den Genuss und Sämiges für die Sicherheit: Das Kochbuch von Sarah Straub und Wolfgang Link ist in jeder Phase der Demenz ein passender Begleiter.

Wer erinnert sich nicht an die Gerüche, die durch Omas Küche waberten? Kartoffelpuffer mit Zwiebeln und Käse! Krautwickel und Stampf! Blumenkohlauflauf mit Hackfleisch! Wenn uns solche Gerüche unter die Nase kommen, taucht Oma vor unserem inneren Auge auf. Wir sehen, wie sie in dampfenden Töpfen rührt und grosse Portionen auf die Teller schöpft. Wenn die Kartoffelpuffer auf unserer Zunge zergehen, löst dies kaum zu übertreffende Glücksgefühle aus.

Speziell Menschen mit Demenz können wir mit solchen Sinneserlebnissen beglücken. Der Geruch ist für Auffrischungen von Erinnerungen besonders geeignet, weil er unser am engsten mit dem Gehirn verknüpfter Sinn ist. Was liegt also näher, als das Buch »Wohlfühlküche bei Demenz« mit dem Kapitel »Omas Küche« zu beginnen?

Eine Demenzdiagnose darf nicht das Ende des Lebens bedeuten. Es ist sowohl eine gesamtgesellschaftliche, als auch eine sehr persönliche Aufgabe eines jeden Einzelnen, Menschen mit demenziellen Veränderungen Teilhabe zu ermöglichen. Für mich beginnt diese Teilhabe schon in der eigenen Familie. Menschen mit Demenz in das Familienleben zu integrieren ist für die Betroffenen sinnstiftend, wohltuend und bedeutet Lebensqualität. – Sarah Straub

Nach diesem nostalgischen Einstieg folgt eine Serie von Rezepten aus der Mediterranen Küche. Diese Gerichte regen laut den Autor:innen Sarah Straub und Wolfgang Link die Aktivität der Hirnzellen an. Dieses Neurodoping kann nicht nur den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen oder sogar verzögern, sondern kommt als Prävention auch den restlichen Familienmitgliedern zugute.

Ein Symptom einer fortschreitenden Demenz sind motorische Einschränkungen. Die Betroffenen sind früher oder später nicht mehr in der Lage, mit Besteck zu essen. Auch diesem Umstand tragen Straub und Link Rechnung: Fingerfood-Rezepte sorgen für Entlastung der Betreuenden sowie für Autonomie und Entspannung am Esstisch. Nussbällchen oder den Spinatwraps sind auch bei den kleinsten Familienmitgliedern willkommen – auch Kinder verzichten nämlich sehr gerne auf das Besteck.

Besonders bedeutsam ist das gemeinsame Essen mit den Angehörigen, denn das gehört zu den schönsten Ritualen des Familienlebens. Damit die Mahlzeiten aber wirklich als »Genuss-Oasen« erlebt werden können, müssen Angehörige zum einen gut darüber informiert sein, wie sich das Essverhalten der von Demenz Betroffenen ändern kann, welche Schwierigkeiten beim Essen auftreten können und wie man damit umgehen kann. Zum anderen brauchen Angehörige Rezepte, die auf die Bedürfnisse der Betroffenen eingehen und ohne viel Zeitaufwand bzw. einfach nachzukochen sind. Pflegende Angehörige haben wahrlich genug zu tun und wollen meist nicht noch stundenlang in der Küche stehen. – Sarah Straub

Buchcover Wohlfühlküche bei Demenz von Sarah Straub und Wolfgang Fink.

Vor allem im späteren Stadium einer Demenz kommt Genuss vor Gesundheit. Viele Betroffene mögen zum Beispiel sehr gerne Süssigkeiten. Manche verfallen sogar in einen kindlichen Naschwahn, den wir nicht zu sehr unterdrücken sollten. Einerseits sorgt das Erfüllen dieses Bedürfnisses für die sonst oft raren Glücksmomente im Leben von Menschen mit Demenz. Andererseits kann damit der oft auftretenden Mangelernährung und Unterversorgung mit Kalorien entgegengewirkt werden. Deshalb gibt es im Buch »Wohlfühlküche bei Demenz« auch eine Reihe von Rezepten für Süssspeisen und Desserts.

Vor dem körperlichen und kognitven Abbau eines Menschen mit Demenz machen auch die Kiefermuskulatur und der Schluckreflex nicht halt. Den Betroffenen ist es nicht mehr möglich, herkömmliche Gerichte zu kauen und zu schlucken. Dies kann zu Mangelernährung und Erstickungsanfällen führen. Manchmal verursachen letztere lebensbedrohliche Lungenentzündungen. Das Buch enthält deshalb auch diverse Rezepte, die für Menschen mit Schluckstörungen geeignet sind – darunter sind übrigens nicht nur pürierte Gerichte, sondern auch Eintöpfe mit weichgekochtem Gemüse oder ein Putenhacksteak.

In den einzelnen Kapiteln erkläre ich verschiedene Besonderheiten oder Schwierigkeiten, die beim Essen auftreten können. Wolfgang Link, TV-Koch und sensibler Co-Autor meines Buchs, hat dann jeweils passende, leckere Rezepte zusammengestellt, die der ganzen Familie schmecken und gleichzeitig auf die Bedürfnisse der von Demenz Betroffenen eingehen. Ich wünsche mir, dass wir das gemeinsame Essen mit der Familie wieder mehr zelebrieren. Und wer gut informiert ist über beispielsweise Schluckstörungen, verändertes Geschmacksempfinden oder Gewichtsverlust, kann viel besser auf demenziell veränderte Personen eingehen und Mahlzeiten zubereiten, die ihm oder ihr bestmöglich gerecht werden. – Sarah Straub

> Hier kannst du das Buch »Wohlfühlküche bei Demenz« bestellen




Sarah Straub (37) ist Diplom-Psychologin, Demenzexpertin und Liedermacherin. Sie forscht am Universitätsklinikum Ulm zum Thema Demenz und leitet eine Sprechstunde für Menschen mit Frontotemporaler Demenz. Sie unterrichtet an der Universität Ulm, hält Vorträge für die Deutsche Alzheimer Gesellschaft und setzt sich auch bei ihren Auftritten als Musikerin für die Anliegen von Menschen mit Demenz ein.

Wolfgang Link (51) leitet den Catering-Service eines internationalen Industriekonzerns. Er ist Diätkoch, Logi-Low-Carb-Experte, Ernährungsberater, Bestsellerautor und TV-Koch bei BR3. Seine Motivation, sich rund um das Thema Demenz zu engagieren, entstand aus vielen Gesprächen mit Familie und Freunden.