Mit Ihrer Sichtweise verstünden Sie sich gut mit dem berühmten Philosophen Immanuel Kant: Der pflegte tagtäglich zu Mittag Gäste einzuladen, um sich mit ihnen bei üppigen Mahlzeiten angeregt zu unterhalten.
In Königsberg, seinem Heimatort, waren die Gastmähler berühmt. Kant entwarf sogar Regeln der Kunst des ungezwungenen Tischgesprächs. «Allein zu essen ist für einen philosophierenden Gelehrten ungesund», hielt er fest, «nicht Restauration, sondern (vornehmlich wenn es gar einsames Schwelgen wird) Exhaustion; erschöpfende Arbeit, nicht belebendes Spiel der Gedanken.»
Nur wer in Gesellschaft zu Tische sitze, komme wieder zu Kräften, meinte Kant.
Freilich spricht Kant vom Gelehrten, dem das Gespräch helfe, sich nach dem anstrengenden Nachsinnen über philosophische Probleme zu zerstreuen. Doch muss man keinen Denker bemühen, um sich die gemeinschaftsstiftende Funktion des Essens vor Augen zu führen.
Hochzeiten, Jubiläen oder Weihnachtsfeste sind ohne fröhliche Tischrunde nicht denkbar: Gibt es etwas zu feiern, gehört das Festmahl im Kreis der Gäste unbedingt dazu. Und selbstverständlich plaudert man mit seinen Tischnachbarn, scherzt und prostet sich zu.
Auch vereint in Trauer speisen und reden wir miteinander, nämlich beim Leichenschmaus. Erinnerungen an den Verstorbenen zu teilen, kann Trost spenden, mitunter erklingt trotz des traurigen Anlasses beim Mahl auch Gelächter. Ohne das Gespräch liesse sich diese Verbundenheit nicht herstellen.
Ebenso pflegen wir im Alltag das Tischgespräch: Wir verabreden uns mit Freunden zum Z’mittag, essen zu Abend im Kreis der Familie oder besuchen mit den Arbeitskolleginnen und -kollegen die Kantine – und tauschen uns dabei aus, über die Ereignisse des Tages, den jüngsten Tratsch im Büro.