Warum?
Weil der Gehalt dieser Proteine im Hirn sehr gut mit der tatsächlichen kognitiven Beeinträchtigung übereinstimmt. Dies im Gegensatz zu den Amyloiden, deren Menge mit der kognitiven Performance sehr schlecht korreliert.
Das hat mich eigentlich immer irritiert, ich möchte hier auf die berühmte amerikanische Nonnenstudie verweisen. Wie gesagt, beim Tau ist das anders. Je mehr Tau man vorfindet im Hirn, desto schlechter ist die Hirnfunktion.
Und hier ist meine Hoffnung: Wenn die Studie zu Tau Proteinen in Phase 3 kommt, das sollte Ende nächsten Jahres der Fall sein, können vielversprechende Resultate erwartet werden. Dennoch: Das ist alles hochkompliziert und das Aufstellen solcher Studien wird immer anspruchsvoller.
Was wird denn heute anders gemacht als vor zehn Jahren?
Wie erwähnt, werden für solche Studien immer mehr Probanden avisiert, bei denen die Krankheit noch gar nicht ausgebrochen ist.
Da stellen sich auch ethische Fragen: Wie behandelt man Menschen mit einem Medikament mit Nebenwirkungen, bei denen sich noch gar keine Symptome zeigen?
Da ist man nun dran und deshalb bin ich
vorsichtig optimistisch eingestellt.
Was ich in meinem Referat ebenfalls positiv ansprechen werde, ist die Verwendung von kardio-vaskulären Medikamenten, respektive die konsequente Behandlung von vaskulären Risikofaktoren. Es zeigte sich, dass eine solche Behandlung, gemeinsam mit einer konsequenten Veränderung des Lebensstils, die Kognition bei Hochrisikopatienten, die noch nicht dement sind, stark verbessert hat.
Die hochinteressante finnische Fingerstudie zeigt auf, dass viele Faktoren dieser Krankheit von einem gesunden Lebensstil abhängen. Wir können also – allein durch unsere Lebensweise – selbst Einfluss darauf nehmen, wie sich die Krankheit entwickelt. Das ist sicher eine positive Erkenntnis.
Sie werden also am Demenzkongress nicht erzählen, dass es in ein paar Jahren nichts mehr zu pflegen gibt, weil die Krankheit dannzumal besiegt sein wird?
(er lacht) Nein, ich möchte dem Publikum aufzeigen, was im Moment läuft und diejenigen Perspektiven zeichnen, die mich verhalten positiv stimmen. Ich werde auch auf die heutigen, uns bereits zur Verfügung stehenden Medikamente eingehen.
In dieser Hinsicht herrscht in der Schweiz eine grosse Zurückhaltung. Viele Hausärzte verschreiben diese Medikamente nicht, weil sie angeblich wirkungslos sind, was einfach nicht stimmt. Die heutigen symptomatischen Therapien, gerade in Kombination mit einer guten Pflege und Betreuung, und dem Bestreben, Betroffene so lange wie möglich in den eigenen vier Wänden zu halten, entfalten eine massgebliche Wirkung.
Diese Therapien haben aber auch Nebenwirkungen.
Die Nebenwirkungen sind relativ einfach zu kontrollieren. Es ist wie bei allen Medikamenten: Der Gewinn an Lebensqualität sollte überwiegen. Und der Benefit dieser symptomatischen Therapien ist messbar: Man bleibt länger selbständig, zeigt länger keine Verhaltensauffälligkeiten und der Betreuungsaufwand bleibt geringer.
Trotz gemeinsamer Studien mit Gesundheitsökonomen verhallen diese positiven Aspekte beim Bundesamt für Gesundheit ungehört.
Was keine nachweisliche Heilung bringt, wird als zu wenig wirksam eingestuft, um kassenpflichtig zu werden. Das ist eines der Probleme im heutigen Gesundheitswesen,
die Kosten werden immer den anderen auferlegt.
Aber es gibt doch eine Nationale Demenzstrategie?
Ehrlich gesagt bin ich nicht wirklich beeindruckt davon. Ich war zwar von Beginn weg dabei, doch hat sich verhältnismässig wenig getan, vor allem hinsichtlich der eingesetzten Gelder. Ganz im Gegensatz zur Palliative-Strategie, bei der viel mehr investiert wurde und die Resultate entsprechend gut sind.